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Wie ist der Gegenstandswert bei mehreren Kündigungen zu berechnen?

Wie ist der Gegenstandswert bei mehreren Kündigungen zu berechnen?
Frage der Woche
09.04.2022

Wie ist der Gegenstandswert bei mehreren Kündigungen zu berechnen?

Siehe dazu etwa LAG Berlin-Brandenburg, Beschl. v. 24.01.2022 – 26 Ta (Kost) 6108/21, NZA-RR 2022, 209:

„1. Werden mehrere Kündigungen ausgesprochen, ist im Hinblick auf die Kündigung mit dem frühesten Beendigungstermin ein Vierteljahreseinkommen in Ansatz zu bringen.

Bei den die weiteren Kündigungen betreffenden Anträgen handelt es sich regelmäßig um Hilfsanträge. Für diese ist der Gegenstandswert nach § 45  I 2 GKG zu erhöhen, wenn über sie entschieden wird oder sie in einem Vergleich sachlich mitgeregelt werden (so auch Streitwertkommission Nr. 21.3: Mehrere Kündigungen mit unterschiedlichen Beendigungszeitpunkten) (…).

  1. Ein auf eine Kündigung bezogener Kündigungsschutzantrag ist dahin zu verstehen, dass er auflösend bedingt für den Fall gestellt ist, dass der Kündigungsschutzantrag gegen eine früher greifende Kündigung ohne Erfolg bleibt. Nur dies entspricht dem wohlverstandenen (Kosten-)Interesse der klagenden Partei. Das ist insbesondere dann der Fall, wenn der Arbeitgeber die Kündigung nur „vorsorglich“ im Verhältnis zu einer bereits ausgesprochenen außerordentlichen Kündigung und damit auflösend bedingt für den Fall erklärt hat, dass das Arbeitsverhältnis bereits durch die andere Kündigung beendet ist (…).
  2. Wird während des Rechtsstreits später eine weitere – zu einem früheren Zeitpunkt wirkende – Kündigung ausgesprochen, handelt es sich regelmäßig bei dem zuerst angekündigten Antrag der Sache nach nur noch um einen Hilfsantrag. Wegen § 40 GKG ist der danach als Hilfsantrag zu wertende Ausgangsantrag gebührenrechtlich dennoch zu berücksichtigen, da es insoweit auf den Zeitpunkt ankommt, zu dem der Antrag den Rechtszug eingeleitet hat, unabhängig davon, ob über ihn entschieden wird oder die Voraussetzungen des § 45 I, IV GKG vorliegen. Denn zum Zeitpunkt der ´Einleitung des Rechtszugs´ handelte es sich um einen Hauptantrag.
  3. Es ist nicht ausgeschlossen, dass eine klagende Partei eine später wirkende Kündigung ganz bewusst mit einem Hauptantrag angreift. Denn der Streitgegenstand einer Kündigungsschutzklage – und damit der Umfang der Rechtskraft eines ihr stattgebenden Urteils – kann auf die (streitige) Auflösung des Arbeitsverhältnisses durch die konkret angegriffene Kündigung beschränkt werden (…).
  4. Auch wenn die Parteien sich nicht auf eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zu dem spätesten Beendigungstermin einer der Kündigungen einigen, kann im Regelfall davon ausgegangen werden, dass in einem Auflösungsvergleich sämtliche in das Verfahren eingeführte Beendigungstatbestände mitgeregelt worden sind. Gegenstand der Vergleichsverhandlungen sind regelmäßig alle Beendigungstatbestände. Der gewählte Beendigungszeitpunkt wirkt sich im Rahmen des „Gesamtpakets“ aus, in das meist sämtliche Beendigungstatbestände als wertbildende Faktoren einfließen und damit jedenfalls materiell im Sinne des § 45 I 2 iVm Abs. 4 GKG mit geregelt werden (…).
  5. Anders kann ausnahmsweise zu entscheiden sein, wenn eine von mehreren Kündigungen offensichtlich (zB als Probezeitkündigung) wirksam ist, der Arbeitgeber aber während des Prozesses „aus reiner Vorsicht“ vorsorglich noch eine weitere Kündigung nachgeschoben hat, die jedoch angesichts einer wirksamen Kündigung im Rahmen der Vergleichsverhandlungen keinen wertbildenden Faktor mehr darstellt.“
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Autor(en)


Dr. Stefan Müller-Thele
Rechtsanwalt

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