Müssen (Zahn)Ärzte die Behandlungsakte nach Art. 15 DSGVO unentgeltlich und vollständig herausgeben, auch wenn Betroffene „datenschutzfremde“ Zwecke verfolgen?
Ja, meint der Europäische Gerichtshof (EuGH, Urt. v. 26.10.2023 – C-307/22).
In den Entscheidungsgründen heißt es:
„Art. 15 Abs. 3 Satz 1 der Verordnung 2016/679 ist dahin auszulegen, dass im Rahmen eines Arzt-Patienten-Verhältnisses das Recht auf Erhalt einer Kopie der personenbezogenen Daten, die Gegenstand einer Verarbeitung sind, umfasst, dass der betroffenen Person eine originalgetreue und verständliche Reproduktion aller dieser Daten überlassen wird. Dieses Recht setzt voraus, eine vollständige Kopie der Dokumente zu erhalten, die sich in der Patientenakte befinden und unter anderem diese Daten enthalten, wenn die Zurverfügungstellung einer solchen Kopie erforderlich ist, um der betroffenen Person die Überprüfung der Richtigkeit und Vollständigkeit der Daten zu ermöglichen und die Verständlichkeit der Daten zu gewährleisten. In Bezug auf die Gesundheitsdaten der betroffenen Person schließt dieses Recht jedenfalls das Recht ein, eine Kopie der Daten aus ihrer Patientenakte zu erhalten, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu an ihr vorgenommenen Behandlungen oder Eingriffen umfasst.
Was erstens den Wortlaut der maßgeblichen Bestimmungen betrifft, ist zum einen darauf hinzuweisen, dass Art. 12 Abs. 5 DSGVO den Grundsatz aufstellt, dass der betroffenen Person durch die Ausübung ihres Rechts auf Auskunft über die Daten, die Gegenstand der Verarbeitung sind, und auf Auskunft über die damit verbundenen Informationen keine Kosten entstehen.(…) Der Grundsatz, dass die erste Kopie der Daten unentgeltlich ist, sowie die Tatsache, dass der Auskunftsantrag nicht spezifisch begründet sein muss, tragen notwendigerweise dazu bei, der betroffenen Person die Ausübung ihrer Rechte aus der DSGVO zu erleichtern. (…).“