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Genügt es im Rahmen des § 18 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV, dem Zulassungsausschuss eine veraltete Mietoptionsbestätigung vorzulegen?

Genügt es im Rahmen des § 18 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV, dem Zulassungsausschuss eine veraltete Mietoptionsbestätigung vorzulegen?
Frage des Tages
01.08.2024

Genügt es im Rahmen des § 18 Abs. 1 S. 2 Ärzte-ZV, dem Zulassungsausschuss eine veraltete Mietoptionsbestätigung vorzulegen?

Nein, sagt das Landessozialgericht (LSG) Berlin-Brandenburg (LSG Berlin-Brandenburg, Urt. v. 24.04.2024 – L 7 KA 4/22). Gibt ein Bewerber um einen Vertragsarztsitz auch noch im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss nur eine Anschrift für Praxisräume an, die von vornherein nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht genutzt werden können, erfüllt dies die Anforderungen des § 18 Abs 1 S 2 Ärzte-ZV an die Angabe des Vertragsarztsitzes im Zulassungsantrag nicht und ist dieser Bewerber im Zulassungsverfahren nicht berücksichtigungsfähig.

In den Entscheidungsgründen des Urteils heißt es:

„Nach § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV ist im Zulassungsantrag anzugeben, für welchen Vertragsarztsitz die Zulassung beantragt wird. Gemeint ist die konkrete Praxisanschrift (vgl. BSG, Urteil vom 13. Mai 2015, B 6 KA 25/14 R, zitiert nach juris, Rn. 34). Für eine wirksame Antragstellung ist erforderlich, dass die Praxisanschrift spätestens in der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss benannt wird (vgl. § 26 Abs. 4 Nr. 2 Satz 2 Bedarfsplanungsrichtlinie, wonach der Zulassungsausschuss bei dem Auswahlverfahren nur vollständig abgegebene Zulassungsanträge berücksichtigt; vgl. Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 18 Rn. 5; Kirchhoff, in: Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, BeckOK Sozialrecht, Ärzte-ZV, § 18 Rn. 6; Ladurner, Ärzte-ZV, § 18 Rn. 17 f.). Dies ergibt sich auch daraus, dass die Zulassung gemäß §§ 95 Abs. 1 Satz 5 SGB V, 24 Abs. 1 Ärzte-ZV für den Vertragsarztsitz erfolgt. Eine Zulassungsentscheidung ohne Praxisanschrift ist daher nicht möglich.

Der Kläger hatte im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss am 15. August 2018 keine Praxisanschrift i.S.d. § 18 Abs. 1 Satz 2 Ärzte-ZV angegeben. Sein Hinweis in der E-Mail vom 2. August 2018 auf die Adresse A S B, stellte keine ausreichende Angabe einer Praxisanschrift dar.

Zwar dürfen die Anforderungen an die örtliche Konkretisierung der vertragsärztlichen Tätigkeit im Rahmen der Antragsstellung nicht überspannt werden (vgl. Ladurner, Ärzte-ZV, § 18 Rn. 16). Insbesondere dürfte vom antragstellenden Arzt nicht verlangt werden können, bereits im Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss die Möglichkeit der Nutzung von Praxisräumen durch einen geschlossenen Mietvertrag nachzuweisen (vgl. Kirchhoff, in: Rolfs/Giesen/Meßling/Udsching, BeckOK Sozialrecht, Ärzte-ZV, § 18 Rn. 6; Bäune/Meschke/Rothfuß, Ärzte-ZV, § 18 Rn. 8). Ungenügend sind Angaben zum Vertragsarztsitz in einem bestimmten Zulassungsverfahren aber jedenfalls dann, wenn die benannten Praxisräume von vornherein nach allgemeiner Lebenserfahrung (vgl. zu diesem Maßstab LSG Niedersachsen-Bremen, L 3 KA 16/19, zitiert nach juris, Rn. 60; BSG, Urteil vom 2. September 2009, B 6 KA 27/08 R, zitiert nach juris, Rn. 50: „lebensnah“) nicht genutzt werden können. Ließe man auch solche Angaben für einen wirksamen Zulassungsantrag ausreichen, liefe dies auf die Anerkennung bloßer fiktiver Angaben zum Vertragsarztsitz hinaus. Die Vorgabe des Normgebers in § 18 Ärzte-ZV, im Antrag anzugeben, für welchen Vertragsarztsitz die Zulassung beantragt wird, liefe damit leer und die Zulassung für einen bestimmten Vertragsarztsitz ginge von vornherein ins Leere. Zudem spricht für die Unzulässigkeit von Anträgen, mit denen von vornherein nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht nutzbare Praxisräume benannt werden und die somit nicht einmal eine gewisse Gewähr für die spätere Niederlassung an dem benannten Ort bieten, das mit solchen Anträgen einhergehende erhöhte Risiko, dass die Zulassung nicht ernsthaft begehrt und von ihr trotz Zuschlags kein Gebrauch gemacht wird oder werden kann. Dieses Risiko hinzunehmen erscheint auch in Anbetracht der Funktion des Zulassungsverfahrens, eine möglichst zügige Patientenversorgung zu gewährleisten, nicht sachgerecht.

Gemessen daran war der Zulassungsantrag des Klägers nicht berücksichtigungsfähig, weil die von ihm bis zur mündlichen Verhandlung vor dem Zulassungsausschuss angegebenen Praxisräume A S B, bezogen auf den Zulassungsantrag vom 29. Mai 2018 von vornherein nach allgemeiner Lebenserfahrung nicht nutzbar waren. Die Angabe dieser Praxisräume beruhte auf einer „Mietoptionsbestätigung“ vom 27. Februar 2014, die somit im Zeitpunkt des Zulassungsantrags vom 29. Mai 2018 bereits über vier Jahre alt war. Aus dem Schreiben der A GmbH folgt zudem, dass seit dieser Bestätigung kein Kontakt mehr zum Vermieter bestanden hatte. Davon auszugehen, die in Berlin gelegenen Räume seien auch noch im Jahr 2018 für den Kläger nutzbar, obwohl seit Jahren kein Kontakt mehr zum Vermieter bestand, widerspricht jeder Lebenserfahrung.“

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Autor(en)


Katrin-C. Beyer, LL.M.
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Medizinrecht

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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