Gilt das Abstandsgebot nach § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO auch für Radfahrer?
Ja, meint etwa das Oberlandesgericht (OLG) Saarbrücken (OLG Saarbrücken, Urt. v. 15.12.2022 – 4 U 136/21). In den Entscheidungsgründen heißt es:
„Auf Seiten des Klägers ist gemäß § 9 StVG i.V.m. § 254 BGB zu berücksichtigen, dass dieser in unfallursächlicher Weise gegen § 4 Abs. 1 Satz 1 StVO verstoßen hat. Hiernach muss der Abstand von einem vorausfahrenden Fahrzeug in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter ihm gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Diese Vorschrift gilt nicht nur für Kraftfahrzeuge. Auch ein Radfahrer muss grundsätzlich ausreichend Abstand halten (OLG Hamm, Urteil vom 02.02.2000 – 13 U 115/19 -, juris Rn. 33; König in: Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 46. Aufl. 2021, § 4 Rn. 6 m.w.N.), und zwar nicht nur zu vorausfahrenden Kraftfahrzeugen, sondern auch auf einen vorausfahrenden anderen Radfahrer. Wird bei organisierten (Sport-)Veranstaltungen im geschlossenen Verband (Pulk) gefahren, kann dies anders zu beurteilen sein (OLG Düsseldorf, Urteil vom 12.06.1995 – 1 U 213/94 -, juris). Bei der Teilnahme am ´normalen´ Straßenverkehr ist die Einhaltung eines Sicherheitsabstandes zum eigenen Schutz und zum Schutz des vorausfahrenden Radfahrers unverzichtbar. Nach den eigenen Angaben des Klägers bei seiner informatorischen Anhörung betrug der Abstand zu dem vorausfahrenden Zeugen F. unmittelbar vor der Kollision etwa einen halben Meter bei einer gefahrenen Geschwindigkeit von ca. 30 km/h (Blatt 95). Die Feststellung des Landgerichts, dass es bei Einhaltung eines ausreichenden Abstands zu keinem Auffahren untereinander gekommen und ein Sturz des Klägers vermieden worden wäre (Seite 11 des Urteils), ist unter diesen Umständen nicht zu beanstanden; sie ist auch im Berufungsverfahren nicht angegriffen worden.“