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Gefährliches Werkzeug (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB) und versuchter schwerer Bandendiebstahl (§ 244a Abs. 1 StGB)

Gefährliches Werkzeug (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB) und versuchter schwerer Bandendiebstahl (§ 244a Abs. 1 StGB)
Aktuelles
16.08.2024

Gefährliches Werkzeug (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 a) StGB) und versuchter schwerer Bandendiebstahl (§ 244a Abs. 1 StGB)

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden (BGH, Beschl. v. 03.07.2024 – 5 StR 535/23[aus den Entscheidungsgründen]):

„Die Ablehnung einer Verurteilung der Angeklagten wegen versuchten Diebstahls in einem qualifizierten Fall (§ 244 Abs. 1, § 244a Abs. 1 StGB) hält rechtlicher Nachprüfung nicht stand.

(…) Das gilt zunächst – wie von der Beschwerdeführerin ausdrücklich geltend gemacht – hinsichtlich des Tatbestands des versuchten Diebstahls mit Waffen (§ 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB).

Die im Sparkassengebäude tätigen Angeklagten haben die dorthin verbrachten Gegenstände im Sinne der Vorschrift bei sich geführt. Hierzu genügt bei einem mitgebrachten Werkzeug, dass es sich für den Täter in Griffweite befand oder er sich seiner jederzeit ohne nennenswerten Zeitaufwand bedienen konnte (BGH, Beschluss vom 5. Oktober 2016 – 3 StR 328/16). Zu den Gerätschaften gehörten mehrere Einbruchswerkzeuge, bei denen die Strafkammer ausgehend von einem unrichtigen rechtlichen Maßstab eine Einordnung als gefährliches Werkzeug im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a StGB vorschnell abgelehnt und daher versäumt hat, zu ihnen nähere Feststellungen zu treffen.

Für eine solche Einordnung reicht es aus, wenn ein Gegenstand seiner objektiven Beschaffenheit nach geeignet ist, einem Opfer erhebliche Körperverletzungen zuzufügen, etwa bei einem Einsatz als Stichwerkzeug (BGH, Urteil vom 18. Februar 2010 – 3 StR 556/09, BGHR StGB § 250 Abs. 2 Nr. 1 Verwenden 9). Für mehrere der von den Angeklagten mitgeführten Gegenstände liegt eine solche Eignung allein angesichts ihrer Bezeichnung nahe, etwa für den Vorschlaghammer, den Bohrhammer, den Meißel mit Gummigriff und den Spitzmeißel. Entgegen der Auffassung des Landgerichts steht einer Bewertung als gefährliches Werkzeug nicht entgegen, dass ein Gegenstand dem Täter nur als Aufbruchswerkzeug dient, weil die aus seiner Beschaffenheit resultierende objektive Gefährlichkeit hierdurch nicht reduziert wird. Für § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB genügt vielmehr schon die mit dem Beisichführen verbundene latente Gefahr des Gebrauchs eines derartigen Gegenstands (vgl. nur BGH, Urteil vom 20. Juni 2023 – 5 StR 67/23 mwN, NStZ 2023, 733).

Ein zusätzliches subjektives Element, etwa eine Verwendungsabsicht oder einen Verwendungsvorbehalt des Täters, enthält § 244 Abs. 1 Nr. 1a StGB nicht (eingehend BGH, Beschluss vom 3. Juni 2008 – 3 StR 246/07, BGHSt 52, 257 Rn. 30 f.). Der Gesetzgeber hat diese vom Bundesgerichtshof mit Blick auf den Wortlaut der Norm, ihre Systematik sowie ihren Sinn und Zweck vorgenommene Auslegung und die daraus folgende Notwendigkeit einer Abgrenzung allein nach objektiven Kriterien gebilligt und ausgehend hiervon durch das 44. StRÄndG vom 1. November 2011 eine Strafdrohung für minder schwere Fälle geschaffen (§ 244 Abs. 3 StGB), um sicherzustellen, dass in jedem Einzelfall eine angemessene Strafe verhängt werden kann (BT-Drucks. 17/4143, S. 7 f.).

(…) Darüber hinaus erweist sich auch die Verneinung eines versuchten schweren Bandendiebstahls (§ 244a Abs. 1 StGB) als rechtsfehlerhaft, weil sich das Landgericht dabei von unzutreffenden rechtlichen Maßstäben hat leiten lassen.

Eine Bande im Sinne des § 244a Abs. 1 StGB setzt den Zusammenschluss von mindestens drei Personen mit dem Willen voraus, künftig für eine gewisse Dauer mehrere selbstständige, im Einzelnen noch ungewisse Diebstähle zu begehen. Nicht erforderlich ist die gegenseitige verbindliche Verpflichtung zur Begehung bestimmter Delikte; es genügt vielmehr auch die Übereinkunft, in Zukunft sich ergebende günstige Gelegenheiten zu gemeinsamer Tatbegehung zu nutzen. Das Vorliegen einer Bandenabrede kann zwar auch aus dem konkret feststellbaren, wiederholten deliktischen Zusammenwirken mehrerer Personen hergeleitet werden (siehe nur BGH, Urteil vom 22. Mai 2019 – 2 StR 353/18), es kann sich aber auch aus anderen Umständen ergeben. Eine bandenmäßige Begehung kommt bereits ab der ersten von einer Tätergruppierung begangenen Tat in Betracht.

Diesen Vorgaben entspricht es schon nicht, dass das Landgericht für die Frage der Bandenabrede allein die Angeklagten Ce.   , C.    und T.     in den Blick genommen hat. Aber auch seine Ausführungen zu diesen Angeklagten sind rechtsfehlerhaft: Denn entgegen der Ansicht des Landgerichts ist bedeutungslos, dass der Angeklagte T.     in einem bereits anhängigen Verfahren, das eine potentielle frühere Bandentat betrifft, bislang nicht angeklagt worden ist. Soweit die Strafkammer mit dem Hinweis, seine Rolle habe dort in dem Verkauf eines möglichen Tatfahrzeuges bestanden, darauf abgestellt haben sollte, der Angeklagte T.     sei dort lediglich als Gehilfe tätig geworden, wäre zudem verkannt worden, dass einer Bandenmitgliedschaft nicht entgegensteht, wenn ein einzelner Beteiligter stets nur Gehilfe sein soll (vgl. BGH, Urteil vom 12. Januar 2022 – 6 StR 388/21, NStZ-RR 2022, 114). Dass der früheren Tat der Angeklagten Ce.  , C.    und T.     ein abweichender ´modus operandi´ zugrunde gelegen haben soll, schlösse ebenfalls nicht aus, dass sie im Rahmen einer Bandenabrede begangen wurde. Der Fall eines völlig anderen Tatmusters (vgl. hierzu BGH, Beschluss vom 12. November 2015 – 3 StR 346/15, StV 2016, 556) ist nicht dargetan. In der Wendung, der im Vorfeld der Tat betriebene hohe Aufwand lasse ´nicht den zwingenden Schluss zu´, dass eine Mehrzahl von gleichartigen Straftaten geplant sei, offenbart sich überdies ein falscher Maßstab für die richterliche Überzeugungsbildung (vgl. nur BGH, Urteil vom 16. Februar 2022 – 5 StR 320/21, NStZ 2023, 568). Denn tatsächliche Schlüsse des Tatgerichts müssen nicht zwingend sein. Es genügt, dass sie möglich sind und das Tatgericht von ihrer Richtigkeit überzeugt ist (vgl. BGH, Beschluss vom 14. April 2020 – 5 StR 14/20, NJW 2020, 2741).“

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Autor(en)

Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

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