Recht auf Auskunftserteilung bei Abrechnungsprüfungen in der vertragsärztlichen Versorgung
Im Rahmen der Überwachung und Prüfung von vertragsärztlichen Abrechnungen steht den Krankenkassen ein weitreichendes Recht zur Einsichtnahme in Ermittlungsakten zu. Dies wurde kürzlich durch einen Beschluss des Oberlandesgerichts Braunschweig vom 28. August 2024 bestätigt (Az. 1 VAs 1-3/23). Die Entscheidung stärkt die Position der Krankenkassen, insbesondere bei der Prüfung der Rechtmäßigkeit und Plausibilität der Abrechnungen in der vertragsärztlichen Versorgung.
Gesetzliche Grundlage und Reichweite des Informationsrechts
Gemäß § 474 Abs. 2 Nr. 1 der Strafprozessordnung (StPO) haben öffentliche Stellen, zu denen auch die Krankenkassen zählen, das Recht, Auskünfte aus Ermittlungsakten zu erhalten. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Informationen zur Feststellung, Durchsetzung oder Abwehr von Rechtsansprüchen im Zusammenhang mit einer Straftat erforderlich sind. Diese Regelung ermöglicht es den Krankenkassen, auf relevante Daten aus Ermittlungsverfahren zuzugreifen, die Hinweise auf mögliche Unregelmäßigkeiten oder sogar strafbare Handlungen im Rahmen der ärztlichen Abrechnungspraxis geben könnten. In der hier relevanten Konstellation ermöglicht dies den Krankenkassen, im Rahmen ihrer gesetzlichen Überwachungsfunktion die Plausibilität und Rechtmäßigkeit der von Ärzten abgerechneten Leistungen effektiver zu überprüfen.
Praktische Anwendung und aktuelle Rechtsprechung
Das Oberlandesgericht Braunschweig hat in seinem Beschluss die Notwendigkeit betont, dass Krankenkassen im Rahmen ihrer gesetzlichen Aufgaben überprüft werden können, ob Abrechnungen korrekt und gesetzeskonform durchgeführt werden. Im konkreten Fall erhielt die AOK Niedersachsen auf ihr Ersuchen hin Auskünfte aus den Akten eines abgeschlossenen Ermittlungsverfahrens, das wegen des Verdachts der Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen gegen Vertragsärzte geführt wurde. Die Gewährung der Akteneinsicht dient somit nicht nur der finanziellen Kontrolle, sondern auch der Wahrung der Integrität im Gesundheitswesen.
Kritikpunkte und gerichtliche Überlegungen
Obwohl das Gericht den Anträgen der betroffenen Ärzte auf gerichtliche Entscheidung nicht stattgab, wurden die Bedenken hinsichtlich der möglichen Überwachungsintensität und des Datenschutzes deutlich. Die Kritik der Antragssteller bezog sich vor allem auf die Befürchtung einer übermäßigen Kontrolle und möglicher Eingriffe in die ärztliche Autonomie sowie die Vertraulichkeit patientenbezogener Daten. Das Gericht wies diese Bedenken zurück, indem es die gesetzlichen Voraussetzungen und die Notwendigkeit der Auskunftserteilung in den Vordergrund stellte. Dabei wurde besonders hervorgehoben, dass die gesetzlichen Krankenkassen eine wichtige Rolle bei der Überwachung der korrekten Leistungserbringung und Abrechnung im Gesundheitswesen spielen.
Fazit
Für Ärzte und medizinische Einrichtungen ergibt sich aus diesem Urteil die Notwendigkeit, die Korrektheit ihrer Abrechnungen gegenüber den Krankenkassen mit noch größerer Sorgfalt zu gewährleisten. Unregelmäßigkeiten oder Abweichungen in den Abrechnungen können nun leichter aufgedeckt werden, was zu Rückforderungen oder sogar strafrechtlichen Konsequenzen führen kann.