Anspruch auf Überlassung eines Haushaltsgegenstandes (§ 1361a Abs. 1 Satz 2 BGB)
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamburg hatte über eine familienrechtlich gelagerte Sache zu entscheiden. Es ging um die Überlassung eines Haushaltsgegenstandes, konkret um ein von dem Antragsgegner geleastes Kfz (OLG Hamburg, Beschl. v. 16.11.2021 – 12 UF 178/21).
In den Entscheidungsgründen des Beschlusses des OLG heißt es:
„II. Die zulässige Beschwerde des Antragsgegners hat in der Sache keinen Erfolg. Die Antragstellerin hat einen Anspruch gegen den Antragsgegner auf Überlassung des Fahrzeugs aus § 1361a Abs. 1 S. 2 BGB. Gemäß § 1361a Abs. 1 S. 1 kann jeder Ehegatte die ihm gehörenden Haushaltsgegenstände von dem anderen herausverlangen. Gemäß § 1361a Abs. 1 S. 2 BGB ist er jedoch verpflichtet, sie dem anderen Ehegatten zum Gebrauch zu überlassen, soweit dieser sie zur Führung eines abgesonderten Haushalts benötigt und die Überlassung nach den Umständen des Falls der Billigkeit entspricht.
In der Regelung des § 1361a Abs. 1 S. 2 BGB liegt entgegen der Formulierung nicht nur eine Einwendung, sondern es handelt sich um eine eigenständige Anspruchsgrundlage (vgl. Weber-Monecke in: MüKoBGB, 8. Auflage 2019, § 1361a Rn. 10; Erbarth in: BeckOGK, Stand 1. September 2021, § 1361a Rn. 83).
Der PKW stellt einen Haushaltsgegenstand dar. Haushaltsgegenstände sind alle beweglichen Gegenstände, die nach den Lebens- und Vermögensverhältnissen der Ehegatten für die gemeinsame Wohnung, die Hauswirtschaft und das Zusammenleben der Familie sowie deren Freizeitgestaltung bestimmt sind (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1983 – IX ZR 41/83, juris Rn. 24, FamRZ 1984, 144; Weber-Monecke in: MüKoBGB, 8. Auflage 2019, § 1361a Rn. 4). Daher scheiden Gegenstände als Haushaltsgegenstände aus, die allein als Kapitalanlage oder ausschließlich dem Beruf oder sonstigen Erwerb eines Ehegatten dienen, wie etwa Werkzeuge, Fachbücher. Weiter werden Gegenstände ausgenommen, die zum persönlichen Gebrauch oder für persönliche Interessen eines Ehegatten und der Kinder bestimmt sind. Es kommt dabei nicht darauf an, welcher Ehegatte den Gegenstand gekauft hat oder aus welchen Mitteln er bezahlt worden ist (vgl. Senat, Beschluss vom 5. Juni 2019 – 12 UF 37/19, FamRZ 2020, 242, juris Rn. 11; Erbarth in: BeckOGK, Stand 1. September 2021, § 1361a Rn. 48f). Bei der Einordnung eines PKW als Haushaltsgegenstand ist insbesondere umstritten, in welchem Umfang das Fahrzeug für private Zwecke genutzt worden sein musste (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 7. Februar 2020 – 2 UF 152/19, juris Rn. 27; KG, Beschluss vom 17. Januar 2003 – 13 UF 439/02, juris Rn. 2, FamRZ 2003, 1927; Erbarth in: BeckOGK, Stand 1. September 2021, § 1361a Rn. 52). Darauf kommt es vorliegend jedoch nicht an. Zwar lief das Fahrzeug möglicherweise aus steuerlichen Gründen ´über die Firma des Antragsgegners. Unstreitig diente es jedoch tatsächlich ausschließlich familiären Zwecken.
Das Fahrzeug gehört auch dem Antragsgegner im Sinne der Vorschrift des § 1361a Abs. 1 BGB. Das Tatbestandsmerkmal des ´gehörens´ erfasst nicht nur das Eigentum eines Ehegatten. Zu den Haushaltsgegenständen zählen vielmehr auch Gegenstände, an denen ein Anwartschaftsrecht besteht sowie gemietete, geleaste oder geliehene Gegenstände (vgl. OLG Zweibrücken, Beschluss vom 7. Februar 2020 – 2 UF 152/19, juris Rn. 28, FamRZ 2020, 1630; OLG Stuttgart, Beschluss vom 4.1.1995 – 18 UF 416/94, juris Rn. 2, FamRZ 1995, 1275; Staudinger/Voppel (2018), BGB, § 1361a Rn. 15; Weber-Monecke in: MüKoBGB, 8. Auflage 2019, § 1361a Rn. 8; Erbarth in: BeckOGK, Stand 1. September 2021, § 1361a Rn. 49). Insoweit kann offen bleiben, wie genau das Vertragsverhältnis zwischen dem Antragsgegner und der VW-Bank bezüglich des Eigentums an dem Fahrzeug gestaltet ist. Um einen Leasingvertrag handelt es sich – entgegen dem Vortrag des Antragsgegners in erster Instanz – bei dem Vertrag nach dem bisher eingereichten Kreditzahlungsplan offenbar nicht. Auf die exakte Vertragsgestaltung wird es erst für den Fall der vom Antragsgegner angekündigten Verpflichtung zur Rückgabe des Fahrzeugs ankommen. Denn mit der Beendigung eines Miet- oder Leasingvertrags besteht die Verpflichtung, den Haushaltsgegenstand an den anderen Ehegatten herauszugeben, damit dieser seiner Rückgabeverpflichtung nachkommen kann (vgl. OLG Stuttgart, Beschluss vom 4.1.1995 – 18 UF 416/94, juris Rn. 4; Staudinger/Voppel (2018) BGB, § 1361a Rn. 38).
Zu den gemäß § 1361a Abs. 1 BGB benötigten Gegenständen gehören nicht nur die schlechthin unentbehrlichen (dringlichst erforderlichen), sondern alle, auf deren Weiterbenutzung der Nichteigentümer zur alleinigen Führung eines nach den ehelichen Lebensverhältnissen angemessenen Haushalts angewiesen ist. Auf die Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards eines Ehegatten zielt § 1361a BGB allerdings nicht. Der bisherige Lebensstandard lässt sich für beide Ehegatten regelmäßig nicht aufrechterhalten, wenn die zum Gebrauch zu überlassenden Gegenstände nur einmal zur Verfügung stehen. Neben den persönlichen Bedürfnissen sind die der mitzuversorgenden Kinder ausschlaggebend (Weber-Monecke in: MüKoBGB, 8. Auflage 2019, § 1361a Rn. 11). Die Gebrauchsüberlassungspflicht besteht darüber hinaus nur, soweit sie den Umständen nach der Billigkeit entspricht. Dies hängt primär davon ab, ob die Überlassung der Gegenstände dem Eigentümer zugemutet werden kann, das heißt ob er die beanspruchten Stücke entbehren oder sich ggf. neue anschaffen kann, während sie für den anderen erforderlich sind (Weber-Monecke in: MüKoBGB, 8. Auflage 2019, § 1361a Rn. 12). Diese Voraussetzungen liegen vor. Das Fahrzeug wurde unstreitig ausschließlich für familiäre Zwecke benutzt. Es diente zu Einkäufen, Arztbesuchen und zur Betreuung der beiden jüngeren Söhne, insbesondere um diese zu Freizeitaktivitäten zu bringen und von diesen abzuholen. Der Antragsgegner verfügt darüber hinaus über ein weiteres Fahrzeug, welches er seiner neuen Partnerin zur Verfügung stellt.“