Startseite | Aktuelles | Öffentlicher Dienst und Inflationsausgleichszahlungen gemäß Tarifvertrag

Öffentlicher Dienst und Inflationsausgleichszahlungen gemäß Tarifvertrag

Öffentlicher Dienst und Inflationsausgleichszahlungen gemäß Tarifvertrag
Aktuelles
19.11.2024 — Lesezeit: 2 Minuten

Öffentlicher Dienst und Inflationsausgleichszahlungen gemäß Tarifvertrag

In einem kürzlich entschiedenen Fall des Landesarbeitsgerichts M-V wurde über die Ansprüche eines Teilzeitbeschäftigten auf Inflationsausgleichszahlungen nach dem Tarifvertrag für Sonderzahlungen zur Abmilderung der gestiegenen Verbraucherpreise (TV Inflationsausgleich) verhandelt.

Das LAG M-V verfasste folgende Leitsätze:

1. Der Arbeitnehmer hat auch dann einen Anspruch auf einen Inflationsausgleich in voller Höhe, wenn der Arbeitgeber bei einem Teilzeitarbeitsverhältnis aufgrund eines vertraglich vereinbarten einseitigen Leistungsbestimmungsrechts zu den maßgeblichen Stichtagen eine Vollzeitbeschäftigung angeordnet hat.

2. Hat der Arbeitgeber aufgrund eines einseitigen Leistungsbestimmungsrechts über einen längeren Zeitraum hinweg eine Vollzeitbeschäftigung angeordnet und den Arbeitnehmer entsprechend eingesetzt, kann es billigem Ermessen widersprechen, wenn er nunmehr ohne nachvollziehbaren Grund eine geringere Arbeitszeit anordnet, ohne aber den tatsächlichen Beschäftigungsumfang zu verringern.

Der Kläger, ein seit Januar 2019 bei der Beklagten als Erzieher beschäftigter Arbeitnehmer, beanspruchte vollständige Inflationsausgleichsstunden für den Zeitraum von Dezember 2023 bis Februar 2024, obwohl seine vertragliche Stammarbeitszeit nur 32 Wochen betrug.

Die Kernfrage des Rechtsstreits war, ob die tatsächliche Arbeitszeit des Klägers, die auf Anweisung des Arbeitgebers oft eine Vollzeitbeschäftigung erreicht hat, bei der Berechnung des Inflationsausgleichs berücksichtigt werden muss. Das Arbeitsgericht urteilte zu Gunsten des Klägers und stellte fest, dass der Arbeitgeber wiederholt und über längere Zeit Vollzeitarbeit angeordnet hatte, was einem vertraglichen Anrecht auf die volle Inflationsausgleichszahlung gleichkomme. Dies wurde insbesondere dadurch begründet, dass die tatsächlichen Arbeitsstunden des Klägers die vereinbarte Teilzeitregelung überstiegen und der Arbeitgeber dies durch die Ausstellung der Arbeitszeitkarten bestätigte.

Des Weiteren entschied das Gericht, dass eine kurzfristige Reduzierung der Arbeitsstunden ohne nachvollziehbaren Grund als unbilliges Ermessen des Arbeitgebers nach § 315 BGB angesehen werden kann, insbesondere wenn dies während eines laufenden Rechtsstreits geschieht. Somit wurde die Berufung der Beklagten abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens wurden der Beklagten auferlegt, und es wurde keine Revision zugelassen. Der Kläger erhielt somit die volle Inflationsausgleichszahlung gemäß den tarifvertraglichen Bestimmungen, die für Vollzeitbeschäftigte in 1. und 2. Instanz zugesprochen.

Dieses Urteil betont die Bedeutung der Beachtung tarifvertraglicher Regelungen und der fairen Behandlung von Arbeitnehmern, unabhängig von der vertraglich vereinbarten Arbeitszeit, um jedwede Diskriminierung Teilzeitbeschäftigter zu vermeiden.

LAG M-V, Urteil vom 10.09.2024, 5 SLa 49/24; vorgehend ArbG Rostock, Urteil vom 22. Februar 2024, 3 Ca 1058/23

Suchen
Format
Autor(en)


Aigerim Rachimow
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Medizinrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


Alle Kontaktdaten

Weitere interessante Artikel