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Erfolgreicher Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach § 9 KSchG wegen eines „anmaßenden“ Schreibens des Arbeitnehmers

Erfolgreicher Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach § 9 KSchG wegen eines „anmaßenden“ Schreibens des Arbeitnehmers
Aktuelles
03.01.2023

Erfolgreicher Auflösungsantrag des Arbeitgebers nach § 9 KSchG wegen eines „anmaßenden“ Schreibens des Arbeitnehmers

Das Bundesarbeitsgericht (BAG) hatte über einen durch einen Arbeitgeber nach § 9 KSchG gestellten Auflösungsantrag zu entscheiden (BAG, Urt. v. 27.09.2022 – 2 AZR 5/22, DB 2022, 2999). In den Entscheidungsgründen heißt es:

„4. Das Berufungsgericht hat ohne Rechtsfehler gemeint, es habe ein Auflösungsgrund vorgelegen.

a) Das Landesarbeitsgericht hat den Auflösungsantrag der Beklagten zu 1. allein aufgrund des Schreibens des Klägers vom 14. September 2019 für durchgreifend erachtet. Es hat seine auf dieses Schreiben bezogene Würdigung mit einem Fazit entsprechend dem Maßstab des § 9 Abs. 1 Satz 2 KSchG (keine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit ´zu erwarten´) eingeleitet und abgeschlossen. Nur zur Absicherung seiner Entscheidung gegen eine mögliche Zurückverweisung durch den Senat (vgl. § 563 Abs. 3 ZPO) hat es hilfsweise eine Gesamtschau unter Einbeziehung weiterer Umstände angestellt, aufgrund derer es eine den Betriebszwecken dienliche Zusammenarbeit des Klägers mit der Beklagten zu 1. sogar als ´ausgeschlossen´ angesehen hat.

b) Auf die Hilfserwägungen des Berufungsgerichts und die darauf bezogenen Sachrügen der Revision kommt es an dieser Stelle nicht an, weil bereits die Hauptbegründung keinen Rechtsfehler erkennen lässt. Das Landesarbeitsgericht hat ausgehend von der ständigen Senatsrechtsprechung (vgl. BAG 24. Mai 2018 – 2 AZR 73/18 – Rn. 16 ff., BAGE 163, 36) bei der Würdigung des Schreibens des Klägers vom 14. September 2019 an den Geschäftsführer der Muttergesellschaft der Beklagten alle wesentlichen Umstände vollständig und widerspruchsfrei berücksichtigt (zum eingeschränkten Prüfungsmaßstab vgl. BAG 24. Mai 2018 – 2 AZR 73/18 – Rn. 14, aaO).

aa) Soweit der Kläger meint, das Berufungsgericht habe seiner durch Art. 5 Abs. 1 GG geschützten Meinungsfreiheit kein ausreichendes Gewicht beigemessen, verkennt er, dass es ihm durchaus zugestanden hat, Kritik an den Geschäftsführern der beiden Beklagten betreffend die Auswahl von Rechtsanwälten auch gegenüber dem Geschäftsführer von deren Muttergesellschaft zu üben. Es hat aber gemeint, der Kläger habe sich nach dem gesamten Inhalt und der Diktion seines Schreibens an die Stelle der Geschäftsführer der beiden Beklagten gesetzt und angenommen, ihnen vorgeben zu können, wie sie zu agieren haben. Gegenüber dieser Würdigung zeigt der Kläger keinen revisiblen Rechtsfehler auf. Bei der Behauptung, er habe sich an den Geschäftsführer der Muttergesellschaft gewandt, weil diese nach dem Konzernumlagevertrag für die Koordination und Betreuung von Rechtsberatungsleistungen zuständig sei, handelt es sich um neues, nach § 559 Abs. 1 ZPO unbeachtliches Vorbringen, das im Übrigen nichts an der Einschätzung zu ändern vermöchte, der Kläger habe gemeint, selbst vorgeben zu können, wie Rechtsanwälte durch die beiden Beklagten auszuwählen seien.

bb) Der Kläger kann sich nicht auf die Senatsrechtsprechung stützen, wonach Äußerungen in vertraulichen Gesprächen, die der Arbeitnehmer in der berechtigten Erwartung tätigt, sie würden nicht nach außen getragen, eine Kündigung bzw. vorliegend die gerichtliche Auflösung des Arbeitsverhältnisses nicht ohne Weiteres zu rechtfertigen vermögen (vgl. BAG 10. Dezember 2009 – 2 AZR 534/08 – Rn. 18). Es kann dahinstehen, ob diese Rechtsprechung auf Äußerungen der vorliegend zu beurteilenden Art überhaupt Anwendung finden kann. Jedenfalls hat der Kläger sich gegenüber dem Geschäftsführer der Muttergesellschaft der beiden Beklagten keine Vertraulichkeit ausbedungen, sondern es mit dem Schreiben im Gegenteil darauf angelegt, dass der Geschäftsführer der Muttergesellschaft gegenüber den Geschäftsführern der beiden Beklagten aktiv wird.

cc) Angesichts der von ihm angenommenen Schwere des anmaßenden Verhaltens des Klägers musste das Berufungsgericht die Beklagte zu 1. nicht auf eine Abmahnung verweisen. Der Erfolg einer solchen erschien alles andere als sicher, weil sich der Kläger noch im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ´uneinsichtig´ gezeigt hat (vgl. BAG 24. Mai 2018 – 2 AZR 73/18 – Rn. 21, BAGE 163, 36). Das bedeutet entgegen der Annahme des Klägers nicht, dass das Berufungsgericht bei ihm vom Vorliegen eines über den Einzelfall hinausgehenden ´Verhaltensmusters´ ausgegangen wäre.“

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Autor(en)


Dr. Stefan Müller-Thele
Rechtsanwalt

Mail: koeln@etl-rechtsanwaelte.de


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