Startseite | Aktuelles | Ist der Arbeitgeber zum Schadensersatz wegen verspätet erfolgter Zielvorgabe verpflichtet?

Ist der Arbeitgeber zum Schadensersatz wegen verspätet erfolgter Zielvorgabe verpflichtet?

Ist der Arbeitgeber zum Schadensersatz wegen verspätet erfolgter Zielvorgabe verpflichtet?
Frage des Tages
02.08.2024

Ist der Arbeitgeber zum Schadensersatz wegen verspätet erfolgter Zielvorgabe verpflichtet?

Ja, das ist grundsätzlich möglich, meint das Landesarbeitsgericht (LAG) Nürnberg (LAG Nürnberg, Urt. v. 24.04.2024 – 2 Sa 293/23). Im Leitsatz heißt es:

„Erfolgt eine Zielvorgabe entgegen der arbeitsvertraglichen Vereinbarung nicht oder zu einem so späten Zeitpunkt, dass ihr keinerlei sinnvolle Anreizfunktion mehr zukommen kann, kann der Arbeitgeber sich schadensersatzpflichtig machen (wie LAG Köln 06.02.2024 – 4 Sa 390/23).“

In den Entscheidungsgründen heißt es weiter:

„Nach Auffassung der Berufungskammer ist eine in der Zielperiode pflichtwidrig und schuldhaft unterbliebene Zielvorgabe in gleicher Weise zulasten des Arbeitgebers schadensersatzauslösend, wie die pflichtwidrig und schuldhaft nicht abgeschlossene Zielvereinbarung (ebenso LAG Köln 06.02.2024 – 4 Sa 390/23 Rn 63 mwN auch zur Gegenansicht, juris), allerdings ohne dass ein Mitverschulden des Arbeitnehmers in Betracht kommt. Zwar unterliegt die einseitige Zielvorgabe als Leistungsbestimmung der Billigkeitskontrolle nach § 315 Abs. 3 BGB, mit der Folge, dass bei einem Unterbleiben der Zielvorgabe die Leistungsbestimmung grundsätzlich durch Urteil vorzunehmen ist (vgl. BAG 12.12.2007 – 10 AZR 97/07 – Rn. 23, BAGE 125, 147; LAG Köln 15.12.2014 – 5 Sa 580/14 – Rn. 73, zitiert nach juris). Nach teilweise vertretener Auffassung gilt dies auch dann, wenn die Zielperiode abgelaufen und wegen der Bonuszahlung ein Rechtsstreit anhängig ist (LAG Düsseldorf 29.10.2003 – 12 Sa 900/03 – Rn. 19; LAG Köln 15.12.2014 – 5 Sa 580/14 – Rn. 73; jeweils zitiert nach juris). Hiergegen spricht jedoch, dass die Gründe, aus denen das Bundesarbeitsgericht im Falle einer unterbliebenen Zielvereinbarung nach Ablauf der Zielperiode eine Festlegung der Ziele durch Urteil für ausgeschlossen hält und grundsätzlich einen Schadensersatzanspruch annimmt, für den Fall der unterbliebenen einseitigen Zielvorgabe unterschiedslos ebenso zutreffen; auch im Hinblick auf die einseitige Zielvorgabe ist deren Zweck, nämlich die Motivation der Mitarbeiter durch das Setzen eines Leistungsanreizes, nicht mehr erreichbar, wenn die Zielperiode abgelaufen ist (LAG Köln 06.02.2024 – 4 Sa 390/23 Rn 63 mwN, juris). Gleiches gilt für die betreffend der unterbliebenen Zielvereinbarung erfolgte Erwägung des Bundesarbeitsgerichts (BAG 12.12.2007 – 10 AZR 97/07 – Rn. 26, BAGE 125, 147), die nachträgliche Ermittlung angemessener, fallbezogener Ziele durch die Gerichte sei angesichts der Vielzahl der unterschiedlichen Gewichtung möglicher Ziele und auf Grund sich ständig ändernder Rahmenbedingungen in der Regel mit erheblichen Schwierigkeiten verbunden oder sogar gar nicht möglich (LAG Köln a.a.O. mwN). Mit dieser Begründung lehnte das Bundesarbeitsgericht die Anwendung von § 315 Abs. 3 BGB auf Fälle der unterbliebenen Zielvereinbarung ab. Zudem ist es nicht möglich, den Umstand, dass die Leistungsbestimmung verzögert wurde, im Urteil zu berücksichtigen (LAG Köln a.a.O. mwN auch zur Gegenansicht).“

Suchen
Autor(en)


Dr. Stefan Müller-Thele
Rechtsanwalt

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


Alle Kontaktdaten



Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


Alle Kontaktdaten

Weitere interessante Artikel