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Kündigung wegen Krankheit: Was Arbeitgeber wissen müssen, wenn Arbeitnehmer trotz Krankschreibung aktiv sind

Kündigung wegen Krankheit: Was Arbeitgeber wissen müssen, wenn Arbeitnehmer trotz Krankschreibung aktiv sind
Aktuelles
28.04.2025 — Lesezeit: 3 Minuten

Kündigung wegen Krankheit: Was Arbeitgeber wissen müssen, wenn Arbeitnehmer trotz Krankschreibung aktiv sind

Arbeitgeber stehen regelmäßig vor der Frage, ob eine Kündigung gerechtfertigt ist, wenn ein Arbeitnehmer während einer Krankschreibung Freizeitaktivitäten nachgeht. Grundsätzlich ist die Teilnahme an privaten Veranstaltungen während der Arbeitsunfähigkeit nicht automatisch ein Kündigungsgrund. Entscheidend ist, ob das Verhalten den Genesungsprozess gefährdet oder den Verdacht einer vorgetäuschten Krankheit begründet. Ein ärztliches Attest hat vor Gericht einen hohen Beweiswert (§ 5 EFZG). Es belegt, dass der Arbeitnehmer arbeitsunfähig krank ist. Wird dieser Beweiswert erschüttert, etwa durch widersprüchliches Verhalten, kann eine Kündigung möglich sein. Allerdings genügt nicht der bloße Verdacht. Arbeitgeber müssen konkrete Anhaltspunkte vortragen – etwa bei körperlicher Aktivität trotz attestiertem Bandscheibenvorfall.

Ein aktuelles Urteil des LAG Köln (Urt. v. 21.01.2025 – 7 SLa 204/24) zeigt, wie hoch die Anforderungen sind. Ein krankgeschriebener Arbeitnehmer hatte an zwei Karnevalsveranstaltungen teilgenommen – einmal am Abend des letzten Krankheitstags, einmal mitten in der Krankschreibung. Der Arbeitgeber kündigte mehrfach, unter anderem fristlos. Doch die Gerichte hielten sämtliche Kündigungen für unwirksam. Das LAG stellte klar, dass eine abendliche Teilnahme nach dem letzten AU-Tag zulässig sei, da die Arbeitsunfähigkeit zu diesem Zeitpunkt beendet war. Für die zweite Veranstaltung während der Krankschreibung reichte es nicht aus, dass der Arbeitgeber nur Zweifel äußerte. Der Arbeitnehmer hatte dargelegt, dass es sich um eine organisatorische Veranstaltung handelte, er nur kurz anwesend war, sich abholen ließ und sein Arzt bestätigt hatte, dass die Teilnahme keine gesundheitlichen Risiken barg. Damit war die AU nicht erschüttert. Die Beweislast für eine Simulation oder Genesungsgefährdung lag weiter beim Arbeitgeber – und wurde nicht erfüllt.

Arbeitgeber, die Zweifel an der Arbeitsunfähigkeit haben, können diesen Beweiswert nur durch konkrete und objektive Tatsachen erschüttern. Allein ein subjektiver Verdacht reicht nicht aus. Nicht jede private Aktivität während einer Krankschreibung stellt ein arbeitsvertragswidriges Verhalten dar. Entscheidend ist, ob die Aktivität mit der Genesung unvereinbar oder ein Hinweis auf eine vorgetäuschte Erkrankung ist.

Für Arbeitgeber bedeutet dies: Eine Kündigung wegen Krankschreibung ist nur rechtssicher, wenn belastbare Beweise für ein genesungswidriges Verhalten oder eine vorgetäuschte Erkrankung vorliegen. Allein die Teilnahme an einer Feier reicht nicht. Zulässig wäre eine Kündigung z. B. dann, wenn ein Mitarbeiter trotz attestiertem Rückenleiden beim Tanz auf einer Bühne gefilmt wird. In solchen Fällen sollten Arbeitgeber sorgfältig dokumentieren, Auffälligkeiten mit medizinischen Fakten abgleichen und ggf. den Medizinischen Dienst einschalten (§ 275 SGB V). Bei berechtigten Zweifeln kann eine Verdachtskündigung in Betracht kommen – aber nur bei sorgfältiger rechtlicher Prüfung. Die Grenze zwischen Freizeit und Arbeitsunfähigkeit ist fließend, gerade bei leichten Erkrankungen wie Erkältungen. Arbeitgeber sollten deshalb nicht vorschnell kündigen, sondern strategisch vorgehen und arbeitsrechtliche Beratung einholen, um Kündigungen gerichtsfest durchzusetzen und Risiken zu vermeiden.

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Aigerim Rachimow
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Medizinrecht

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Dr. Mario Hoffmann
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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