Steht dem Bezug von Leistungen aus dem Covid-19-Krankenhausentlastungsgesetz die Inanspruchnahme von Kurzarbeitergeld entgegen?
Die Bundesagentur für Arbeit lehnt in letzter Zeit vermehrt Anzeigen bzw. Anträge auf Kurzarbeit für niedergelassen ärztliche Praxen unter Verweis auf das Covid-19-Krankenhausentlastunggesetz ab.
Um das Gesundheitswesen und die Pflege bei der Bewältigung der Corona-Epidemie zu unterstützen, hat das Kabinett am 23.03.2020 zwei von Bundesgesundheitsminister Spahn vorgelegte Formulierungshilfen für Gesetzentwürfe beschlossen. Mit dem COVID19-Krankenhausentlastungsgesetz
werden die wirtschaftlichen Folgen für Krankenhäuser und Vertragsärzte aufgefangen. Mit dem „Gesetz zum Schutz der Bevölkerung bei einer epidemischen Lage von nationaler Tragweite“ wird die Reaktionsfähigkeit auf Epidemien verbessert.
Der Bundestag hat am 27.03.2020 in Artikel 3 die Änderung des Fünften Buches Sozialgesetzbuch beschlossen:
Das Fünfte Buch Sozialgesetzbuch – Gesetzliche Krankenversicherung – (Artikel 1 des Gesetzes vom 20. Dezember 1988, BGBl. I S. 2477, 2482), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 16. März 2020 (BGBI. I S. 497) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. Nach § 87a Absatz 3a wird folgender Absatz 3b eingefügt:
(3b) Mindert sich das Gesamthonorar eines vertragsärztlichen Leistungserbringers um mehr als 10 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal und ist diese Honorarminderung in einem Fallzahlrückgang in Folge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses begründet, kann die Kassenärztliche Vereinigung eine befristete Ausgleichszahlung an den vertragsärztlichen Leistungserbringer leisten. Die Ausgleichszahlung ist beschränkt auf Leistungen, die gemäß Absatz 3 Satz 5 und 6 außerhalb der morbiditätsbedingten Gesamtvergütung vergütet werden. Die Ausgleichszahlung ist in der Höhe zu mindern, in der der vertragsärztliche Leistungserbringer Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz oder finanzielle Hilfen aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen erhält. Die Aufwendungen für die Ausgleichszahlungen sind der Kassenärztlichen Vereinigung durch die Krankenkassen zeitnah zu erstatten.
Die Kassenärztliche Vereinigung hat den Krankenkassen die zur Erstattung notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen.
In der Begründung zum Gesetzesentwurf ist hierzu auf Seite 32 ausgeführt:
Zu Nummer 1 (§ 87a)
Mit der Regelung in § 87a Absatz 3b wird das Ziel verfolgt, vertragsärztliche Leistungserbringer vor einer zu hohen Umsatzminderung bei der Abrechnung extrabudgetärer vertragsärztlicher Leistungen zu schützen. Voraussetzung ist, dass die Minderung mehr als 10 Prozent des Gesamthonorars des Vorjahresquartals ausmacht (im Durchschnitt entspricht dies einem Betrag in Höhe von rund 5.600 Euro im Quartal) und in einem Fallzahlrückgang aufgrund einer geringeren Patienteninanspruchnahme in Folge einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses begründet ist. Die Ausgleichszahlung ist zu mindern, soweit der vertragsärztliche Leistungserbringer Entschädigungen nach dem Infektionsschutzgesetz oder finanzielle Hilfen aufgrund anderer Anspruchsgrundlagen (zum Beispiel kurzfristige Liquiditätshilfen für freie Berufe durch Kreditinstitute) erhält. Im Zusammenhang mit der Regelung in § 87b Absatz 2a wird durch die Ausgleichsregelung gewährleistet, dass die Fortführung der Arztpraxis auch im Falle einer Pandemie, Epidemie, Endemie, Naturkatastrophe oder eines anderen Großschadensereignisses bei Fallzahlrückgängen durch eine reduzierte Patienteninanspruchnahme gesichert ist. Die an vertragsärztliche Leistungserbringer geleisteten Ausgleichszahlungen sind der Kassenärztlichen Vereinigung von den Krankenkassen zeitnah zu erstatten. Die Kassenärztliche Vereinigung hat den Krankenkassen hierzu alle notwendigen Daten zur Verfügung zu stellen.
Ergänzende Hinweise der Anwälte für Arbeits-, Medizin- und Sozialversicherungsrecht
In § 87a Abs. 3b SGB V ist die Ausgleichszahlung der Kassenärztlichen Vereinigung an den vertragsärztlichen Leistungserbringer explizit geregelt. Dort ist die Inanspruchnahme von mehreren Entschädigungen
also möglich. Die Folge ist lediglich die Minderung der Ausgleichszahlung, d.h. die mindernde Anrechnung auf die Ausgleichszahlung.
Soweit die gesetzlichen Voraussetzungen für Kurzarbeit vorliegen, ist damit auch in der ärztlichen Praxis Kurzarbeit denkbar und möglich. Diese dürfte aus unserer Sicht auch vorrangig von einer etwaigen Entschädigung nach dem COVID19-Krankenhausentlastungsgesetz sein.
Sollte die Bundesagentur für Arbeit die Kurzarbeit für eine ärztliche Praxis daher unter Verweis auf anderweitige finanzielle Hilfen ablehnen, sollte dringend geprüft werden, ob hier Rechtsmittel eingelegt werden können.
Es wird fachkundige Unterstützung von spezialisierten Anwälten dringend angeraten. Wir helfen Ihnen gerne – bundesweit!