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Haftung des Halters eines in einer Werkstatthalle in Brand geratenen Kraftfahrzeuges

Haftung des Halters eines in einer Werkstatthalle in Brand geratenen Kraftfahrzeuges
Aktuelles
13.01.2021

Haftung des Halters eines in einer Werkstatthalle in Brand geratenen Kraftfahrzeuges

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat zur Reichweite der Haftung des Halters eines in einer Werkstatthalle in Brand geratenen Kraftfahrzeuges nach § 7 Abs. 1 StVG entschieden (BGH, Urt. v. 20.10.2020 – VI ZR 158/19).

 In den Entscheidungsgründen heißt es:

1. Voraussetzung des § 7 Abs. 1 StVG ist, dass eines der dort genannten Rechtsgüter „bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs“ verletzt bzw. beschädigt worden ist. Nach der ständigen Rechtsprechung des Senats ist dieses Haftungsmerkmal entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Norm weit auszulegen. Denn die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kraftfahrzeugs erlaubterweise eine Gefahrenquelle eröffnet wird; die Vorschrift will daher alle durch den Kraftfahrzeugverkehr beeinflussten Schadensabläufe erfassen. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann „bei dem Betrieb“ eines Kraftfahrzeugs entstanden, wenn sich in ihm die von dem Kraftfahrzeug ausgehenden Gefahren ausgewirkt haben, d.h. wenn bei der insoweit gebotenen wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug (mit)geprägt worden ist. Erforderlich ist aber stets, dass es sich bei dem Schaden, für den Ersatz verlangt wird, um eine Auswirkung derjenigen Gefahren handelt, hinsichtlich derer der Verkehr nach dem Sinn der Haftungsvorschrift schadlos gehalten werden soll, d.h. die Schadensfolge muss in den Bereich der Gefahren fallen, um derentwillen die Rechtsnorm erlassen worden ist. Für die Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass die Schadensursache in einem nahen örtlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs steht (vgl. nur Senatsurteile vom 11. Februar 2020 – VI ZR 286/19, VersR 2020, 782 Rn. 10; vom 26. März 2019 – VI ZR 236/18, VersR 2019, 897 Rn. 8 mwN.

2. Nach diesen Grundsätzen ist der geltend gemachte Brandschaden der von dem Fahrzeug der Versicherungsnehmerin der Beklagten ausgehenden Betriebsgefahr im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG zuzurechnen.

a) Das Schadensgeschehen ist auf eine defekte Betriebseinrichtung des Fahrzeugs zurückzuführen.

aa) Entgegen der Ansicht der Revision ist für die Einordnung einer Fahrzeugkomponente als Betriebseinrichtung im Sinne der oben dargestellten Grundsätze nicht entscheidend, ob die Transport- und Fortbewegungsfunktion des Fahrzeugs auch ohne sie erfüllt werden kann. Eine solch enge Betrachtungsweise ließe – worauf das Berufungsgericht zu Recht hinweist – außer Acht, dass insbesondere angesichts der zunehmenden werkseitigen Ausstattung der Kraftfahrzeuge mit Assistenzsystemen, Unterhaltungselektronik und sonstigen den Fahrkomfort steigernden technischen Einrichtungen Gefahren für Dritte von einem Kraftfahrzeug auch aufgrund solcher – defekter – Fahrzeugteile ausgehen können, die zwar nicht für dessen Fortbewegungs- und Transportfunktion zwingend erforderlich, aber dem Betrieb des Fahrzeugs insoweit zu dienen bestimmt sind, als sie dessen Benutzung sicherer, leichter oder komfortabler gestalten sollen (vgl. Laws/Lohmeyer/Vinke in Freymann/Wellner, jurisPK-Straßenverkehrsrecht, Stand 25. März 2020, § 7 StVG Rn. 78). Solche Bauteile als die Halterhaftung nach § 7 Abs. 1 StVG begründende Gefahrenquellen grundsätzlich auszuschließen, wäre unter Berücksichtigung der Entwicklung der Fahrzeugtechnik mit dem Zweck des § 7 Abs. 1 StVG nicht vereinbar, einen weitgehenden Schutz gegen die Gefahren des Kraftfahrzeugverkehrs zu gewährleisten (vgl. Senatsurteil vom 9. Januar 1959 – VI ZR 202/57, BGHZ 29, 163, 171, juris Rn. 12).

Dem kann nicht – wie die Revision meint – entgegengehalten werden, die Qualifizierung nicht für die Transport- und Fortbewegungsfunktion zwingend erforderlicher Bauteile als Betriebseinrichtungen führe zu Wertungswidersprüchen, weil sie zu einer Gefährdungshaftung für im Fahrzeug installierte Elektrogeräte führen könne, die kein höheres Gefährdungspotential als vergleichbare Geräte außerhalb von Fahrzeugen besäßen, für die keine Gefährdungshaftung gelte. Insoweit lässt sich das von fest in Kraftfahrzeugen eingebauten Geräten ausgehende Gefahrenpotential angesichts ihres wechselnden Standorts und der Einwirkungen, denen sie z.B. durch den Fahrbetrieb, durch Hitze, Kälte oder Feuchtigkeit ausgesetzt sind, mit der Gefährlichkeit entsprechender stationärer Geräte nicht ohne weiteres vergleichen. Zudem wird der Unterschied im Haftungsregime durch die auf einer typisierenden Einschätzung des Gefahrenpotentials des Betriebs von Kraftfahrzeugen beruhenden Entscheidung des Gesetzgebers für eine hieran anknüpfende Gefährdungshaftung gerechtfertigt. Dass im Einzelfall die vom Kraftfahrzeug ausgehende Gefahr nicht höher ist als die von nicht der Gefährdungshaftung unterfallenden Gegenständen, schließt eine Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG nicht aus.

bb) Nach den Feststellungen des Berufungsgerichts wurde das Brandgeschehen entweder durch Defekte an Kabeln im Motorraum im Bereich des Generators oder durch einen Defekt an einem im Führerhaus des Lkw fest eingebauten Kühlschrank verursacht. Legt man die oben dargelegten Maßstäbe zugrunde, dienten im Streitfall beide als Schadensquellen in Betracht kommenden Bauteile des bei der Beklagten versicherten Lkw als Betriebseinrichtungen dessen Betrieb im Sinne des § 7 Abs. 1 StVG.

b) Der geltend gemachte Schaden unterfällt entgegen der Ansicht der Revision auch im Übrigen nach Art und Entstehungsweise dem Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG.

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