Liegt Schwarzarbeit vor, wenn dem Werkunternehmer der Meistertitel fehlt?
Nein, meint das Oberlandesgericht (OLG) Köln (OLG Köln, Urt. v. 16.12.2021 – 7 U 12/20, NJW-Spezial 2022, 237). In den Entscheidungsgründen heißt es:
„a) Der Senat teilt die Auffassung des Landgerichts, wonach der Werkvertrag nicht wegen Verstoßes gegen ein gesetzliches Verbot (§ 134 BGB) unwirksam ist. Denn selbst wenn es sich bei den zu erbringenden Arbeiten um solche handelte, die nur ein Meisterbetrieb hätte vornehmen dürfen, führte die fehlende Meistereigenschaft der Beklagten zu einem nur einseitigen Verstoß gegen § 1 Abs. 2 Nr. 5 SchwArbG, der nicht die Nichtigkeit des Vertrags nach sich zieht. Die gegenteilige Auffassung des Oberlandesgerichts Frankfurt (Urteil vom 24.05.2017, 4 U 269/15 Rn. 18) hält der Senat ebenso wie das Landgericht nicht für überzeugend. Auf die eingehende, sorgfältige und überzeugende Begründung des Landgerichts, der zutreffend eine differenzierte Betrachtung der einzelnen Tatbestände des § 1 Abs. 2 SchwArbG zugrunde liegt, wird Bezug genommen. Insbesondere widerspricht die pauschale Gleichsetzung der Schwarzarbeit in Gestalt einer „Ohne-Rechnung-Abrede” (§ 1 Abs. 2 Nr. 2 SchwArbG) mit der fehlenden beruflichen Qualifikation des Ausführenden (§ 1 Abs. 2 Nr. 5 SchwArbG) den zu § 134 BGB anerkannten Auslegungsgrundsätzen. Danach sind, wenn – wie hier – eine verbotseigene Rechtsfolgenregelung fehlt, Sinn und Zweck des verletzten Verbots entscheidend. Dies erfordert eine normbezogene Abwägung, ob es mit dem Sinn und Zweck des Verbots vereinbar oder unvereinbar wäre, die durch das Rechtsgeschäft getroffene Regelung hinzunehmen bzw. bestehen zu lassen (vgl. BGH NJW 2000, 1186, 1187, st. Rspr.). Abzustellen ist dabei nicht auf das generelle Verbot von Schwarzarbeit, sondern auf die Untersagung der Erbringung von Leistungen ohne die hierfür erforderliche Befähigung. Insoweit hat der Bundesgerichtshof jedoch bereits im Jahre 1984, worauf das Landgericht ebenfalls zutreffend hingewiesen hat, ausgeführt, dass dem Verstoß gegen ein solches Verbot mit berufsrechtlichen Maßnahmen oder öffentlichrechtlichen Sanktionen hinreichend Rechnung getragen werden könne, ohne dass es erforderlich wäre, einem einzelnen, im Rahmen des verbotenen Handwerksbetriebes zustande gekommenen Rechtsgeschäft die zivilrechtliche Wirksamkeit zu versagen (BGH NJW 1984, 230, 231). Dies berücksichtigt das Oberlandesgericht Frankfurt in der vorgenannten Entscheidung nicht ausreichend, sondern stellt allein auf den Sinn und Zweck des SchwArbG im Ganzen ab.
Darüber hinaus ziehen einseitige Verstöße des Unternehmers gegen das SchwArbG nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs in der Regel ohnehin nicht die Nichtigkeit des Vertrages nach sich (vgl. BGH NJW 2013, 3167, 3169 Rn. 22 ff.); ein solcher einseitiger Verstoß liegt auch hier vor, nachdem die Klägerin unwidersprochen vorträgt, erst später von der fehlenden Meistereigenschaft der Beklagten erfahren zu haben. In der Literatur wird dementsprechend die auch hier vertretene Auffassung als in Übereinstimmung mit der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs stehend angesehen und befürwortet (vgl. Kniffka, in: ders./Koeble, Kompendium des Baurechts, 5. Aufl. 2020, 4. Teil Rn. 33). Die Annahme der Nichtigkeit im Falle eines einseitigen Verstoßes würde zudem zu der nicht hinnehmbaren Konsequenz führen, dass der Besteller einer Werkleistung weder Erfüllungs- noch Gewährleistungsansprüche geltend machen könnte, wenn sich – wie hier – nachträglich ein Verstoß des Unternehmers gegen das SchwarzArbG herausstellt (vgl. OLG Düsseldorf, Beschluss vom 05.02.2016, 23 U 110/15 Rn. 7 – juris).“