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Verjährung von kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen in sog. Dieselfällen

Verbotswidrige Begrenzung der Haftung für in § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB aufgeführte Fälle
Verjährung von kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen in sog. Dieselfällen
Aktuelles
13.06.2022

Verjährung von kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen in sog. Dieselfällen

Verbotswidrige Begrenzung der Haftung für in § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB aufgeführte Fälle

Der Bundesgerichthof (BGH) hat sich in einem Urteil aus dem Jahr 2022 mit der Verjährung von kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüchen in sog. Dieselfällen befasst (BGH, Urt. v. 24.03.2022 – III ZR 263/20).

In den Entscheidungsgründen heißt es:

„3. Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann jedoch ein Anspruch des Klägers auf Rückabwicklung des Kaufvertrags gemäß § 437 Nr. 2 Alt. 1, § 434 Abs. 1, § 440, § 323 Abs. 1, §§ 346, 348 BGB nicht verneint werden. Das Berufungsgericht hat einen solchen Anspruch in Erwägung gezogen, Feststellungen zu den materiellen Voraussetzungen aber nicht getroffen, weil es kaufrechtliche Gewährleistungsansprüche – ihr Bestehen unterstellt – aufgrund der in den Kaufvertrag einbezogenen Klausel zur Verkürzung der Verjährungsfrist für verjährt erachtet hat. Dies hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung nicht stand. Die bislang vom Berufungsgericht getroffenen Feststellungen tragen nicht die Annahme, dass der Rücktritt des Klägers vom Kaufvertrag jedenfalls gemäß § 218 Abs. 1 Satz 1 BGB unwirksam ist, weil der etwaige Nacherfüllungsanspruch zum Zeitpunkt der Rücktrittserklärung bereits verjährt gewesen ist.

a) Das Berufungsgericht hat im Ausgangspunkt zutreffend angenommen, dass es sich bei der Klausel im Kaufvertrag, wonach ´der Lauf der Verjährungsfrist für Sachmängel´ – bei einer Mindestverjährungsfrist von einem Jahr – bereits mit der Erstzulassung laut Eintrag im Fahrzeugbrief beginnt, um eine Allgemeine Geschäftsbedingung der Beklagten zur Verjährung ihrer Haftung wegen Sachmängeln handelt.

b) Rechtsfehlerhaft ist hingegen die Annahme des Berufungsgerichts, die Klausel halte einer Inhaltskontrolle nach §§ 307 ff BGB stand.

aa) Das Berufungsgericht hat unterstellt, dass der Kläger den Kaufvertrag als Verbraucher geschlossen hat. Damit ist für das Revisionsverfahren davon auszugehen, dass die in § 309 BGB geregelten Klauselverbote (unmittelbar) Anwendung finden.

bb) Gemäß § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB kann in Allgemeinen Geschäftsbedingungen die Verschuldenshaftung für Körper- und Gesundheitsschäden nicht, für sonstige Schäden nur für den Fall einfacher Fahrlässigkeit ausgeschlossen oder begrenzt werden. Eine Begrenzung der Haftung im Sinne dieser Vorschriften ist auch die zeitliche Begrenzung der Durchsetzbarkeit entsprechender Schadensersatzansprüche durch Abkürzung der gesetzlichen Verjährungsfristen (vgl. BGH, Urteile vom 15. November 2006 – VIII ZR 3/06, BGHZ 170, 31 Rn. 19 m. umfangr. w.N. und vom 29. Mai 2013 – VIII ZR 174/12, ZIP 2013, 1672 Rn. 15).

cc) Nach dem für das Revisionsverfahren maßgeblichen Sachverhalt verstößt die oben beschriebene Klausel zur Verjährungsfrist gegen diese Vorgaben. Sie führt hiernach dazu, dass der Beginn der Verjährung von sämtlichen Ansprüchen des Käufers wegen Sachmängeln bei gebrauchten Fahrzeugen abweichend von der gesetzlichen Regelung in § 438 Abs. 2 BGB, wonach die Verjährung mit Ablieferung des Fahrzeugs beginnt, vorgezogen und auf diese Weise die gesetzliche Verjährungsfrist von zwei Jahren gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3 BGB auf bis zu ein Jahr verkürzt wird. Dem steht nicht entgegen, dass sich die Klausel nach ihrem Wortlaut auf den ´Lauf der Verjährungsfrist für Sachmängel´ bezieht. Sie ist – zumindest gemäß § 305c Abs. 2 BGB – so auszulegen, dass damit die Verjährung von Ansprüchen wegen Sachmängeln nicht nur im engeren Sinne gemeint ist und die zeitliche Haftungsbegrenzung auch (Folge-)Schäden aus der Verletzung des Lebens, des Körpers oder der Gesundheit erfasst (vgl. BGH, Urteil vom 29. Mai 2013 aaO Rn. 16 f). In diesem Sinne hat auch das Berufungsgericht die Klausel verstanden. Ihren Anwendungsbereich einschränkende Bestimmungen hat es nicht festgestellt.

c) Die verbotswidrige Begrenzung der Haftung für die in § 309 Nr. 7 Buchst. a und b BGB aufgeführten Fälle hat zur Folge, dass die Klausel insgesamt unwirksam ist. An ihre Stelle treten gemäß § 306 Abs. 2 BGB die gesetzlichen Regelungen zur Verjährung gemäß § 438 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 BGB. Eine geltungserhaltene Reduktion kommt nicht in Betracht (vgl. zB BGH, Urteil vom 15. November 2006 aaO Rn. 21 f).

d) Dem Kläger wurde das Fahrzeug am 14. Januar 2016 übergeben. Das Berufungsgericht hat – von seinem Standpunkt aus folgerichtig – keine Feststellungen dazu getroffen, wann der Beklagten das Rücktrittsschreiben des Klägers vom 12. Januar 2018 zugegangen ist. Es ist nicht ausgeschlossen, dass dies noch innerhalb der zweijährigen Verjährungsfrist für den Nacherfüllungsanspruch geschehen ist.“

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Autor(en)

Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

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