Gewerbesteuergefahr in BAGs durch einen reinen „Manager“(Zahn)Arzt!
Das Finanzgericht (FG) Rheinland-Pfalz (Urt. v. 16.09.2021 – 4 K 1270/19) stellte fest, dass sich solche BAGs gewerbesteuerpflichtig machen, wenn ein Gesellschafter (Zahn)Arzt reine Management-Aufgaben erledigt und zum Patientenumsatz nur 0,028 Prozent beiträgt. Das Urteil wird demnächst in der Zeitschrift „Medizinrecht“ (Springer-Verlag) veröffentlicht und ist noch nicht rechtskräftig.
Bislang ist höchstrichterlich nicht entschieden, inwieweit ein Arzt/Zahnarzt als Mitgesellschafter einer BAG nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 Satz 3 EStG in einem Mindestmaß „leitend und eigenverantwortlich“ tätig sein muss, um die Umqualifizierung der freiberuflichen Einkünfte in gewerbliche Einkünfte zu vermeiden. Die konkreten Umstände des Falles sind stets entscheidungserheblich.
Neben den Aspekten der Rechtsform (Partnerschaftsgesellschaft) und dem Berufsbild (hier: Zahnarzt) stellt das FG bei der Beurteilung der „leitenden“ und „eigenverantwortlichen“ Tätigkeit quantitative (Anteil am Gesamtumsatz 0,028%, sporadische Anwesenheit, meistens Dienstags) sowie qualitative Kriterien (Behandlung am Patienten, Patientenberatung, konsiliarische Tätigkeit, Patientenakquise, Managementtätigkeit, Verwaltungsaufgaben, Hausmeistertätigkeit) in dem Mittelpunkt der Betrachtung. Eine Einbindung in die Arbeitsorganisation des Zahnarztes war nach den Tatsachenfeststellungen des FG nicht erkennbar; eine arbeitstägliche Anwesenheit quasi nicht vorhanden. Die Zuteilung von Managementaufgaben auf einen Gesellschafter hält das FG zwar für grundsätzlich möglich, aber in vollem Umfang für nicht berufsbildprägend. Der BFH wird zur Würdigung der vorgenannten Umstände des Einzelfalles abschließend Stellung nehmen (VIII R 4/22).
Nach dem FG kommt es nicht darauf an, ob der Zahnarzt seinen zahnärztlichen Versorgungsauftrag (noch) erfüllt, da dies allein Abrechnungsmodalitäten beträfe. Dies greift m.E. zu kurz, da der Zahnarzt in ausreichendem Maß zur Versorgung von Versicherten zur Verfügung stehen muss und sich hieraus ein – quantitatives – Hilfskriterium hätte ergeben können, selbst wenn keine Vorgaben zu Mindestsprechstunden bestehen. Argumentativ wäre ein entsprechender Rückgriff auf die Entzugsvorschriften möglich, wenn der Zahnarzt seine Tätigkeit nicht mehr ausübt (§§ 95 Abs. 6 S. 1, 72 Abs. 1 Satz 2 SGB V).
Das FG lässt weiter offen, ob die gewerbesteuerliche Bagatellgrenze von 3 Prozent hier angewendet werden kann.
Ergänzende Praxishinweise:
Angesichts der Umstände des Einzelfalls ist schwer vorstellbar, dass der BFH zu einem anderen Ergebnis kommt. Zumindest wünschenswert wäre eine weitere Konkretisierung der o.g. Kriterien durch den BFH. Für die konkrete Vertragsgestaltung in der Praxis wären damit weitere Chancen eröffnet, die steuerlichen Anforderungen entsprechend belastbar umzusetzen. Bis dahin sollte in Einklang mit den Mindestanforderungen aus dem Versorgungsauftrag (Voll- oder Teilzulassung) auch eine nennenswerte Tätigkeit „am Patienten“ erfolgen.