Können eine KG und ihre alleinige Komplementärin (eine UG) gleichzeitig gegründet werden?
Das Oberlandesgericht (OLG) Celle hat sich mit der in der Frage aufgeworfenen Thematik einer sog. Simultangründung beschäftigt (OLG Celle, Beschl. v. 10.101.2022 – 9 W 81/22, NJW-Spezial 2022, 752). In den Entscheidungsgründen heißt es:
„1.) Das Registergericht ist zu Recht davon ausgegangen, dass die Gründung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft mangels Existenz der Gründerin unwirksam war.
Die Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft, die S. KG, existierte zu dem Zeitpunkt, zu dem sie die betroffene (Vor-) Gesellschaft vermeintlich gegründet hat, noch nicht, weil es ihr an einer existenten Komplementärin fehlte. Diese Komplementärin sollte gerade erst die betroffene (Vor-) Gesellschaft werden.
In dieser Betrachtungsweise liegt entgegen der Auffassung der betroffenen (Vor-) Gesellschaft keine bloße Förmelei. Sie ist vielmehr Ausdruck zwingender Logik. Die betroffene (Vor-) Gesellschaft kann nicht vor ihrer eigenen Gründung als Komplementärin und Vertreterin ihrer eigenen Gründerin auftreten; eine mangels Komplementärin noch nicht existente KG aber kann ihrerseits keine andere Gesellschaft gründen. Dementsprechend ist in der Literatur auch anerkannt, dass die (im Streitfall erstrebte) Entstehung einer Einheitsgesellschaft auf zwei Wegen erfolgen kann (vgl. Hermanns, in: Beck‘sches Notarhandbuch, 7. Aufl. 2019, § 20 Rn. 158;Gebele/Scholz, Beck’sches Formularbuch Bürgerliches, Handels- und Wirtschaftsrecht, 14. Aufl. 2022, VIII.D.12 Anm. 2; Werner, DStR 2006, 706 (709)):
Zum einen kann eine bestehende KG im Wege der Neugründung oder des Anteilserwerbs alle Geschäftsanteile an einer GmbH erwerben, worauf hin sodann im zweiten Schritt der Komplementär der KG ausgewechselt und die GmbH, deren sämtliche Anteile von der KG gehalten werden, an dessen Stelle tritt.
Zum anderen können die (späteren) Kommanditisten der KG zunächst eine GmbH und sodann im zweiten Schritt mit dieser als Komplementärin und sich selbst als Kommanditisten eine neue KG begründen, woraufhin im dritten Schritt sodann die GmbH-Geschäftsanteile von den natürlichen Personen an die KG übertragen werden.
Der im Streitfall gewählte Weg einer quasi gleichzeitigen Gründung von KG und Komplementärin wird – den oben dargestellten Gesetzen der Logik entsprechend und soweit ersichtlich – nirgends vertreten; die betroffene (Vor-) Gesellschaft zeigt Entsprechendes auch nicht auf. Soweit die betroffene (Vor-) Gesellschaft mit ihrer Beschwerde geltend macht, bei anderen Registergerichten werde der hier beschrittene Weg anerkannt, vermag der Senat mangels Benennung konkreter Vergleichsfälle dies schon nicht zu überprüfen. Zum anderen bindet es ihn aber auch ohnehin nicht.
2.) Mit ihrer Auffassung, ihre Gründung sei zumindest deshalb wirksam erfolgt, weil zwischen den übrigen Gesellschaftern der S. KG jedenfalls eine OHG begründet worden sei, die ihrerseits dann sie – die betroffene (Vor-) Gesellschaft – habe gründen können, vermag die betroffene (Vor-) Gesellschaft nicht durchzudringen.
Zum einen sind die übrigen potentiellen Gesellschafter der S. KG, wie sich aus der entsprechenden, dem Senat aus dem diese Gesellschaft betreffenden Beschwerdeverfahren zu 9 W 82/22 bekannten Anmeldung ergibt, ausdrücklich übereingekommen, eine Kommanditgesellschaft zu gründen. Der Wille, an deren Stelle ggf. auch eine OHG zu gründen, kann – abgesehen von dem explizit anderen Wortlaut und Inhalt der Anmeldung – schon deshalb nicht angenommen werden, weil dies für die dort Beteiligten mit einem anderen Haftungsregime verbunden wäre.
Zum anderen ist vorliegend ausdrücklich die S. KG als Gründerin der betroffenen (Vor-) Gesellschaft bezeichnet und in der Anmeldung als Alleingesellschafterin angegeben worden. Für die Annahme, stattdessen sei eine – nicht näher bezeichnete – OHG Gründerin und Gesellschafterin, bleibt daher schlicht kein Raum.
3.) Nichts der betroffenen (Vor-) Gesellschaft Günstiges folgt schließlich daraus, dass eine Vor-GmbH grundsätzlich Komplementärin in einer KG sein kann (vgl. BGH, Urteil vom 9. März 1981 – II ZR 54/80 –, BGHZ 80, 129; Ebenroth/Boujong/Joost/Strohn, HGB, 4. Aufl. 2020, Anh. § 177a Rn. 38). Denn im Streitfall geht es nicht um die Frage, ob die betroffene (Vor-) Gesellschaft vor ihrer Eintragung in das Handelsregister bereits die Stellung einer Komplementärin in einer KG übernehmen kann. Vielmehr ist hier die vorgelagerte Frage zu beantworten (und aus den vorgenannten Gründen zu verneinen), ob die als Komplementärin in Aussicht genommene UG überhaupt wirksam gegründet worden ist.“