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Wohlverhalten schützt vor Zulassungsentziehung wegen falscher Honorarabrechnung nicht

SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 06.04.2021 – S 12 KA 116/19
Wohlverhalten schützt vor Zulassungsentziehung wegen falscher Honorarabrechnung nicht
Aktuelles
15.07.2021

Wohlverhalten schützt vor Zulassungsentziehung wegen falscher Honorarabrechnung nicht

SG Marburg, Gerichtsbescheid v. 06.04.2021 – S 12 KA 116/19

Das Sozialgericht (SG) Marburg hat mit Gerichtsbescheid v. 06.04.2021 – S 12 KA 116/19 – entschieden, dass eine Zulassungsentziehung keine Negativprognose für das künftige Verhalten des Leistungserbringers im Sinne der Feststellung einer Wiederholungsgefahr erfordere; § 95 Abs. 6 Satz 1 SGB V sei nicht auf die Steuerung künftigen Verhaltens ausgerichtet, sondern stelle vielmehr eine nachträgliche Reaktion auf ein in der Vergangenheit liegendes pflichtwidriges Verhalten dar.  Eine Prüfung des Wohlverhaltens finde nach der neueren Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) im Verfahren über die Zulassungsentziehung nicht mehr statt. Hierbei stellte das erkennende Gericht unter Bezugnahme auf die einschlägige Rechtsprechung des BSG und des BVerfG nochmals heraus, dass nach der Entscheidung des Berufungsausschusses liegende Umstände – wie eine Änderung des Verhaltens – nur in einem Verfahren auf Wiederzulassung gewürdigt werden könnten (vgl. BSG, Urt. v. 17.10.2012 – B 6 KA 49/11 R – BSGE 112, 90 = 4-2500 § 95 Nr. 26, juris Rdnr. 53 ff.; siehe auch BVerfG, Beschl. v. 26.09.2016 – 1 BvR 1326/15 – SozR 4-5520 § 19 Nr. 4, juris Rdnr. 45).

Der Entscheidung liegt die Klage eines Facharztes für Allgemeinmedizin gegen den Beschluss des Berufungsausschusses vom 19.12.2018 zugrunde; zuvor hatte der Kläger bereits mit dem Ziel, eine Zulassungsentziehung abzuwenden und stattdessen lediglich eine disziplinarische Maßnahme zu erreichen, gegen den Beschluss des zuständigen Zulassungsausschusses vom 08.05.2018, der den Entzug der vertragsärztlichen Zulassung gem. § 95 Abs. 6 SGG i.V.m. § 27 Ärzte-ZV wegen gröblicher Pflichtverletzung aufgrund implausibler Abrechnungen anordnete, Widerspruch eingelegt.

Insgesamt vertrat er dabei u.a. den Standpunkt, dass er an den Grenzen seiner Belastbarkeit gearbeitet habe; die durch diese Belastungen gelegentlich auftretenden Fehler in der Abrechnung rechtfertigten jedoch nicht den Entzug der Zulassung; insbesondere habe er sich auch seit dem Beschluss des Berufungsausschusses vom 19.12.2018 nichts mehr zu Schulden kommen lassen, dieses Wohlverhalten sei jedoch nicht gewürdigt worden.

Sein Ziel, unter Abwendung einer Zulassungsentziehung eine disziplinarische Maßnahme als milderes Mittel zu erreichen, konnte der Kläger mit dieser Argumentation hingegen nicht erreichen. Nach Auffassung des erkennenden Gerichts versuchte er vielmehr mit seinem Vorbringen, die massiven Abrechnungsverstöße zu bagatellisieren und habe bis zur Entscheidung des Berufungsausschusses seine Eignung zur Teilnahme an der vertragsärztlichen Tätigkeit durch verändertes Verhalten nicht wiederhergestellt.

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Katrin-C. Beyer, LL.M.
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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