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Notwendigkeit der Unterzeichnung einer Gesellschafterliste durch einen eingetragenen Geschäftsführer

Hier: Aufnahme einer Gesellschafterliste bei einem vollständigen Gesellschafterwechsel
Notwendigkeit der Unterzeichnung einer Gesellschafterliste durch einen eingetragenen Geschäftsführer
Aktuelles
01.03.2023

Notwendigkeit der Unterzeichnung einer Gesellschafterliste durch einen eingetragenen Geschäftsführer

Hier: Aufnahme einer Gesellschafterliste bei einem vollständigen Gesellschafterwechsel

Das Kammergericht (KG) hat entschieden (KG, Beschl. v. 14.10.2022 – 22 W 43/22 [aus den Entscheidungsgründen]):

„Der Senat hat bereits in dem Beschluss vom 17. Mai 2022 ausgeführt, dass die eingereichte Liste vom 14. September 2020 zu beanstanden ist, weil sie nicht von einem eingetragenen Geschäftsführer unterzeichnet ist. Die von der Beteiligten zu 2) gegen diese Auffassung erhobenen Bedenken greifen nicht durch.

a) Soweit die Beteiligte zu 2) aus der Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 2 GmbHG schließt, dass ein Gesellschafter schon vor der Aufnahme der ihn als Gesellschafter ausweisenden Gesellschafterliste einen neuen Geschäftsführer bestellen können muss, der auch die Liste nach § 40 Abs. 1 GmbHG unterschreibt, ändert dies nichts. Die Auffassung der Beteiligten setzt voraus, dass der als Gesellschafter Handelnde tatsächlich auch Gesellschafter ist. Dies für eine Anwendung im Rahmen des § 40 Abs. 1 GmbHG zu unterstellen, führt – wie der Senat bereits in dem Beschluss vom 17. Mai 2022 ausgeführt hat – zu der Verpflichtung des Registergerichts, Gesellschafterlisten auf Zuruf aufzunehmen. Dem steht schon die Regelung des § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG entgegen, die etwa auch zu Lasten eines Erben dann angewandt wird, wenn der einzige eingetragene Gesellschafter verstorben ist (vgl. Noack/Servatius/Haas/Servatius, GmbHG, 23. Aufl., § 16 Rn. 19; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 20. Aufl., Rn. 43; MüKoGmbHG/Heidinger, 4. Aufl., § 16 Rn. 145; Michalski/Ebbing, GmbHG, 3. Aufl., § 16 Rn. 96; Scholz/Seibt, GmbHG, 13. Aufl., § 16 Rn. 41; Henssler/Strohn/Verse, Gesellschaftsrecht, 5. Aufl.; § 16 GmbHG Rn. 19; Wicke, GmbHG, 4. Aufl., § 16 Rn. 6; BeckOK GmbHG/Wilhelmi, Stand: 1. März 2022, § 16 Rn. 28). Es birgt zudem eine erhebliche Gefahr des Missbrauches in sich und wird den Zwecken des Handelsregisters nicht gerecht (vgl. dazuMüKo-HGB/Krafka, 5. Aufl., § 8 Rn. 10; BeckOK-HGB/Müther, Stand: 01.08.2022, § 8 Rn. 4; Röhricht/Graf von Westphalen/Ries, HGB, 5. Aufl., § 8 Rn. 4).

Das Handelsregister dient der Offenbarung von Tatsachen und Rechtsverhältnissen der Kaufleute und Handelsgesellschaften, die für den Rechtsverkehr von wesentlicher Bedeutung sind. Dem Registergericht kommt insoweit eine Kontrollfunktion hinsichtlich der Richtigkeit und Vollständigkeit der einzutragenden Tatsachen zu (BGH, Urteil vom 24. Juni 1982 – III ZR 19/81 -, BGHZ 84, 285-292 Rn. 11; Beschluss vom 21. Juni 2011 – II ZB 15/10 -, juris Rn. 10; Ebenroth/Boujong/Schaub, HGB, 4. Aufl., § 8 Rn. 47; MüKo-HGB/Krafka, 5. Aufl., § 8 Rn. 10 Oetker/Preuß, HGB, 7. Aufl., § 8 Rn. 5; BeckOK-HGB/Müther, Stand: 01.08.2022, § 8 Rn. 4). Insoweit sieht es der Senat als erforderlich an, im Rahmen der beschränkten und im Grundsatz nur auf die formellen Aspekte gerichteten Prüfung bezüglich der Aufnahme einer Gesellschafterliste grundsätzlich an dem Erfordernis festzuhalten, dass der Unterzeichnende durch seine bestehende Eintragung im Register ausreichend als Geschäftsführer ausgewiesen ist (vgl.Senat, Beschluss vom 12. Juni 2018 – 22 W 15/18 -, juris Rn. 5).

b) Ob insoweit Ausnahmen in Betracht kommen, muss im vorliegenden Fall nicht abschließend entschieden werden. Denn eine Ausnahme wäre nur dann gerechtfertigt, wenn ohne eingehende Prüfung ausreichend sicher anzunehmen wäre, dass die als Geschäftsführer agierende Person tatsächlich Geschäftsführer ist. Dies ist hier entgegen der Auffassung der Beteiligten zu 2) nicht der Fall. Schon der Vortrag der Beteiligten zu 2), der aufzeigen soll, dass keine berechtigten Zweifel an ihrer Gesellschafterstellung bestehen, obwohl sie entgegen § 16 Abs. 1 Satz 1 GmbHG nicht als Gesellschafterin gilt, macht deutlich, dass es einer eingehenden Prüfung bedürfte, um festzustellen, ob Zweifel angebracht sind oder nicht. Die Beteiligte zu 2) nimmt insoweit auf sechs Zivilprozessverfahren und zwei staatsanwaltschaftliche Ermittlungsverfahren Bezug, die – soweit nach dem Vortrag ersichtlich – für die Frage ihrer Gesellschafterstellung allenfalls mittelbar Bedeutung haben. Die notwendige Prüfung dieses Vortrags ist im Rahmen des Verfahrens auf Aufnahme einer Gesellschafterliste in den Registerordner nicht vorgesehen. Die Prüfung ist vielmehr auf die formalen Voraussetzungen beschränkt (vgl. BGH, Beschluss vom 20. September 2011 – II ZB 17/10 -, BGHZ 191, 84-95 Rdn. 10; Senat, Beschluss vom 12. Juni 2018 – 22 W 15/18 -, juris Rn. 5; OLG München, Beschluss vom 08. September 2009 – 31 Wx 82/09 -, juris Rdn. 5; OLG Bamberg, Beschluss vom 02. Februar 2010 – 6 W 40/09 -, juris Rdn. 12; Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 22. März 2010 – 6 W 110/10 -, juris Rdn. 12).

Die Beteiligte zu 2) wird durch die Auffassung des Senats auch nicht rechtlos gestellt. Der Senat hält an seinem Hinweis fest, dass die Beteiligte zu 2) – unter Umständen auch einstweiligen – Rechtsschutz in Anspruch nehmen kann (vgl. dazu auch BGH, Urteil vom 17. Dezember 2013 – II ZR 21/12 -, juris Rn. 39). Dass der eingetragene Geschäftsführer Maßnahmen ergriffen hat, wie etwa die Anmeldung ihrer Abberufung, von denen sie erst nach Vollzug Kenntnis erlangt hat, steht dem nicht entgegen. Gleiches gilt bezüglich der in Bezug auf die Gesellschaft erfolgten Firmenänderung, gerade wenn diese, wie die Beteiligte zu 2) meint, der Erschleichung bestimmter Berufungszuständigkeiten in den laufenden Zivilprozessen dient.

c) Dass die zum Zeitpunkt der Erstellung der Gesellschafterliste im September 2020 noch vorliegende Eintragung der Beteiligten zu 2) als Geschäftsführerin nicht ausreicht, folgt aus der Tatsache, dass sie nicht zur alleinigen Vertretung der Beteiligten zu 1) befugt war und der weitere Geschäftsführer nicht mitgewirkt hat (vgl. dazu Thüringer Oberlandesgericht, Beschluss vom 5. Juli 2011 – 6 W 82/11 -, juris Rn. 12; Altmeppen, GmbhG, 10. Aufl., § 40 Rn. 32; Lutter/Hommelhoff/Bayer, GmbHG, 20. Aufl., § 40 Rn. 47; MüKo-GmbHG/Heidinger, 3. Aufl., § 40 Rn. 176; Noack/Servatius/Haas/Servatius, GmbHG, 23. Aufl., § 40 Rn. 35). Im Übrigen war ihre Abberufung bereits gerichtsbekannt beschlossen und angemeldet worden, die Eintragung des Ausscheidens aber noch nicht erfolgt.“

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Jörg Hahn
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

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Dr. Mario Hoffmann
Rechtsanwalt
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