Startseite | Aktuelles | Zur Frage der Sittenwidrigkeit einer Unterhaltsvereinbarung

Zur Frage der Sittenwidrigkeit einer Unterhaltsvereinbarung

Zur Frage der Sittenwidrigkeit einer Unterhaltsvereinbarung
Aktuelles
16.08.2021

Zur Frage der Sittenwidrigkeit einer Unterhaltsvereinbarung

Siehe dazu OLG Brandenburg, Beschl. v. 07.01.2021 – 9 UF 132/20, NJW-Spezial 2021, 293:

„Unterhaltsvereinbarungen unterliegen hinsichtlich ihrer Wirksamkeit den allgemeinen Vorschriften und können wegen Verstoßes gegen die guten Sitten gemäß § 138 Abs. 1 BGB nichtig sein, wenn sie gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht denkenden verstoßen. Zu würdigen sind hierbei Inhalt, Beweggründe und Zweck des Geschäfts sowie dessen Gesamtcharakter. Maßgebend für die Beurteilung der Sittenwidrigkeit sind die objektiven und subjektiven Verhältnisse im Zeitpunkt der Vornahme des Rechtsgeschäfts. Die erforderliche Gesamtwürdigung hat daher auf die individuellen Verhältnisse bei Vertragsschluss abzustellen (Wendl/ Dose, a. a. O., § 6 Rn. 610 m. w. N.). Gemessen an diesen Grundsätzen kann vorliegend angesichts der bloßen Vereinbarung eines Zahlbetrages nicht von einer Sittenwidrigkeit der Unterhaltsvereinbarung ausgegangen werden. Weder liegen Anhaltspunkte für das Vorliegen eines auffälligen Missverhältnisses der Lastenverteilung innerhalb der Vereinbarung vor, noch gibt es tragfähige Anhaltspunkte dafür, dass die Vertragswirkungen bereits bei Vertragsschluss offenkundig einseitig negativ waren. Zwar kann auch bei einer Vereinbarung einer Zahlungsverpflichtung unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen Sittenwidrigkeit im Sinne von § 138 Abs. 1 BGB zu erwägen sein (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2007, 477). Der Antragsgegner hat jedoch in Kenntnis seiner persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnisse die Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts in Höhe von 500,00 € im März 2018 angeboten bzw. einer entsprechenden Forderung zugestimmt und in den folgenden Monaten auch ohne Einschränkung oder widersprechender Erklärungen geleistet. Erst mit Schreiben vom 24.09.2019 hat er sich auf seine mangelnde Leistungsfähigkeit berufen. Allein dies spricht bereits – mangels weiterer tragfähiger Anhaltspunkte und hinreichender Darlegungen – dagegen, dass die Vereinbarung über die Zahlung eines monatlichen Trennungsunterhalts von 500,00 € unabhängig von der Leistungsfähigkeit des Antragsgegners getroffen worden ist. Zudem bleibt es dem Unterhaltsschuldner gerade im Rahmen der hier zu beachtenden Vertragsfreiheit und Privatautonomie überlassen, die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit selbst zu bestimmen. Daher macht nicht jede eingegangene Verpflichtung, die das Leistungsvermögen des Unterhaltspflichtigen überfordert, die Vereinbarung automatisch sittenwidrig (vgl. Wendl/ Dose, a. a. O., § 6 Rn. 611 m. w. N.). Von einer Unterlegenheitsposition des Antragsgegners zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses, die zu einer offensichtlich einseitigen Aufbürdung vertraglicher Lasten führt, kann danach nicht ausgegangen werden. Jedenfalls hat der Antragsgegner nicht einmal ansatzweise dargelegt, dass er sich in einer derart unterlegenen Verhandlungsposition befunden hat, die von der Antragstellerin tatsächlich bewusst ausgenutzt worden ist.“

Suchen
Format
Autor(en)


Katrin Kaiser
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Verkehrsrecht

Mail: halle@etl-rechtsanwaelte.de


Alle Kontaktdaten



Daniela Wackerbarth
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


Alle Kontaktdaten

Weitere interessante Artikel