Schwerbehinderung bei psychischen Erkrankungen
Immer wieder ist in Verfahren auf Feststellung des Grades der Behinderung zu verzeichnen, dass die Antragsteller zu einem bestimmten Zeitpunkt eine ärztliche Behandlung abbrechen bzw. nicht weiterführen. Grund für dieses Verhalten ist die Aussage der Ärzte, der Patient sei austherapiert
; aktuell gäbe es keine Behandlungsmöglichkeit, um den Gesundheitszustand zu verbessern. Damit können im Feststellungsverfahren zum Grad der Behinderung keine aktuellen Befundberichte vorgelegt werden. Dies geht in der Regel zu Lasten der Antragsteller.
Das Landessozialgericht Sachsen-Anhalt (LSG) hat mit Urteil v. 12.12.2019 – L 7 SB 93/18 – zum Grad der Behinderung bei psychischen Erkrankungen festgestellt:
Sofern der Beklagte die fehlende ärztliche Behandlung als entscheidendes Kriterium gegen die Annahme einer schweren psychischen Erkrankung angesehen (
) hat, überzeugt auch dieser Einwand nicht. Zwar spiegelt sich auch nach der ständigen Rechtsprechung des Senats der bestehende Leidensdruck grundsätzlich in der ärztlichen Behandlungsintensität wider (
) Die Argumentation des Beklagten kann bei der bestehenden Persönlichkeitsstörung des Klägers aber nicht greifen.
Ergänzende Hinweise des Anwalts für Sozialrecht
Das LSG stellt zunächst den Grundsatz fest, dass nur bei einer kontinuierlichen Behandlung der behaupteten Beeinträchtigungen ein objektiver Nachweis für die Nachteile im Alltagsleben des Antragstellers geführt werden kann. Die Gerichte sind insoweit auf die Befundberichte der behandelnden Ärzte angewiesen, um unabhängig und unvoreingenommen eine Bewertung des Sachverhalts vornehmen zu können. Daher wird allen Antragstellern dringend empfohlen, die geltend gemachten Beeinträchtigungen regelmäßig ärztlich feststellen zu lassen. Das Gericht hat weiter eine Ausnahme von diesem Grundsatz zugelassen. Diese gilt dann, wenn die festgestellte Erkrankung einer Behandlung nicht zugänglich ist. Allerdings ist dazu anzumerken, dass der Beweis einer fehlenden Behandlungsmöglichkeit schwer zu führen ist. Eine Bescheinigung des behandelnden (Haus-)Arztes reicht hier keinesfalls. Der Kläger in diesem Verfahren hatte das Glück, dass vom Gericht ein sehr guter Gutachter beauftragt wurde. Daher konnte der Kläger, trotz fehlender Behandlungen, einen Grad 50 (Schwerbehinderung) erreichen.
Es wird fachkundige Unterstützung von spezialisierten Anwälten dringend angeraten. Wir helfen Ihnen gerne – bundesweit!