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BGH urteilt zur Unwirksamkeit von Klauseln zu Verwahrentgelten

Banken dürfen keine Negativzinsen erheben
BGH urteilt zur Unwirksamkeit von Klauseln zu Verwahrentgelten
Aktuelles
27.02.2025 — Lesezeit: 4 Minuten

BGH urteilt zur Unwirksamkeit von Klauseln zu Verwahrentgelten

Banken dürfen keine Negativzinsen erheben

Laut Pressemitteilung vom 04.02.2025 hat der Bundesgerichtshof (BGH) mit vier Urteilen vom 04.02.2025 (XI ZR 61/23, XI ZR 65/23, XI ZR 161/23, XI ZR 183/23) entschieden, dass die von verschiedenen Banken und einer Sparkasse gegenüber Verbrauchern verwendeten Klauseln zu Entgelten für die Verwahrung von Einlagen auf Giro-, Tagesgeld- und Sparkonten unwirksam sind. Viele Banken und Sparkassen erhoben – auf Basis ähnlicher Vertragsklauseln – auf Guthaben von Spar-, Tagesgeld- und Girokonten sogenannte Verwahrentgelte, teilweise mit Freibeträgen von lediglich 5.000 Euro.

Verwahrentgelt für Girokonten zulässig, wenn Vertragsklauseln transparent sind

Der BGH hat nun für Girokonten entschieden, dass mit dem Verwahrentgelt eine Hauptleistung aus dem Girovertrag bepreist wird und die in Giroverträgen vereinbarten Klauseln über Verwahrentgelte damit zwar keiner AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen, die Klauseln in den konkret entschiedenen Fällen aber gegen das sich gemäß § 307 Abs. 3 Satz 2 BGB auch auf das Hauptleistungsversprechen erstreckende Transparenzgebot des § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoßen und damit gegenüber Verbrauchern unwirksam sind. 

In der Pressemitteilung des BGH heißt es dazu:

„Die Verwahrentgeltklauseln in Giroverträgen in den Verfahren XI ZR 61/23, XI ZR 65/23 und XI ZR 161/23 sind allerdings intransparent und aus diesem Grund unwirksam. Sie sind hinsichtlich der Höhe des Verwahrentgelts nicht bestimmt genug, so dass Verbraucher ihre mit den Klauseln verbundenen wirtschaftlichen Belastungen nicht hinreichend erkennen können.

Die Klauseln informieren nicht hinreichend genau darüber, auf welches Guthaben sich das Verwahrentgelt bezieht. Die auf Girokonten bestehenden Guthaben können sich infolge der Verbuchung von Gutschriften und Belastungen innerhalb eines Tages mehrfach ändern. Die in den Klauseln verwendeten Formulierungen lassen allerdings offen, welcher konkrete Guthabenstand auf den Girokonten für die Berechnung des Verwahrentgelts jeweils maßgebend sein soll.

Unklar ist dabei vor allem, ob die Berechnung des Verwahrentgelts taggenau erfolgen soll und bis zu welchem Zeitpunkt Tagesumsätze auf den Girokonten bei der Berechnung des maßgebenden Guthabensaldos berücksichtigt werden sollen.“

Verwahrentgelte (Negativzinsen) für Guthaben auf Spar- und Tagesgeldkonten unzulässig

Der BGH führt zu Klauseln über Verwahrentgelte für Einlagen auf Tagesgeldkonten und für Spareinlagen weiter aus, dass diese einer AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle unterliegen, weil sie die von der Bank geschuldete Hauptleistung abweichend von der nach Treu und Glauben geschuldeten Leistung verändern. Die geprüften Klauseln halten der Inhaltskontrolle nicht stand, weil sie von wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung abweichen und die Verbraucher entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligen (§ 307 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 Nr. 1 BGB). 

Zweck von Spareinlagen sei es, das Vermögen von natürlichen Personen mittel- bis langfristig aufzubauen und durch Zinsen vor Inflation zu schützen. Dieser Charakter des Sparvertrags werde laut BGH durch die Erhebung eines Verwahr- oder eines Guthabenentgelts entgegen den Geboten von Treu und Glauben verändert, da das laufzeitabhängige Verwahr- oder Guthabenentgelt mit dem den Sparvertrag kennzeichnenden Kapitalerhalt nicht zu vereinbaren ist. 

Abschließend heißt es:

Soweit Kreditinstitute im Euroraum im Zeitraum vom 11.06.2014 bis 26.07.2022 auf bestimmte Einlagen, die sie bei ihrer nationalen Zentralbank unterhielten, „negative Zinsen“ zu zahlen hatten, rechtfertigt dies nicht, die vertraglich berechtigten Erwartungen von Verbrauchern, ihre auf Tagesgeld- und auf Sparkonten verbuchten Einlagen mindestens zu erhalten, durch die Einführung eines Verwahr- oder Guthabenentgelts zu enttäuschen, das die Einlage bis zu einem Freibetrag fortlaufend reduziert.

Keine automatische Rückzahlung

Jeder Kunde muss selbst aktiv werden und gezahlte Verwahrentgelte von seiner Bank oder Sparkasse zurückfordern. Eine automatische Pflicht der Bank oder Sparkasse, zu Unrecht vereinnahmte Beträge zu erstatten, gibt es nicht.

Handlungsempfehlung

Jeder Kunde sollte anhand der Kontoauszüge prüfen, ob er Verwahrentgelte bezahlt hat und den genauen Betrag ermitteln. Sodann sollte die Bank oder Sparkasse unter Fristsetzung zur Rückzahlung aufgefordert werden.

Ob ältere Ansprüche ggf. bereits verjährt sind, ist noch nicht eindeutig zu beantworten. Denn die gesetzliche Regelverjährung von drei Jahren setzt Kenntnis vom Anspruch voraus – und die dürfte erst mit der nun ergangenen Entscheidung des BGH bestehen. Das letzte Wort ist hier aber noch nicht gesprochen. Es ist zu empfehlen, zügig aktiv zu werden.

Achtung: die Urteile des BGH betreffen ausschließlich Verbraucher, nicht Unternehmer! Die vollständigen Urteilsgründe noch nicht veröffentlicht.

 

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Dr. Mario Hoffmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Mail: dresden@etl-rechtsanwaelte.de


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