Wann ist die Vergütung eines Arbeitnehmers sittenwidrig gering?
Siehe dazu etwa eine Entscheidung des Landesarbeitsgerichts (LAG) Mecklenburg-Vorpommern aus dem Jahr 2022 (LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urt. v. 26.07.2022 – 5 Sa 284/21 [aus den Entscheidungsgründen]):
„Nach § 138 Abs. 2 BGB ist ein Rechtsgeschäft nichtig, durch das sich jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit oder des Mangels an Urteilsvermögen eines anderen für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen. Ein wucherähnliches Geschäft liegt nach § 138 Abs. 1 BGB vor, wenn Leistung und Gegenleistung in einem auffälligen Missverhältnis zueinander stehen und weitere sittenwidrige Umstände, z. B. eine verwerfliche Gesinnung des durch den Vertrag objektiv Begünstigten, hinzutreten (BAG, Urteil vom 24. Mai 2017 – 5 AZR 251/16 – Rn. 38, juris; BAG, Urteil vom 18. November 2015 – 5 AZR 814/14 – Rn. 20, juris = NZA 2016, 494).
Das auffällige Missverhältnis bestimmt sich nach dem objektiven Wert der Leistung des Arbeitnehmers. Das Missverhältnis ist auffällig, wenn es einem Kundigen, ggf. nach Aufklärung des Sachverhalts, ohne weiteres ins Auge springt. Erreicht die Arbeitsvergütung nicht einmal zwei Drittel eines in dem Wirtschaftszweig üblicherweise gezahlten Tarifentgelts, liegt eine ganz erhebliche, ohne weiteres ins Auge fallende und regelmäßig nicht mehr hinnehmbare Abweichung vor, für die es einer spezifischen Rechtfertigung bedarf. Dasselbe gilt, wenn bei fehlender Maßgeblichkeit der Tarifentgelte die vereinbarte Vergütung mehr als ein Drittel unter dem Lohnniveau, das sich für die auszuübende Tätigkeit in der Wirtschaftsregion gebildet hat, bleibt. Von der Üblichkeit der Tarifvergütung kann ohne weiteres ausgegangen werden, wenn mehr als 50 % der Arbeitgeber eines Wirtschaftsgebiets tarifgebunden sind oder wenn die organisierten Arbeitgeber mehr als 50 % der Arbeitnehmer eines Wirtschaftsgebiets beschäftigen (BAG, Urteil vom 24. Mai 2017 – 5 AZR 251/16 – Rn. 39, juris; BAG, Urteil vom 18. November 2015 – 5 AZR 814/14 – Rn. 21, juris = NZA 2016, 494).“