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Wieso besteht Rentenversicherungspflicht bei einem Franchise-Vertrag?

Schülerhilfe-Nachhilfe
Wieso besteht Rentenversicherungspflicht bei einem Franchise-Vertrag?
Aktuelles
23.09.2024

Wieso besteht Rentenversicherungspflicht bei einem Franchise-Vertrag?

Schülerhilfe-Nachhilfe

Selbständige sind in der Sozialversicherung grundsätzlich nicht verpflichtet, Beiträge zu leisten. Die Vorsorge für das Alter und bei Erfolglosigkeit müssen eigenständig getroffen werden. Es bestehen allerdings auch Ausnahmen, die in der Praxis regelmäßig übersehen werden und zu hohen Nachforderungen führen können. Eine dieser Ausnahmen ist die Rentenversicherungspflicht als Selbständiger nach § 2 Sozialgesetzbuch (SGB) VI.

Das LSG Nordrhein-Westfalen (LSG) hat im Urteil. v. 09.02.2022 –  L 3 R 662/21 – zu einem Fall der Rentenversicherungspflicht als Selbständiger entschieden:

„Zur Überzeugung des Senats steht fest, dass der Kläger als Franchise-Nehmer der XY-Bildungs-GmbH auch auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig ist.“

Ergänzende Hinweise des Anwalts für Sozialversicherungsrecht

Der Kläger betrieb eine Schülerhilfe-Nachhilfeeinrichtung. Der Kläger hatte dazu einen Franchise-Vertrag geschlossen. Danach war er verpflichtet, Kurse in seiner Schülerhilfe-Nachhilfeeinrichtung auf der Grundlage des ihm vom Franchise-Geber überlassenden Know-hows anzubieten und durchzuführen. Der Schwerpunkt der Tätigkeit des Klägers lag dabei nicht in der Erteilung von Unterricht sondern in der Organisation und Verwaltung der Nachhilfeeinrichtung.

Mit Bescheid vom 22.08.2019 stellte die Deutsche Rentenversicherung die Versicherungspflicht des Klägers in der gesetzlichen Rentenversicherung nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI fest. Ab dem 01.09.2018 habe er Pflichtbeiträge (Regelbeiträge) zu zahlen.

Der Kläger legte Widerspruch ein. Die Aussage der Deutschen Rentenversicherung, dass in einem Franchise-System der Franchise-Geber einziger Auftraggeber des Franchise-Nehmers sei, sei nicht haltbar. Er handle im eigenen Namen und auf eigene Rechnung. Die Nachhilfeeinrichtung werde durch ihn selbst angemietet und ausgestattet. Auch sei er nicht auf Dauer und im Wesentlichen nur für einen Auftraggeber tätig, da er mit sämtlichen Eltern seiner Nachhilfeschüler jeweils Vereinbarungen und Verträge geschlossen habe. Die Dienstleistung werde nicht durch den Franchisegeber produziert, sondern durch Honorarkräfte erbracht, die er selbst aussuche und unter Vertrag nehme.

Klage und Berufung wurden zurückgewiesen. Die Revision des Klägers (Az. B 12 R 5/22 R) wurde am 23.04.2024 zurückgenommen.

Es ist seit langem von der sozialrechtlichen Rechtsprechung entschieden, dass bei einem Franchise-Vertrag eine strukturelle Abhängigkeit zwischen Franchise-Geber und Franchise-Nehmer besteht. Daher ist eine vergleichbare Situation zur gesetzlichen Regelung nach § 2 S. 1 Nr. 9 SGB VI gegeben. Wenn auf Dauer nur ein Auftraggeber für den Selbständigen besteht,  ist ebenfalls eine strukturelle Abhängigkeit zu verzeichnen. Hier wollte der Gesetzgeber mit der Rentenversicherungspflicht einer drohenden Altersarmut entgegenwirken.

Bitte beachten Sie, dass bei Franchise-Verträgen nicht selten Honorarkräfte eingesetzt werden. Dies verstärkt die Gefahr einer Rentenversicherungspflicht und begründet zudem das Risiko einer Scheinselbständigkeit.

Es wird fachkundige Unterstützung von spezialisierten Anwälten dringend angeraten. Wir helfen Ihnen gerne – bundesweit!

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Raik Pentzek
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Sozialrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


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