Ist die Bedrohung des Opfers mittels einer Scheinwaffe eine Begründung für einen minder schweren Fall einer räuberischen Erpressung?
Nein, meint der Bundesgerichtshof (BGH, Urt. v. 20.07.2022 – 2 StR 34/22). In den Entscheidungsgründen heißt es:
„Die Strafrahmenwahl in den Fällen II. 1., 2. und 6. der Urteilsgründe ist rechtsfehlerhaft, weil die Strafkammer bei der Prüfung, ob hinsichtlich der schweren räuberischen Erpressung der Ausnahmestrafrahmen des § 250 Abs. 3 StGB zugrunde zu legen war, nicht zugunsten des Angeklagten würdigen durfte, dass er die jeweiligen Geschädigten lediglich mit einer Scheinwaffe bedroht hat. Dies stünde nämlich im Widerspruch zu der Bewertung des Gesetzgebers. Der gegenüber § 250 Abs. 2 StGB mildere Qualifikationstatbestand des § 250 Abs. 1 Nr. 1b StGB wurde gerade auch für den Fall geschaffen, dass der Täter beim Raub oder der räuberischen Erpressung – wie hier – eine nicht funktionsfähige Schusswaffe mit sich führt, um den Widerstand einer anderen Person durch Drohung mit Gewalt zu verhindern oder zu überwinden (vgl. BGH, Urteil vom 9. August 2000 – 3 StR 176/00 , BGHR StGB § 250 Abs. 3 Strafrahmenwahl 1 mwN). Das schließt es aber aus, das Mitsichführen einer nicht funktionsfähigen Schusswaffe bei der Tat – für sich genommen – als Umstand zu werten, der die Annahme eines minder schweren Falles i.S.d. § 250 Abs. 3 StGB begründen kann (vgl. BGH, aaO; MüKo-StGB/Sander, 4. Aufl., § 250 Rn. 77, jeweils mwN). Führt der Täter die funktionsunfähige Schusswaffe nicht nur mit sich, sondern setzt er sie – wie hier – bei der Tat zur Bedrohung des Opfers auch noch ein, kann dies bei der Bemessung der Strafe sogar strafschärfend zu berücksichtigen sein (vgl. BGH, aaO; Urteil vom 1. Juli 1998 – 1 StR 183/98 , NJW 1998, 3130, 3131).“