MVZ muss Nachbesetzungsantrag innerhalb einer Frist von sechs Monaten stellen
Die Antragsfrist von sechs Monaten verstößt nicht gegen das Grundgesetz. Eine Verletzung von Art. 12 GG und Art. 14 GG liegt nicht vor. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen entschied mit Urt. v. 28.08.2019 – L 3 KA 12/18:
Ein Anspruch darauf, mehr Optionen für die Heranziehung von Vertragsärzten und angestellten Ärzten zu haben, als ihnen durch § 103 Abs. 4 ff SGB V eröffnet sind, kann für ein MVZ nicht aus Art 14 Abs. 1 GG hergeleitet werden, weil sich diesem nur ein Schutz für bereits erlangte Rechtspositionen entnehmen lässt (BSG aaO). Dies gilt in vergleichbarer Weise für das Grundrecht aus Art 12 GG, weil dieses unter dem Vorbehalt steht, dass die Berufsausübung durch Gesetz oder aufgrund eines Gesetzes geregelt (dh auch: beschränkt) werden kann (BSG aaO). Demzufolge setzte § 103 Abs. 4 ff SGB V auch die gesetzlichen Grenzen der Berufsausübungsfreiheit fest.
Ergänzende Hinweise der Fachanwältin für Medizinrecht
Die Klägerin machte geltend, die vom BSG (Bundessozialgericht) eingeführte Sechsmonatsfrist verstoße gegen Art. 12 GG und Art. 14 GG. Sie war der Ansicht, der Gesetzgeber habe in § 103 Abs. 4a S. 3 SGB V ein zeitlich unbeschränktes Nachbesetzungsrecht normiert, welches das BSG nicht eigenmächtig einschränken könne. Das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen stellte jedoch klar, dass das BSG dabei innerhalb seiner Befugnisse handelte. Dies ergibt sich aus der verfassungsrechtlich anerkannten Befugnis der Gerichte zur Rechtsfortbildung. Solange die Gerichte sich in den Grenzen vertretbarer Auslegung bewegen, seien sie berechtigt, Vorschriften über ihren Wortlaut hinaus auszuweiten oder einzuschränken. Das BSG habe bei seiner Rechtsprechung die Grenzen richterlicher Rechtsfortbildung respektiert, indem es die Sechsmonatsfrist unter Heranziehung des Zwecks von § 95 Abs. 6 Satz 3 SGB V systematisch hergeleitet habe.
Bei der Einführung des § 103 Abs. 4a Satz 3 SGB V verfolgte der Gesetzgeber die Absicht, ein Ausbluten
des MVZ durch das Wegfallen angestellter Ärzte zu verhindern. Daher soll auch in gesperrten Planungsbereichen eine Nachbesetzung möglich sein. Der Gesetzgeber verfolge allerdings auch das Ziel, einer Überversorgung in gesperrten Planungsbereichen entgegenzuwirken. Ebenso sollen frei werdende Stellen gegebenenfalls Neubewerbern, die durch Zulassungsbeschränkungen in ihrem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 GG verletzt sind, zur Verfügung gestellt werden. Mit diesen Grundgedanken wäre es unvereinbar, wenn ein MVZ eine frei werdende Stelle auf unbestimmte Zeit frei halten und nach Belieben wieder besetzen könne. Das BSG orientierte sich dabei auch an der in § 95 Abs. 6 Satz 3 SGB V geregelten Frist. Hiernach ist einem MVZ die Zulassung zu entziehen, wenn die Gründungsvoraussetzungen länger als sechs Monate nicht mehr vorliegen.
Die MVZ haben folglich bei einem Nachbesetzungsantrag eine Frist von sechs Monaten einzuhalten.
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