Sic-non-Fall
Das Hessische Landesarbeitsgericht (LAG) hat entschieden (Hessisches LAG, Beschl. v. 13.01.2023 – 10 Ta 3/23 [Leitsatz]):
„1. Es liegt kein ´Sic-non-Fall´ vor, wenn in einem Kündigungsschutzantrag bloß der Terminus ´Arbeitsverhältnis´ verwendet wird. Vielmehr ist es eine Frage der Auslegung, ob der Antrag auch außerhalb eines Arbeitsverhältnisses gestellt werden soll, was gerade bei einer außerordentlichen Kündigung in Betracht kommen kann.
- Das einer Geschäftsführerbestellung zugrundeliegende Rechtsverhältnis ist grundsätzlich nicht als Arbeitsverhältnis anzusehen. Dies gilt erst recht, wenn der Geschäftsführer zugleich alleiniger Gesellschafter an der GmbH ist.
- Der Anspruch auf Urlaubsabgeltung ist kein ´Sic-non-Fall´. Anspruchsgrundlage für eine Abgeltung des Urlaubs wäre § 7 Abs. 4 BUrlG. Nach § 2 BUrlG findet das Gesetz auf Arbeitnehmer und auf arbeitnehmerähnliche Personen Anwendung. Das Urlaubsrecht ist aber durch Art. 7 RL 2003/88/EG geprägt, anders als bei § 5 Abs. 1 ArbGG kommt bei der materiell-rechtlichen Anwendung des Urlaubsrechts der erweiterte Arbeitnehmerbegriff des Unionsrechts zum Tragen, der gerade auch Geschäftsführer miteinschließen kann (vgl. BAG 8. Februar 2022 – 9 AZB 40/21 – Rn. 20, NZA 2022, 430). Die Beurteilung der Arbeitnehmereigenschaft kann in prozessualer und in materiell-rechtlicher Hinsicht damit auseinanderfallen.“