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Gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice?

Was für eine unsinnige und viel zu kurz gedachte Forderung
Gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice?
Frage des Tages
12.01.2021

Gesetzlicher Anspruch auf Homeoffice?

Was für eine unsinnige und viel zu kurz gedachte Forderung

Dieser Tage brauchen wir viele gute Ideen, um das Coronavirus erfolgreich zurückzudrängen. Alles, was dazu beitragen kann, die Pandemie zu bekämpfen, gehört diskutiert und erforderlichenfalls schnellstmöglich umgesetzt. Da darf das Arbeitsrecht nicht außen vor bleiben. Aber nicht alles, was im Kampf gegen das Virus auf den ersten Blick Erfolg verspricht, ist wirklich dienlich. Und manches Mal muss man auch nichts tun, und stattdessen einfach machen. So verhält es sich mit der Forderung nach einem gesetzlich geregelten Anspruch auf einen Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden, auch Homeoffice genannt. Dieses möglicherweise vielversprechende Instrument zur Pandemiebekämpfung muss nicht erst geschaffen werden. Es ist schon längst da!

Ein kurzes Beispiel: Ein Arbeitnehmer fürchtet um eine Infektion mit dem Coronavirus im Großraumbüro. Die Mindestabstände zwischen den Mitarbeitern werden zwar eingehalten und eine Maske wird auch durchweg von den Kollegen getragen. Dennoch kommt es immer wieder zu Begegnungen auf dem Büroflur. Und auch die gemeinsame Nutzung der sanitären Einrichtungen durch das im Großraumbüro tätige Personal hinterlässt bei vielen Mitarbeitern eine mulmiges Gefühl. Hinzu kommen auch Phasen, in denen der Mundschutz nicht schützt, weil ein Arbeitnehmer etwas trinkt oder Kleinigkeit isst. Schließlich muss der Arbeitnehmer für seinen Weg ins Büro und zurück öffentliche Verkehrsmittel nutzen, da ihm eine eigener Pkw nicht zur Verfügung steht. Was nun?

 

Wer hier einen gesetzlichen Anspruch des Arbeitnehmers auf einen Homeofficearbeitsplatz einfordert, weiß nicht, dass das Gesetz einen solchen Anspruch längst vorsieht. Zuzugeben ist lediglich, dass das Gesetz nicht ausdrücklich von Homeoffice spricht. Allerdings trifft den Arbeitgeber nach § 618 BGB eine allgemeine Pflicht zur Fürsorge. Das wiederum kann bedeuten, dass der Arbeitgeber gehalten ist, es seinem Arbeitnehmer zu erlauben, dass dieser vorübergehend von zu Hause aus arbeitet. Wenn nur so einem nennenswerten Infektionsrisiko begegnet werden kann, erfüllt der Arbeitgeber mit der dem Arbeitnehmer eingeräumten Möglichkeit eines Homeoffice letztlich seine aus § 618 BGB abgeleitete Pflicht zur Fürsorge. Natürlich ist das alles immer eine Frage des Einzelfalls. So muss der Arbeitnehmer unter anderem sicherstellen können, dass bei einer Arbeit im Homeoffice dem Datenschutz im erforderlichen Umfang Rechnung getragen werden kann. Auch muss der heimische Arbeitsplatz ganz grundsätzlich für eine Büroarbeit geeignet sein, was schon schwierig wird, wenn allein ein Hocker in der Küche als Arbeitsstuhl und ein Teil des Esszimmertisches als Schreibtischersatz zur Verfügung stehen. Damit ist auch schon das eigentliche Problem beschrieben. Es geht nicht um die gesetzliche Regelung, die dem Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz zu Hause ermöglicht. Es geht um die notwendigen Voraussetzungen, die entweder vorhanden sind oder erst geschaffen werden müssen, damit eine Arbeit von zu Hause überhaupt möglich wird. Wer kontrolliert die Einhaltung des Datenschutzes? Wer prüft die Arbeitsplatzsicherheit? Und wer bezahlt das alles?

Das heißt: Der Anspruch auf einen Arbeitsplatz zu Hause ist längst gesetzlich geregelt. Die Forderung nach einem solchen Anspruch geht also ins Leere. Wichtig sind ganz andere Fragen, über die man dringend diskutieren muss. Wie schaffen wir in Privathaushalten Umstände, die die Arbeit von zu Hause erst ermöglicht und wer kommt dafür finanziell in welchem Umfang auf?

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Autor(en)


Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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