Risikobehafteter Wechsel PKV in GKV durch „Strohmann“-Vertrag mit dem Ehegatten
Für den Wechsel von der privaten Krankenversicherung (PKV) in die gesetzliche Krankenversicherung (GKV) wird nicht selten ein Ehegatte als „Strohmann oder Strohfrau“ genutzt. Das Unternehmen des einen Ehegatten wird zum Schein auf den anderen Ehegatten übertragen. Dann wird mit dem „Unternehmer“ ein Arbeitsvertrag geschlossen und die PKV gekündigt. Diese Vorgehensweise ist doppelt gefährlich. Zum einen sind die Bestätigungsschreiben der gesetzlichen Krankenkassen rechtlich ohne jede Bedeutung. Zum anderen kann die einmal begründete Mitgliedschaft in der GKV auch nach Jahren wieder storniert werden.
Das LSG Hamburg (LSG) hat mit Beschl. v. 24.01.2022 – L 1 KR 10/22 ER – ein Strohmanngeschäft zwischen Ehegatten als sozialrechtlich unbeachtlich bewertet:
„Selbstständig erwerbstätig ist nur derjenige, der als natürliche Person selbst mit Gewinnerzielungsabsicht eine Tätigkeit ausübt, also aus typischerweise mit persönlichem Einsatz verbundenen Tätigkeiten relevante Einkünfte erzielt (…) was nicht der Fall ist, wenn jemand sich lediglich als ´Strohmann´ bzw. ´Strohfrau´ zur Verfügung stellt. Auch die alleinige Wahrnehmung von auf Kapitalbeteiligung beruhenden gesellschaftsrechtlichen Pflichten stellt in der Regel keine hauptberuflich selbstständige Erwerbstätigkeit dar (…).“
Ergänzende Hinweise des Anwalts für Sozialversicherungsrecht
Das Urteil des LSG hat die aktuelle Rechtsprechung bestätigt. Wir verweisen dazu auch auf die Entscheidung des LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 16.03.22 – L 1 KR 246/17 – zu Arbeitsverträgen unter Ehegatten.
Die Ehefrau hatte im vorliegenden Fall eine Vollzeitbeschäftigung als Friseurin sowie Kinder- und Haushaltsbetreuung zu gewährleisten. Der Ehemann betrieb ein Fuhrunternehmen und konnte zeitweise nicht als Geschäftsführer fungieren. Die Ehefrau hatte keine betrieblichen Kenntnisse. Steuerrechtlich wurden der Ehefrau die Einkünfte aus dem Unternehmen als Einkommen aus selbstständiger Tätigkeit zugerechnet. Dieses Einkommen überstieg das Einkommen aus abhängiger Beschäftigung deutlich. Auch Arbeitgeberpflichten hat die Ehefrau formal wohl wahrgenommen.
Das Urteil bestätigt einmal mehr, dass Arbeits-, Steuer-, Handels- und Gesellschaftsrechtsrecht sowie Sozialrecht getrennt zu bewerten sind. Was in anderen Rechtsgebieten als maßgeblich anerkannt wird, kann nicht ohne weiteres auf das Sozialrecht übertragen werden. Im Sozialrecht spielen die Fragen der Schutzbedürftigkeit und der Missbrauchsabwehr eine nicht unwesentliche Rolle. Bei der Frage der Beitragserhebung in der Krankenversicherung werden die Steuerbescheide regelmäßig als feststehende Tatsachen zu Grunde gelegt. Das LSG hat die Steuerbescheide demgegenüber außer Betracht gelassen, weil es bereits an einer selbständigen Tätigkeit dem Grunde nach fehle.
Es wird fachkundige Unterstützung von spezialisierten Anwälten dringend angeraten. Wir helfen Ihnen gerne – bundesweit!
Bitte beachten Sie auch unsere Dienstleistungsangebote Statusprüfstelle sowie Wechsel PKV in GKV.