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Verurteilung wegen Abrechnungsbetrugs im Zusammenhang mit dem Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums (Strohmann als Gesellschafter eines MVZ)

Verurteilung wegen Abrechnungsbetrugs im Zusammenhang mit dem Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums (<q>Strohmann</q> als Gesellschafter eines MVZ)
Aktuelles
02.11.2020

Verurteilung wegen Abrechnungsbetrugs im Zusammenhang mit dem Betrieb eines medizinischen Versorgungszentrums (Strohmann als Gesellschafter eines MVZ)

Der Bundesgerichtshof bestätigt die Entscheidung der Vorinstanz weitgehend, wonach sich die Angeklagten wegen Betrugs strafbar gemacht haben (BGH, Urt. v. 19.08.2020 – 5 StR 558/19). In der Pressemitteilung 109/2020 des Gerichts heißt es:

Das Landgericht Hamburg hat die Angeklagten (einen Apotheker und zwei Ärzte) wegen mehrfachen – teils banden- und gewerbsmäßig begangenen – Betrugs zu Gesamtfreiheitsstrafen von drei Jahren und sechs Monaten, zehn Monaten und sechs Monaten verurteilt. Die Vollstreckung der beiden letztgenannten Strafen hat es zur Bewährung ausgesetzt. Zudem hat es die Einziehung von rund eineinhalb Million Euro als Erträge aus den Betrugstaten angeordnet.

Nach den Feststellungen des Landgerichts wollte der Angeklagte Z, der u.a. eine Apotheke in Hamburg betrieb, ein medizinisches Versorgungszentrum (MVZ) erwerben, um sich – über den dann möglichen Einfluss auf das Verordnungsverhalten der dort tätigen Ärzte – neue Absatzquellen für von ihm hergestellte hochpreisige Medikamente zu erschließen. Ihm war indes bewusst, dass die Beteiligung von Apothekern an einem medizinischen Versorgungszentrum aufgrund einer Änderung der sozialrechtlichen Vorschrift des § 95 Abs. 1a SGB V seit Januar 2012 rechtlich nicht mehr möglich war. Um dieses gesetzliche Beteiligungsverbot zu umgehen, suchte er nach einem zugelassenen Arzt als „Strohmann“. Diesen fand er in dem Angeklagten D., über den er in der Folge die Mehrheitsanteile an einem im Mai 2012 rechtmäßig zur kassenärztlichen Versorgung zugelassenen MVZ des sich in einer schwierigen finanziellen Lage befindlichen Angeklagten Dr. F. in Hamburg erwarb. Dr. F., der weiterhin als dessen ärztlicher Leiter tätig war, wusste ebenfalls um die „Strohmann“-Konstruktion und die damit bezweckte Umgehung des für den Angeklagten Z. bestehenden Beteiligungsverbots.

Obwohl allen Angeklagten bewusst war, dass die Voraussetzungen für die kassenärztliche Zulassung des MVZ nicht mehr vorlagen und dieses daher nicht berechtigt war, ärztliche Leistungen bei der Kassenärztlichen Vereinigung Hamburg abzurechnen, reichte das MVZ in den Jahren 2014 und 2015 bei dieser fünf Quartalsabrechnungen ein. Die Kassenärztliche Vereinigung zahlte im Vertrauen auf dessen Abrechnungsberechtigung fast eineinhalb Millionen Euro an das MVZ aus. Der Angeklagte Z. stellte darüber hinaus der Techniker Krankenkasse von August 2014 bis Juni 2015 ärztliche Verordnungen des MVZ in Rechnung, die in seiner Apotheke eingelöst worden waren. Die Angeklagten wussten, dass die Verordnungen aufgrund der – durch die „Strohmann“-Konstruktion verdeckten – faktischen Beteiligung des Angeklagten am MVZ nicht abrechenbar waren. Im Vertrauen auf die Ordnungsgemäßheit der Verordnungen zahlte die Krankenkasse rund 150.000 Euro an die Verrechnungsstelle der Apotheke des Angeklagten Z. aus.

Der 5. (Leipziger) Strafsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Angeklagten mit Urteil vom 19. August 2020 weitgehend als unbegründet verworfen. Er hat insbesondere entschieden, dass das Landgericht die Einreichung der Abrechnungen von ärztlichen Leistungen und Verordnungen unter Verschleierung der Umgehung des in § 95 Abs. 1a SGB V normierten Beteiligungsverbots für Apotheker an einem medizinischen Versorgungszentrum rechtsfehlerfrei als Betrug gewertet hat. Er hat indes die Schuldsprüche abgeändert, da das Landgericht die Tatbeiträge der Angeklagten und das konkurrenzrechtliche Verhältnis der Taten zueinander nicht durchweg rechtlich zutreffend bestimmt hat. Aufgrund dessen hat er die Strafaussprüche – betreffend den Angeklagten Dr. F. auch auf die Revision der Staatsanwaltschaft hin – aufgehoben und die Sache insoweit zu neuer Verhandlung und Entscheidung an eine andere Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Hamburg zurückverwiesen. Zudem muss über die Höhe der Einziehung neu entschieden werden, da bisher nicht berücksichtigt worden ist, dass dem am Verfahren beteiligten MVZ im Zusammenhang mit der an sich sachgemäßen Krankenbehandlung berücksichtigungsfähige Aufwendungen entstanden sein könnten.

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Dr. jur. Lars Lindenau
Rechtsanwalt

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Aigerim Rachimow
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Arbeitsrecht, Fachanwältin für Medizinrecht

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