Hinweisobliegenheit des Arbeitgebers bei Dauerkranken?
Das Arbeitsgericht (ArbG) Berlin hat entschieden (ArbG Berlin, Urt. v. 13.06.2019 – 42 Ca 3229/19 – ZIP 2020, 292 m. Anm. Bruck in DB 2020, 562):
Die Obliegenheit des/der Arbeitgeber*in, auf einen möglichen Verfall eines Urlaubsanspruchs hinzuweisen (BAG vom 19.02.2019 – 9 AZR 423/16) besteht auch während einer (ggf. durchgehenden) Arbeitsunfähigkeit und greift nicht erst mit einer Wiedergenesung ein. Zwar kann in dieser Zeit eine Urlaubsgewährung nicht verwirklicht werden, jedoch handelt es sich hinsichtlich einer etwaigen Dauerhaftigkeit einer Arbeitsunfähigkeit in der Regel um eine ex post – Betrachtung. Dass den Parteien – nachträglich – bekannt ist, dass eine Arbeitsunfähigkeit durchgehend bestand, entlastet den/die Arbeitgeber*in nicht, im laufenden Arbeitsverhältnis der Initiativlast gerecht zu werden und den/die Arbeitnehmer*in konkret und rechtzeitig darauf hinzuweisen, wie es sich mit dem Urlaubsanspruch – auch ggf. unter Berücksichtigung etwaiger weiterer Arbeitsunfähigkeit – verhält.
Ergänzende Hinweise
Die Entscheidung des ArbG Berlin ist abzulehnen. Der Dauerkranke kann wegen § 9 BUrlG keinen Erholungsurlaub gewährt bekommen. Eine Information des Arbeitnehmers unter diesen Umständen ist sinnlos. Die Rechtsprechung von EuGH und BAG ist in solchen Fällen einschränkend zu verstehen.
Dem entspricht im Übrigen die Rechtsprechung des LAG Hamm (LAG Hamm, Urt. v. 24.07.2019 – 5 Sa 676/19) sowie die des LAG Rheinland Pfalz (LAG Rheinland-Pfalz, Urt. v. 15.01.2020 – 7 Sa 284/19. In der zitierten Entscheidung des LAG Rheinland-Pfalz heißt es [Leitsatz]:
Urlaubsansprüche langandauernd erkrankter Arbeitnehmer erlöschen auch dann mit dem 31. März des zweiten Folgejahres, wenn der Arbeitgeber den Arbeitnehmer während der ununterbrochenen Arbeitsunfähigkeit nicht auf den drohenden Verfall der Urlaubsansprüche hingewiesen hat (vgl. LAG Hamm 24. Juli 2019 – 5 Sa 676/19).