33 Fragen und Antworten zum Homeoffice
Deutschland sucht im Hinblick auf die Coronavirus Pandemie nach Möglichkeiten zur Verringerung des Infektionsrisikos. Dazu soll eine verstärkte Arbeit von Arbeitnehmern im Homeoffice gehören. Rechtliche Grundlage ist (auch) eine weitere Verordnung, nämlich die Corona-Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV v. 21.01.2021). In diesem Zusammenhang stellen sich eine Reihe von Fragen aus den verschiedensten Rechtsgebieten. Wir versuchen, die wichtigsten Fragen zu beantworten.
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Siehe auch den Beitrag von Schiefer in DB 2021, 114 ff. [„Mobile Arbeit – Aktuelle Fragen und der 2. Referentenentwurf „Mobile-Arbeit-Gesetz“ (MAG)]“ sowie den Kurzbeitrag von Jahn in DB 2021, 683 f. [„Homeoffice: SARS-CoV-2 Arbeitsschutzverordnung (Corona-ArbSchV) verlängert“]
Beachten Sie auch unserer Beitrag „Gerichtsentscheidungen im Zusammenhang mit dem Coronavirus“!
Die zuletzt geänderten und/oder ergänzten Antworten auf die gestellten Fragen sind mit NEU gekennzeichnet.
An eine Fragenübersicht schließt sich die ausführliche Beantwortung einer jeden Frage an.
Letzte Aktualisierung: 9. April 2021
NEU Frage 1: Wie lautet der Text der Verordnung?
Frage 2: Gab es nicht immer schon eine Verpflichtung der Arbeitgeber, einen Homeoffice-Arbeitsplatz anzubieten?
Frage 3: Was ist der Zweck der Corona-Arbeitsschutzverordnung?
Frage 4: Gilt die Verordnung auch für kleinere Betriebe?
Frage 5: Was ist das wesentliche Instrument zum Infektionsschutz, das die Verordnung vorsieht?
Frage 6: Hat jetzt jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice?
Frage 7: Muss der Arbeitnehmer im Homeoffice arbeiten? Kann der Arbeitnehmer gegen seinen Willen zur Arbeit im Homeoffice gezwungen werden?
Frage 8: Was ist, wenn der Arbeitgeber keinen Homeoffice-Arbeitsplatz anbietet, obwohl er nach der Verordnung dazu verpflichtet ist?
Frage 9: Wer trägt die Beweislast dafür, dass eine Arbeit im Homeoffice nicht möglich ist? Was kann der Verlagerung von Arbeit ins Homeoffice entgegenstehen?
NEU Frage 10: Was gilt für Arbeitsplätze, die eine Arbeit im Homeoffice nicht zulassen?
Frage 11: Was gilt für ein zeitversetztes Arbeiten?
Frage 12: Muss es eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Arbeit des Arbeitnehmers im Homeoffice geben?
Frage 13: Wie sieht es mit räumlichen und technischen Maßnahmen bei der Einrichtung eines Arbeitsplatzes im Homeoffice aus?
NEU Frage 14: Was regelt die Verordnung zur sog. Maskenpflicht? Gilt im Büro eine allgemeine Maskenpflicht?
Frage 15: Wer trägt die Kosten für die Beschaffung des Mund-Nasen-Schutzes?
Frage 16: Was hat es mit der Gefährdungsbeurteilung auf sich?
Frage 17: Wie sieht es mit dem Datenschutz im Homeoffice aus?
Frage 18: Was ist im Mietrecht (Wohnungsmiete) zu beachten?
Frage 19: Was ist mit dem Arbeitsschutz im Übrigen?
Frage 20: Muss der Arbeitgeber den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers kontrollieren?
Frage 21: Wie steht es um die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats?
Frage 22: Was gilt im Hinblick auf die im Homeoffice maßgebliche Arbeitszeit?
Frage 23: Die Verordnung tritt am 30.04.2021 außer Kraft – kann die Geltungsdauer der Verordnung verlängert werden?
Frage 24: Wie hoch ist ein mögliches Bußgeld bei einem Verstoß gegen die Verordnung?
Frage 25: An wen können sich Arbeitnehmer wenden, wenn sie glauben, dass sich der Arbeitgeber nicht an die Verordnung hält?
Frage 26: Gilt die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung auch für Auszubildende?
NEU Frage 27: Gilt die SARS-CoV-2-Arbeitsschutverordnung auch für Pausenräume? Was ist mit den sanitären Einrichtungen?
Frage 28: Welche Maßnahmen hat der Arbeitgeber außerhalb der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung zu beachten?
Frage 29: Kann die zuständige Arbeitsschutzbehörde die Arbeit untersagen?
Frage 30: Was gilt, wenn ein Homeoffice-Arbeitnehmer oder einer seiner Familienangehörigen einen Schaden an den ihm zur Nutzung überlassenen Arbeitsmitteln wie PC, Laptop oder Smartphone herbeiführt?
Frage 31: Wie verhält es sich mit der sog. Homeoffice-Pauschale?
NEU Frage 32: Welche rechtliche Qualität besitzen FAQ?
NEU Frage 33. Muss in jedem Betrieb ein Hygienekonzept bestehen?
NEU Frage 1: Wie lautet der Text der Verordnung?
Nach dem im Bundesanzeiger veröffentlichten Text lautet dieser wie folgt:
Auf Grund des § 18 Absatz 3 des Arbeitsschutzgesetzes, der durch Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe b des Gesetzes vom 22. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3334) eingefügt worden ist, verordnet das Bundesministerium für Arbeit und Soziales:
- 1 Ziel und Anwendungsbereich
(1) Diese Verordnung dient dem Ziel, das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bei der Arbeit zu minimieren und Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.
(2) Die Arbeitsschutzverordnungen gemäß § 18 Absatz 1 und 2 des Arbeitsschutzgesetzes und abweichende Vorschriften der Länder zum Infektionsschutz, insbesondere im Zusammenhang mit der Betreuung von Kindern sowie weitergehende Vorschriften der Länder und die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel bleiben unberührt.
- 2 Maßnahmen zur Kontaktreduktion im Betrieb
(1) Der Arbeitgeber hat gemäß der §§ 5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes die Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich zusätzlich erforderlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes unter Berücksichtigung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel zu überprüfen und zu aktualisieren.
(2) Der Arbeitgeber hat alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um betriebsbedingte Personenkontakte zu reduzieren. Die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen ist auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren. Die Maßnahmen gelten auch für Pausenbereiche.
(3) Betriebsbedingte Zusammenkünfte mehrerer Personen sind auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren und nach Möglichkeit durch die Verwendung von Informationstechnologie zu ersetzen. Können solche betriebsnotwendigen Zusammenkünfte nicht durch Informationstechnologie ersetzt werden, so hat der Arbeitgeber durch andere geeignete Schutzmaßnahmen den gleichwertigen Schutz der Beschäftigten sicherzustellen, insbesondere durch Lüftungsmaßnahmen, geeignete Abtrennungen zwischen den anwesenden Personen oder sonstige im Hygienekonzept ausgewiesene Maßnahmen.
(4) Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.
(5) Ist die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen erforderlich, so darf eine Mindestfläche von 10 Quadratmetern für jede im Raum befindliche Person nicht unterschritten werden. Lassen zwingende betriebsbedingte Gründe, insbesondere die auszuführenden Tätigkeiten oder die baulichen Verhältnisse, die Einhaltung der Mindestfläche nach Satz 1 nicht zu, hat der Arbeitgeber durch andere geeignete Schutzmaßnahmen den gleichwertigen Schutz der Beschäftigten sicherzustellen, insbesondere durch:
- Lüftungsmaßnahmen,
- geeignete Abtrennungen zwischen den anwesenden Personen,
- Tragepflicht von Mund-Nase-Schutz oder Atemschutzmasken für alle anwesenden Personen,
- sonstige im Hygienekonzept ausgewiesene Maßnahmen.
(6) In Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten sind die Beschäftigten in möglichst kleine Arbeitsgruppen einzuteilen. Personenkontakte zwischen den einzelnen Arbeitsgruppen im Betriebsablauf sowie Änderungen dieser Einteilung sind auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren. Zeitversetztes Arbeiten ist zu ermöglichen, soweit die betrieblichen Gegebenheiten dies zulassen.
- 3 Betriebliche Hygienekonzepte
(1) Der Arbeitgeber hat auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach § 2 Absatz 1 und unter Berücksichtigung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel in einem Hygienekonzept die erforderlichen Maßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz festzulegen und umzusetzen. Zur weiteren Orientierung über geeignete Maßnahmen nach Satz 1 können insbesondere die branchenbezogenen Handlungshilfen der Unfallversicherungsträger herangezogen werden.
(2) Die Vorgaben des Absatzes 1 hat der Arbeitgeber insbesondere nach der Wiederaufnahme von betrieblichen Tätigkeiten nach der Aufhebung von infektionsschutzrechtlichen Untersagungen und Beschränkungen zu beachten.
(3) Das betriebliche Hygienekonzept ist in der Arbeitsstätte den Beschäftigten in geeigneter Weise zugänglich zu machen.
- 4 Mund-Nase-Schutz, Atemschutz
(1) Der Arbeitgeber hat medizinische Gesichtsmasken (Mund-Nase-Schutz) zur Verfügung zu stellen, wenn
- die Anforderungen an die Raumbelegung nach § 2 nicht eingehalten werden können, oder
- der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, oder
- wenn Wege vom und zum Arbeitsplatz innerhalb von Gebäuden zurückgelegt werden.
(1a) Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass ein Schutz der Beschäftigten durch Mund-Nase-Schutz nicht ausreichend ist und Masken mit der Funktion des Eigenschutzes notwendig sind, sind die in der Anlage bezeichneten Atemschutzmasken bereitzustellen. Dies gilt insbesondere, wenn
- bei ausgeführten Tätigkeiten mit einer Gefährdung durch erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen ist, oder
- bei betriebsbedingten Tätigkeiten mit Kontakt zu anderen Personen eine anwesende Person einen Mund-Nase-Schutz nicht tragen muss.
(1b) Die Beschäftigten haben die vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellenden Masken oder mindestens gleichwertige Masken zu tragen.
(2) Der zur Verfügung gestellte Mund-Nase-Schutz muss bis einschließlich 25. Mai 2021 den Anforderungen der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1), die zuletzt durch Artikel 2 der Richtlinie 2007/47/EG (ABl. L 247 vom 21.9.2007, S. 21) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entsprechen. Die Atemschutzmasken müssen der Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates (ABl. L 81 vom 31.3.2016, S. 51) oder der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung vom 25. Mai 2020 (BAnz AT 26.05.2020 V1) genügen.
(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 1a kann der Arbeitgeber andere ebenso wirksame Maßnahmen treffen.
- 5 Inkrafttreten, Außerkrafttreten
Diese Verordnung tritt am fünften Tag nach der Verkündung in Kraft; sie tritt mit Ablauf des 30. April 2021 außer Kraft.
Frage 2: Gab es nicht immer schon eine Verpflichtung der Arbeitgeber, einen Homeoffice-Arbeitsplatz anzubieten?
Natürlich gab es schon immer eine solche Pflicht des Arbeitgebers. Zugegeben ist, dass die maßgebliche Bestimmung, nämlich § 618 BGB, sehr unbestimmt formuliert ist. Das Wort Homeoffice oder auch nur annähernd Vergleichbares findet sich in der Bestimmung nicht. Und dennoch ist das die Rechtsgrundlage für einen Anspruch des Arbeitnehmers auf Homeoffice. Unterschiede zu der jetzt veröffentlichten Verordnung (Corona-ArbSchV v. 21.01.2021) sind vorhanden, aber in vielen Fällen nicht relevant.
Frage 3: Was ist der Zweck der Corona-Arbeitsschutzverordnung?
In § 1 Abs. 1 der Verordnung heißt es dazu:
„Diese Verordnung dient dem Ziel, das Risiko einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 bei der Arbeit zu minimieren und Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten zu schützen.“
Frage 4: Gilt die Verordnung auch für kleinere Betriebe?
Ja, denn die Verordnung differenziert grundsätzlich nicht nach einer bestimmten Betriebsgröße. Lediglich in § 2 Abs. 6 der Verordnung ist in dem dort maßgeblichen Zusammenhang die Rede von einem Betrieb mit mehr als zehn Beschäftigten.
Frage 5: Was ist das wesentliche Instrument zum Infektionsschutz, das die Verordnung vorsieht?
Das wesentliche Instrument zum Infektionsschutz ist nach der Verordnung die Reduzierung von Kontakten. So heißt es in § 2 Abs. 2 der Verordnung:
„Der Arbeitgeber hat alle geeigneten technischen und organisatorischen Maßnahmen zu treffen, um betriebsbedingte Personenkontakte zu reduzieren. Die gleichzeitige Nutzung von Räumen durch mehrere Personen ist auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren.“
Frage 6: Hat jetzt jeder Arbeitnehmer einen Anspruch auf Arbeit im Homeoffice?
Nein, das ist ja gar nicht möglich. Wie soll der Industriearbeiter, die Krankenschwester, die Pflegekraft, der Busfahrer usw. von zu Hause aus arbeiten? Das geht gar nicht! Der Anspruch ist daher nur dort denkbar, wo es um Arbeiten geht, die als solche auch von zu Hause aus erledigt werden können. Dabei geht es im Wesentlichen um sog. Büroarbeiten. Entsprechend heißt es in § 2 Abs. 4 der Verordnung:
„Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.“
Frage 7: Muss der Arbeitnehmer im Homeoffice arbeiten? Kann der Arbeitnehmer gegen seinen Willen zur Arbeit im Homeoffice gezwungen werden?
Nein, es gibt für betroffene Arbeitnehmer keinen Zwang zur Arbeit im Homeoffice. In § 2 Abs. 2 der Verordnung heißt es lediglich:
„Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.“
Es geht also lediglich um ein Angebot des Arbeitgebers, welches der Arbeitnehmer annehmen kann, aber nicht annehmen muss.
Frage 8: Was ist, wenn der Arbeitgeber keinen Homeoffice-Arbeitsplatz anbietet, obwohl er nach der Verordnung dazu verpflichtet ist?
Hier sind zwei Dinge zu unterscheiden. Das Verhältnis zwischen den Arbeitsvertragsparteien Arbeitgeber und Arbeitnehmer sowie das Verhältnis des Arbeitgebers zu den staatlichen Aufsichtsbehörden.
Im Verhältnis der Arbeitsvertragsparteien zueinander steht dem Arbeitnehmer nach der Verordnung ein Anspruch auf Homeoffice nicht zu. Auch § 618 BGB gewährt einen solchen (klagbaren) Anspruch unseres Erachtens nicht. Allerdings steht dem Arbeitnehmer ggf. das Recht zu, die Arbeit im Büro zu verweigern (sog. Leistungsverweigerungsrecht); gleichzeitig ist der Arbeitnehmer auch ohne Arbeitsleistung uneingeschränkt zu vergüten. So gerät der Arbeitgeber mittelbar unter Druck.
Hinsichtlich des Verhältnisses zwischen dem Arbeitgeber und den staatlichen Aufsichtsbehörden heißt es in der Begründung zu der hier maßgeblichen Verordnung:
„Die Regelung verpflichtet Arbeitgeber bei Büroarbeiten oder vergleichbaren Tätigkeiten das Arbeiten im Homeoffice zu ermöglichen. Die Belange von Beschäftigten mit Behinderungen sind zu beachten. Nur wenn zwingende betriebliche Gründe entgegenstehen, kann von einer Verlagerung dieser Tätigkeiten abgesehen werden. Die zuständige Behörde kann vom Arbeitgeber oder von den verantwortlichen Personen die zur Durchführung ihrer Überwachungsaufgabe erforderlichen Auskünfte und die Überlassung von entsprechenden Unterlagen verlangen. Wird eine Anordnung nicht innerhalb einer gesetzten Frist oder eine für sofort vollziehbar erklärte Anordnung nicht sofort ausgeführt, kann die zuständige Behörde die von der Anordnung betroffene Arbeit untersagen (§ 22 ArbSchG).“
Frage 9: Wer trägt die Beweislast dafür, dass eine Arbeit im Homeoffice nicht möglich ist? Was kann der Verlagerung von Arbeit ins Homeoffice entgegenstehen?
Nach den Verordnungstext trägt der Arbeitgeber die Beweislast dafür, dass eine Arbeit im Homeoffice nicht möglich ist. In § 2 Abs. 4 der Verordnung heißt es:
„Der Arbeitgeber hat den Beschäftigten im Fall von Büroarbeit oder vergleichbaren Tätigkeiten anzubieten, diese Tätigkeiten in deren Wohnung auszuführen, wenn keine zwingenden betriebsbedingten Gründe entgegenstehen.“
Die Bestimmung enthält ein Regel-Ausnahme-Prinzip. Homeoffice ist in bestimmten Fällen der Regelfall, die Arbeit im Büro die Ausnahme.
Mögliche Gründe, die dem Homeoffice entgegenstehen können, sind zahlreich. Neben an sich gar nicht für das Homeoffice geeigneten Jobs (der bereits erwähnte Krankenpfleger, siehe Frage 6) kommt Homeoffice überall dort nicht in Betracht, wo die Tätigkeit des Arbeitnehmers Aufgaben umfasst, die zwingend vom Büro aus erledigt werden müssen. so wie beispielsweise die Bearbeitung und Verteilung der eingehenden Post, eine eventuelle Ausgabe von Arbeitsmaterial, die Bearbeitung des Warenein- oder -ausgangs oder die mit Präsenz im Büro zwingend verbundene Betreuung von Kunden. Auch die Sicherstellung der Ersten Hilfe im Betrieb kann einem Wechsel ins Homeoffice entgegenstehen.
NEU Frage 10: Was gilt für Arbeitsplätze, die eine Arbeit im Homeoffice nicht zulassen?
Hierzu regelt unter anderem § 2 Abs. 5 Satz 2 der Verordnung Folgendes:
„Lassen zwingende betriebsbedingte Gründe, insbesondere die auszuführenden Tätigkeiten oder die baulichen Verhältnisse, die Einhaltung der Mindestfläche nach Satz 1 nicht zu, hat der Arbeitgeber durch andere geeignete Schutzmaßnahmen den gleichwertigen Schutz der Beschäftigten sicherzustellen, insbesondere durch:
- Lüftungsmaßnahmen,
- geeignete Abtrennungen zwischen den anwesenden Personen,
- Tragepflicht von Mund-Nase-Schutz oder Atemschutzmasken für alle anwesenden Personen,
- sonstige im Hygienekonzept ausgewiesene Maßnahmen.“
Darüber hinaus steht in § 2 Abs. 6 der Verordnung:
„In Betrieben mit mehr als zehn Beschäftigten sind die Beschäftigten in möglichst kleine Arbeitsgruppen einzuteilen. Personenkontakte zwischen den einzelnen Arbeitsgruppen im Betriebsablauf sowie Änderungen dieser Einteilung sind auf das betriebsnotwendige Minimum zu reduzieren. Zeitversetztes Arbeiten ist zu ermöglichen, soweit die betrieblichen Gegebenheiten dies zulassen.“
Beachte auch § 3 der Verordnung (sog. Maskenpflicht).
Frage 11: Was gilt für ein zeitversetztes Arbeiten?
Nach § 2 Abs. 6 Satz 2 der Verordnung ist ein zeitversetztes Arbeiten zu ermöglichen, soweit die betrieblichen Gegebenheiten dies zulassen. Das gilt aber erst dann, wenn ein Arbeiten im Homeoffice aus betriebsbedingten Gründen nicht möglich ist. Weiterhin gilt das entsprechend der Systematik der Regelungen in der Verordnung nur für Betriebe mit mehr als zehn Beschäftigten.
Frage 12: Muss es eine Vereinbarung zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber über die Arbeit des Arbeitnehmers im Homeoffice geben?
Ja, grundsätzlich ist das notwendig, wenngleich nicht zwingend schriftlich. Ist ein Betriebsrat vorhanden, ist eine Betriebsvereinbarung denkbar, ggf. ist eine zwingende Mitbestimmung nach dem Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) zu beachten (zu den Fragen betrieblicher Mitbestimmung siehe auch die Frage 21).
Frage 13: Wie sieht es mit räumlichen und technischen Maßnahmen bei der Einrichtung eines Arbeitsplatzes im Homeoffice aus?
Für die Umsetzung eines Homeoffice ist es erforderlich, dass die räumlichen und technischen Voraussetzungen in der Wohnung der Beschäftigten gegeben sind (siehe auch die nachfolgenden Fragen 17 bis 20).
Frage 14: Was regelt die Verordnung zur sog. Maskenpflicht? Gilt im Büro eine allgemeine Maskenpflicht?
Eine allgemeine Maskenpflicht im Betrieb gibt es nicht! Allerdings enthält § 4 der Verordnung folgende Vorgaben:
(1) Der Arbeitgeber hat medizinische Gesichtsmasken (Mund-Nase-Schutz) zur Verfügung zu stellen, wenn
- die Anforderungen an die Raumbelegung nach § 2 nicht eingehalten werden können, oder
- der Mindestabstand von 1,5 Metern nicht eingehalten werden kann, oder
- wenn Wege vom und zum Arbeitsplatz innerhalb von Gebäuden zurückgelegt werden.
(1a) Ergibt die Gefährdungsbeurteilung, dass ein Schutz der Beschäftigten durch Mund-Nase-Schutz nicht ausreichend ist und Masken mit der Funktion des Eigenschutzes notwendig sind, sind die in der Anlage bezeichneten Atemschutzmasken bereitzustellen. Dies gilt insbesondere, wenn
- bei ausgeführten Tätigkeiten mit einer Gefährdung durch erhöhten Aerosolausstoß zu rechnen ist, oder
- bei betriebsbedingten Tätigkeiten mit Kontakt zu anderen Personen eine anwesende Person einen Mund-Nase-Schutz nicht tragen muss.
(1b) Die Beschäftigten haben die vom Arbeitgeber zur Verfügung zu stellenden Masken oder mindestens gleichwertige Masken zu tragen.
(2) Der zur Verfügung gestellte Mund-Nase-Schutz muss bis einschließlich 25. Mai 2021 den Anforderungen der Richtlinie 93/42/EWG des Rates vom 14. Juni 1993 über Medizinprodukte (ABl. L 169 vom 12.7.1993, S. 1), die zuletzt durch Artikel 2 der Richtlinie 2007/47/EG (ABl. L 247 vom 21.9.2007, S. 21) geändert worden ist, in der jeweils geltenden Fassung, entsprechen. Die Atemschutzmasken müssen der Verordnung (EU) 2016/425 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über persönliche Schutzausrüstungen und zur Aufhebung der Richtlinie 89/686/EWG des Rates (ABl. L 81 vom 31.3.2016, S. 51) oder der Medizinischer Bedarf Versorgungssicherstellungsverordnung vom 25. Mai 2020 (BAnz AT 26.05.2020 V1) genügen.
(3) Abweichend von den Absätzen 1 und 1a kann der Arbeitgeber andere ebenso wirksame Maßnahmen treffen.
Zusatzfrage: Darf der Arbeitnehmer eine von ihm selbst beschaffte Maske tragen?
Ja, das darf er, wenn die Maske den Anforderungen der Verordnung Rechnung trägt oder gar höherwertiger ist.
Frage 15: Wer trägt die Kosten für die Beschaffung des Mund-Nasen-Schutzes?
Sieht die Verordnung eine Maskenpflicht vor (siehe dazu die vorhergehenden Frage), hat der Arbeitgeber die mit der Beschaffung der Masken erforderlichen Kosten zu tragen. Das steht zwar nicht ausdrücklich in der Verordnung, folgt aber nach unserer Überzeugung aus den allgemeinen arbeitsrechtlichen, insbesondere arbeitsschutzrechtlichen Regeln.
In den FAQ des Ministeriums für Arbeit und Soziales heißt es dazu:
„Es ist verboten, Kosten für Arbeitsschutzmaßnahmen den Beschäftigten aufzuerlegen (§ 3 Absatz 3 ArbSchG). Nach der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung muss der Arbeitgeber seinen Beschäftigten in bestimmten Fällen geeignete Masken zur Verfügung stellen. Die Kosten für diese individuellen Schutzmaßnahmen muss der Arbeitgeber tragen, es sei denn, dass die entsprechenden Masken den Beschäftigten von anderer Stelle kostenlos zur Verfügung gestellt werden, zum Beispiel von Seiten des Bundes oder der Länder oder von Sozialversicherungsträgern.“
Siehe aber auch nachfolgend Frage 32!
Zusatzfrage: Wie lange darf man eine FFP2-Maske tragen?
Hier ist zu unterscheiden. Bei Privatpersonen gibt es keine konkreten Empfehlungen für die Tragedauer. Allerdings gibt es Empfehlungen bei Arbeitnehmern unter dem Gesichtspunkt des Arbeitsschutzes, wie lange eine FFP2-Maske ohne Unterbrechung getragen werden kann. Demnach beträgt die Tragehöchstdauer in der Regel 75 Minuten mit einer sich daran anschließenden Pause von 30 Minuten. Die nur relativ kurze Tragedauer erklärt sich durch den Atemwiderstand, der durch FFP2-Masken ausgelöst wird.
Frage 16: Was hat es mit der Gefährdungsbeurteilung auf sich?
Dazu regelt § 2 Abs. 1 der Verordnung ggf. erweitere Pflichten:
„Der Arbeitgeber hat gemäß der §§ 5 und 6 des Arbeitsschutzgesetzes die Gefährdungsbeurteilung hinsichtlich zusätzlich erforderlicher Maßnahmen des betrieblichen Infektionsschutzes zu überprüfen und zu aktualisieren.“
- 5 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) lautet:
„§ 5 Beurteilung der Arbeitsbedingungen
(1) Der Arbeitgeber hat durch eine Beurteilung der für die Beschäftigten mit ihrer Arbeit verbundenen Gefährdung zu ermitteln, welche Maßnahmen des Arbeitsschutzes erforderlich sind.
(2) Der Arbeitgeber hat die Beurteilung je nach Art der Tätigkeiten vorzunehmen. Bei gleichartigen Arbeitsbedingungen ist die Beurteilung eines Arbeitsplatzes oder einer Tätigkeit ausreichend.
(3) Eine Gefährdung kann sich insbesondere ergeben durch
- die Gestaltung und die Einrichtung der Arbeitsstätte und des Arbeitsplatzes,
- physikalische, chemische und biologische Einwirkungen,
- die Gestaltung, die Auswahl und den Einsatz von Arbeitsmitteln, insbesondere von Arbeitsstoffen, Maschinen, Geräten und Anlagen sowie den Umgang damit,
- die Gestaltung von Arbeits- und Fertigungsverfahren, Arbeitsabläufen und Arbeitszeit und deren Zusammenwirken,
- unzureichende Qualifikation und Unterweisung der Beschäftigten,
- psychische Belastungen bei der Arbeit.“
- 6 des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG) sieht vor:
„§ 6 Dokumentation
„(1) Der Arbeitgeber muß über die je nach Art der Tätigkeiten und der Zahl der Beschäftigten erforderlichen Unterlagen verfügen, aus denen das Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung, die von ihm festgelegten Maßnahmen des Arbeitsschutzes und das Ergebnis ihrer Überprüfung ersichtlich sind. Bei gleichartiger Gefährdungssituation ist es ausreichend, wenn die Unterlagen zusammengefaßte Angaben enthalten.
(2) Unfälle in seinem Betrieb, bei denen ein Beschäftigter getötet oder so verletzt wird, daß er stirbt oder für mehr als drei Tage völlig oder teilweise arbeits- oder dienstunfähig wird, hat der Arbeitgeber zu erfassen.“
Frage 17: Wie sieht es mit dem Datenschutz im Homeoffice aus?
Hier gelten die allgemeinen Regeln. Den notwendigen Datenschutz gilt es selbstverständlich auch dann zu beachten, wenn der Arbeitnehmer im Homeoffice arbeitet. Hieran kann Homeoffice ggf. scheitern. Kann der Arbeitnehmer aufgrund des häuslichen Umfeldes Datenschutz im notwendigen Umfang nicht sicherstellen, hat eine Arbeit im Homeoffice zu unterbleiben!
In den FAQ des Ministeriums für Arbeit und Soziales heißt es dazu:
„Allerdings müssen auch im Homeoffice die Vorgaben der EU-Datenschutzgrundverordnung sorgfältig eingehalten werden. Es muss sichergestellt sein, dass niemand unbefugt Daten oder Unterlagen einsehen kann.“
Siehe aber auch nachfolgend Frage 32!
Frage 18: Was ist im Mietrecht (Wohnungsmiete) zu beachten?
Wohnt der Arbeitnehmer zur Miete, wird in vielen Fällen die gewerbliche Nutzung der Immobile aufgrund mietvertraglicher Vereinbarungen mit dem Vermieter nicht gestattet sein. Die zeitweise Arbeit im Homeoffice führt aber nicht zwangsläufig zu einer Zweckentfremdung der Mietwohnung, sodass in vielen Fällen das Homeoffice jedenfalls nicht am Wohnungsmietrecht scheitern dürfte.
Frage 19: Was ist mit dem Arbeitsschutz im Übrigen (ausreichend Licht, Luft, Arbeitsmöbel usw.)?
Für das Homeoffice dürften die allgemeinen Regeln gelten. Das betrifft den Raum, in dem der Arbeitnehmer arbeitet, die Beleuchtung, den Arbeitsstuhl usw.
Manche Juristen meinen, im Homeoffice seien die allgemeinen Regeln über den Arbeitsschutz nicht anwendbar. Das steht im Widerspruch zu Verlautbarungen des Ministeriums für Arbeit und Soziales. Eine Gerichtsentscheidung zu dieser Frage liegt bislang nicht vor.
Frage 20: Muss der Arbeitgeber den Arbeitsplatz des Arbeitnehmers kontrollieren?
Grundsätzlich hat der Arbeitgeber sicherzustellen, dass der Arbeitnehmer unter Bedingungen arbeitet, die nicht gegen einschlägige Arbeitsschutzvorschriften verstoßen (siehe dazu schon die vorherige Frage). Wie der Arbeitgeber das kontrollieren soll, erscheint uns nicht klar. Bisweilen lassen sich Arbeitgeber zu Kontrollzwecken Fotos aus dem häuslichen Umfeld schicken. Ob das ausreichend ist, ist nicht klar, abgesehen von den in diesem Zusammenhang wiederum auftretenden Fragen des Datenschutzes.
Frage 21: Wie steht es um die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats im Zusammenhang mit einem Homeoffice?
Falls ein Betriebsrat besteht, gelten Besonderheiten im Hinblick auf die Einführung von Homeoffice.
- Allgemeine Betriebsratsaufgaben
Gemäß § 80 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG hat der Betriebsrat die allgemeine Aufgabe, darüber zu wachen, dass die zugunsten der Arbeitnehmer geltenden Gesetze, Verordnungen, Unfallverhütungsvorschriften, Tarifverträge und Betriebsvereinbarungen durchgeführt werden. Zu diesen Vorschriften gehören unter anderem auch die zugunsten der Arbeitnehmer einschlägigen Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes (ArbSchG), der Arbeitsstättenverordnung, der Bildschirmarbeitsverordnung und des Datenschutzes. Diese Aufgabe bezieht sich beispielsweise auf die Gefährdungsbeurteilungen des Arbeitgebers gemäß § 5 ArbSchG und § 10 Abs. 1 MuSchG (zum Arbeitsschutzgesetz siehe auch oben Frage 16).
- Informationsrechte
- Allgemeine Informationsrechte
Gemäß § 80 Abs. 2 und 3 BetrVG bestehen nach den folgenden Stufen angeordnete Informationsrechte des Betriebsrats.
Stufe1: Zunächst ist der Betriebsrat vom Arbeitgeber zur Durchführung seiner Aufgaben rechtzeitig und umfassend zu unterrichten. Dazu ist kein vorheriges Verlangen des Betriebsrats erforderlich.
Stufe 2: Auf Verlangen des Betriebsrats sind ihm jederzeit die zur Durchführung seiner Aufgaben erforderlichen Unterlagen zur Verfügung zu stellen.
Stufe 3: Soweit es zur ordnungsgemäßen Erfüllung der Aufgaben des Betriebsrats erforderlich ist, hat der Arbeitgeber ihm sachkundige Arbeitnehmer als Auskunftspersonen zur Verfügung zu stellen; er hat hierbei die Vorschläge des Betriebsrats zu berücksichtigen, soweit betriebliche Notwendigkeiten nicht entgegenstehen.
Stufe 4: Gemäß § 80 Abs. 4 BetrVG kann der Betriebsrat bei der Durchführung seiner Aufgaben nach näherer Vereinbarung mit dem Arbeitgeber Sachverständige hinzuziehen, soweit dies zur ordnungsgemäßen Erfüllung seiner Aufgaben erforderlich ist.
- Anlassbezogene Informationsrechte
Gemäß §§ 90, 92 BetrVG muss der Betriebsrat vom Arbeitgeber über die Planung von technischen Anlagen, von Arbeitsverfahren und Arbeitsabläufen oder der Arbeitsplätze sowie über die Personalplanung unterrichtet werden.
III. Anhörungs- und Beratungsrechte
Gemäß § 92a BetrVG kann der Betriebsrat Vorschläge für Maßnahmen der Sicherung und Förderung der Beschäftigung machen. Diese können sich auch auf Fragen der Arbeitszeit und Arbeitsorganisation beziehen. Sollte der Betriebsrat solche Vorschläge (auch im Hinblick auf Homeoffice) machen, hat der Arbeitgeber gemäß § 92a Abs. 2 BetrVG mit dem Betriebsrat darüber zu beraten. Hält der Arbeitgeber die Vorschläge des Betriebsrats für ungeeignet, hat er dies zu begründen; in Betrieben mit mehr als 100 Arbeitnehmern erfolgt die Begründung schriftlich. Zu den Beratungen kann der Arbeitgeber oder der Betriebsrat einen Vertreter der Bundesagentur für Arbeit hinzuziehen.
- Zustimmungsrechte
Je nach konkreter Ausgestaltung der Homeoffice-Tätigkeit kann diese die gesetzlichen Voraussetzungen einer „Versetzung“ im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG erfüllen. In diesem Fall ist die Zustimmung des Betriebsrats gemäß § 99 Abs. 1 Satz 1 BetrVG einzuholen. So hat beispielsweise das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf entschieden, dass die arbeitgeberseitige Kündigung einer Vereinbarung über Telearbeit eine Versetzung im Sinne des § 95 Abs. 3 Satz 1 BetrVG sein kann und als solche unwirksam wäre, wenn der Arbeitgeber nicht vorher die Zustimmung des Betriebsrats eingeholt hat (LAG Düsseldorf, Urt. v. 10.09.2014 – 12 Sa 505/14).
- Mitbestimmungsrechte
- Mitbestimmung bei Auswahlrichtlinien
Regelungen über die Frage, welche Arbeitnehmer in Homeoffice arbeiten dürfen (Voraussetzungen, Auswahl, Beendigung) sind Auswahlrichtlinien im Sinne des § 95 BetrVG. Derartige Regelungen bedürfen gemäß § 95 Abs. 1 Satz 1 BetrVG der Zustimmung des Betriebsrats. In Betrieben mit mehr als 500 Arbeitnehmern kann der Betriebsrat die Aufstellung von Richtlinien über die zu beachtenden fachlichen und persönlichen Voraussetzungen und sozialen Gesichtspunkte verlangen.
- Mitbestimmungsrechte in sozialen Angelegenheiten
Je nach konkreter Ausgestaltung der Homeoffice-Tätigkeit und soweit eine gesetzliche oder tarifliche Regelung nicht besteht, können verschiedene Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats zu beachten sein:
- Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht in Fragen der Ordnung des Betriebs und des Verhaltens der Arbeitnehmer im Betrieb. Dazu zählen solche Regelungen, die zwar die Arbeitsumstände aber nicht den konkreten Inhalt der Arbeitstätigkeit betreffen, wie beispielsweise die Frage der privaten Nutzung betrieblicher Arbeitsmittel, die Frage der Mitnahme von Arbeitsunterlagen nach Hause oder die Frage, ob während der Homeoffice-Tätigkeit Essen verzehrt werden darf.
- Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 2 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht in Fragen des Beginns und Endes der täglichen Arbeitszeit einschließlich der Pausen sowie Verteilung der Arbeitszeit auf die einzelnen Wochentage sowie gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 3 BetrVG in Fragen der vorübergehenden Verkürzung oder Verlängerung der betriebsüblichen Arbeitszeit (Überstunden). Sollte sich die Homeoffice-Tätigkeit in dieser Hinsicht auswirken, ist der Betriebsrat zu beteiligen. Auch die Festlegung bestimmter Erreichbarkeitszeiten unterliegen daher der Mitbestimmung.
- Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 6 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht in Fragen der Einführung und Anwendung von technischen Einrichtungen, die dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer zu überwachen. Dieses Mitbestimmungsrecht umfasst praktisch alle üblichen EDV-Einrichtungen.
- Gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 7 BetrVG besteht ein Mitbestimmungsrecht in Fragen der Regelungen über die Verhütung von Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten sowie über den Gesundheitsschutz im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften oder der Unfallverhütungsvorschriften. Regelungen zur Einhaltung der Bestimmungen des Arbeitsschutzgesetzes, der Arbeitsstättenverordnung, der Bildschirmarbeitsverordnung sind deshalb mitbestimmungspflichtig.
- Soweit es in Zusammenhang mit Homeoffice zu einer Zuweisung und Kündigung von Wohnräumen kommt, die den Arbeitnehmern mit Rücksicht auf das Bestehen eines Arbeitsverhältnisses vermietet werden, besteht das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 9 BetrVG. Gleiches gilt für Regelungen über die allgemeine Festlegung der Nutzungsbedingungen derartiger Räume.
- Sollte sich die Homeoffice-Tätigkeit auf Fragen der betrieblichen Lohngestaltung, insbesondere die Aufstellung von Entlohnungsgrundsätzen und die Einführung und Anwendung von neuen Entlohnungsmethoden sowie deren Änderung auswirken, ist das Mitbestimmungsrecht gemäß § 87 Abs. 1 Nr. 10 BetrVG zu beachten.
- Sollte sich die Homeoffice-Tätigkeit auf Grundsätze über die Durchführung von Gruppenarbeit auswirken, so ist das Mitbestimmungsrecht des § 87 Abs. 1 Nr. 11 BetrVG zu beachten. Gruppenarbeit im Sinne dieser Vorschrift liegt vor, wenn im Rahmen des betrieblichen Arbeitsablaufs eine Gruppe von Arbeitnehmern eine ihr übertragene Gesamtaufgabe im Wesentlichen eigenverantwortlich erledigt.
Es kommen weitere Mitbestimmungs- und Beteiligungsrechte des Betriebsrats in Betracht.
Frage 22: Was gilt im Hinblick auf die im Homeoffice maßgebliche Arbeitszeit?
Hier gilt exakt das, was auch bei der Arbeit im Büro maßgeblich ist. Es gilt das Arbeitszeitgesetz. Demnach sind auch die Regelungen zu den Höchstarbeitszeiten und Mindestruhezeiten zu beachten.
NEU Frage 23: Die Verordnung tritt am 30.04.2021 außer Kraft – kann die Geltungsdauer der Verordnung verlängert werden?
Ja, das ist möglich. Eine etwaige Verlängerung der Geltungsdauer wird abhängig sein von dem weiteren Verlauf des Infektionsgeschehens.
Frage 24: Wie hoch ist ein mögliches Bußgeld bei einem Verstoß gegen die Verordnung?
Das Bußgeld kann bis zu 30.000,00 EUR betragen.
Siehe auch nachfolgend Frage 29!
Frage 25: An wen können sich Arbeitnehmer wenden, wenn sie glauben, dass sich der Arbeitgeber nicht an die Verordnung hält?
In den FAQ des Ministeriums für Arbeit und Soziales heißt es:
„Beschäftigte sollten zunächst einmal mit dem Arbeitgeber darüber sprechen. Sie können sich auch an ihre betriebliche Interessenvertretung (Betriebs- oder Personalrat) wenden (sofern vorhanden) oder Kontakt mit der zuständigen Arbeitsschutzbehörde aufnehmen (§ 17 ArbSchG). Die Arbeitsschutzbehörde kann unter anderem vom Arbeitgeber verlangen, Gründe darzulegen, weshalb bestimmte Schutzmaßnahmen nicht möglich sind.“
Siehe aber auch nachfolgend Frage 32!
Frage 26: Gilt die SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung auch für Auszubildende?
Die Verordnung erwähnt Auszubildende nicht ausdrücklich. Stattdessen ist von „Beschäftigten“ die Rede. Das ist an sich ein Begriff aus dem Sozialrecht und dient dort der Abgrenzung von abhängiger und nicht abhängiger Arbeit. Wir neigen dazu, angesichts der sprachlichen Weite des Begriff „Beschäftigte“ im Arbeitsrecht und unter Beachtung des mit der Verordnung verfolgten Ziels des Gesundheitsschutzes auch Auszubildende als durch die Verordnung erfasst anzusehen.
Frage 27: Gilt die SARS-CoV-2-Arbeitsschutverordnung auch für Pausenräume? Was ist mit den sanitären Einrichtungen?
Die Verordnung gilt im gesamten Betrieb, einschließlich der in der Frage genannten Räumlichkeiten (zu den Pausenräumen siehe auch § 2 Abs. 2 Nr. 2 ArbSchV i.V.m. Anhang 4.2 Arbeitsstättenverordnung).
Frage 28: Welche Maßnahmen hat der Arbeitgeber außerhalb der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzverordnung zu beachten?
Unabhängig von der hier beschriebenen Verordnung gelten folgende Regeln:
- Einhaltung des Mindestabstands von 1,50 Metern,
- Anbringung geeigneter Abtrennungen bei Unterschreitung des Mindestabstands,
- Minimierung betriebsbedingter Personenkontakte, Zugangsbeschränkungen,
- Einsatz geeigneter Telekommunikation für Besprechungen,
- regelmäßiges, intensives und fachgerechtes Lüften,
- Sicherstellung der Handhygiene sowie der Hust- und Niesetikette und
- umgehende Klärung von Verdachtsfällen auf eine SARS-CoV-2 Infektion.
Frage 29: Kann die zuständige Arbeitsschutzbehörde die Arbeit durch den Arbeitnehmer untersagen?
Ja, bietet der Arbeitgeber kein Homeoffice an, obwohl unter Beachtung des konkreten Einzelfalls eine Möglichkeit dafür vorhanden ist, kann die zuständige Aufsichtsbehörde die betroffene Arbeit nach § 22 ArbSchG untersagen.
Frage 30: Was gilt, wenn ein Homeoffice-Arbeitnehmer oder einer seiner Familienangehörigen einen Schaden an den ihm zur Nutzung überlassenen Arbeitsmitteln wie PC, Laptop oder Smartphone herbeiführt?
Betriebliche und private Schadensrisiken am Ort des häuslichen Arbeitsplatzes, der gleichzeitig Lebens- und Wohnraum des Arbeitnehmers darstellt, sind kaum voneinander zu trennen. Darüber hinaus kommen dritte Personen im Haushalt des Arbeitnehmers wie Familienangehörige in Kontakt mit den Arbeitsmitteln oder Arbeitserzeugnissen. Die Haftungsprivilegierung des Arbeitnehmers bei betrieblich veranlasster Tätigkeit gilt zwar auch im Homeoffice, nicht aber für Verursachungsbeiträge Dritter.
Zur Klarstellung sind vertragliche Haftungsregelungen zu vereinbaren: Von zentraler Bedeutung sind dabei Privatnutzungsverbote und Vorgaben für die Nutzung der Arbeitsmittel außerhalb der Wohnung. Bezüglich der Haftung der im Haushalt des Arbeitnehmers lebender dritten Personen sollten Vereinbarungen getroffen werden, die der jeweiligen Homeoffice-Situation und den Lebensumständen des Arbeitnehmers gerecht werden. Der Abschluss einer speziellen Haftpflichtversicherung ist zu empfehlen.
Frage 31: Wie verhält es sich mit der sog. Homeoffice-Pauschale?
Siehe hierzu § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 4 EStG sowie den Erlass des Finanzministeriums Thüringen v. 17.02.2021 – S 1901-2020 Corona – 21.15, 30169/2021, veröffentlicht u.a. in DB 2021, 487.
NEU Frage 32: Welche rechtliche Qualität besitzen FAQ?
FAQ besitzen keine Rechtsnormqualität, d. h. sie dienen lediglich als Hilfe bei der Auslegung von Gesetzestexten bzw. Verordnungen. Damit sind die Regelungen in der Corona-ArbSchV einer Überprüfung durch die staatlichen Gerichte zugänglich! FAQ besitzen keine Bindung für die Gerichte.
NEU Frage 33. Muss in jedem Betrieb ein Hygienekonzept bestehen?
Ja, das sieht § 3 der Verordnung vor:
„(1) Der Arbeitgeber hat auf der Grundlage der Gefährdungsbeurteilung nach § 2 Absatz 1 und unter Berücksichtigung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel in einem Hygienekonzept die erforderlichen Maßnahmen zum betrieblichen Infektionsschutz festzulegen und umzusetzen. Zur weiteren Orientierung über geeignete Maßnahmen nach Satz 1 können insbesondere die branchenbezogenen Handlungshilfen der Unfallversicherungsträger herangezogen werden.
(2) Die Vorgaben des Absatzes 1 hat der Arbeitgeber insbesondere nach der Wiederaufnahme von betrieblichen Tätigkeiten nach der Aufhebung von infektionsschutzrechtlichen Untersagungen und Beschränkungen zu beachten.
(3) Das betriebliche Hygienekonzept ist in der Arbeitsstätte den Beschäftigten in geeigneter Weise zugänglich zu machen.“