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Erfolgreiche Klage eines Arbeitnehmers gegen eine betriebsbedingte Kündigung

Erfolgreiche Klage eines Arbeitnehmers gegen eine betriebsbedingte Kündigung
Aktuelles
14.06.2024 — zuletzt aktualisiert: 20.06.2024

Erfolgreiche Klage eines Arbeitnehmers gegen eine betriebsbedingte Kündigung

Das Arbeitsgericht (ArbG) Erfurt hatte über eine arbeitgeberseitige und betriebsbedingte Kündigung zu entscheiden (ArbG Erfurt, Urt. v. 23.04.2024 – 6 Ca 40/24). Nach Auffassung des Gerichts waren die gesetzlichen Voraussetzungen für die soziale Rechtfertigung einer ordentlichen betriebsbedingten Arbeitgeberkündigung nicht erfüllt.

In den Entscheidungsgründen heißt es:

„Eine arbeitgeberseitige, ordentliche Kündigung kann nach Maßgabe des § 1 Abs. 2 KSchG nur dann das Arbeitsverhältnis rechtswirksam beenden, wenn sie sozial gerechtfertigt ist, sei es aufgrund des Verhaltens, der Person des Arbeitnehmers oder aufgrund dringender betriebsbedingter Gründe. Betriebliche Erfordernisse liegen dann vor, wenn Umstände aus dem wirtschaftlichen oder betriebstechnischen Bereich dazu führen, dass die betriebliche Arbeitsmenge so zurückgeht, dass der Beschäftigungsbedarf für einen oder mehrere Arbeitnehmer entfällt. Erforderlich ist eine konkrete Auswirkung auf die Einsatzmöglichkeit des gekündigten Arbeitnehmers. Es fehlt an einem betrieblichen Erfordernis zur wirksamen Beendigung eines Arbeitsverhältnisses i. S. d. § 1 Abs. 2 KSchG, wenn außer- oder innerbetriebliche Umstände nicht zu einer dauerhaften Reduzierung des betrieblichen Arbeitskräftebedarfs führen (BAG 23.02.2012 – 2 AZR 548/10 – Rn. 18). Erschöpft sich die unternehmerische Entscheidung des Arbeitgebers im Wesentlichen darin, Personal einzusparen, so ist sie vom Kündigungsentschluss selbst kaum zu unterscheiden. Da die Kündigung nach dem Gesetz an das Vorliegen von Gründen gebunden ist, die außerhalb ihrer selbst liegen, muss der Arbeitgeber in solchen Fällen seine Entscheidung hinsichtlich ihrer organisatorischen Durchführbarkeit und zeitlichen Nachhaltigkeit verdeutlichen. Nur so kann das Gericht prüfen missbräuchlich ausgesprochen worden ist. Das wäre der Fall, wenn die Kündigung zu einer rechtswidrigen Überforderung oder Benachteiligung des im Betrieb verbleibenden Personals führt oder die zugrunde liegende unternehmerische Entscheidung lediglich Vorwand dafür wäre, bestimmte Arbeitnehmer aus dem Betrieb zu drängen, obwohl Beschäftigungsbedarf und Beschäftigungsmöglichkeiten objektiv abgestimmt bestehen oder etwa nur Inhalt des Arbeitsvertrages als zu belastend angesehen wird. Der Arbeitgeber muss deshalb konkret erläutern, in welchem Umfang und aufgrund welcher Maßnahmen die bisher vom gekündigten Arbeitnehmer ausgeübten Tätigkeiten für diesen zukünftig entfallen. Er muss die Auswirkungen seiner unternehmerischen Vorgaben und Planungen auf das erwartete Arbeitsvolumen anhand einer schlüssigen Prognose konkrete darstellen und angeben, wie die anfallenden Arbeiten vom verbliebenen Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen, d. h. im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit, erledigt werden können (BAG a. a. O. m. w. N.).

Die Beklagte hat es schon nicht vermocht, substantiiert darzulegen, mit welchen Zeitanteilen der Kläger seine Aufgaben wahrgenommen hat. Der Vortrag hierzu ist viel zu pauschal und nicht für das Gericht nachprüfbar. Selbst nach Hinweis der Vorsitzenden konnte die Beklagte eine nähere Aufschlüsselung der Arbeitszeitanteile nicht darlegen. So hat die Beklagte im Schriftsatz vom 22.03.2024 lediglich behauptet, der Aufwand für den Shuttleservice und die Schwimmbadarbeiten würden 50 % der Arbeitszeit in der Hauptsaison von April/Mai bis Oktober umfassen. Welche Zeitanteile für die restlichen Arbeiten bzw. während der Nebensaison bestehen, bleibt offen.

Auch fehlt es an substantiiertem Vortrag der Beklagten, welche der bisherigen Aufgaben von anderen Mitarbeitern in welchem Umfang übernommen werden. Hierfür hätte das Arbeitsvolumen der bisherigen Mitarbeiter dargestellt werden müssen, um zu prüfen, ob die anfallenden Arbeiten von diesem Personal ohne überobligationsmäßige Leistungen erledigt werden könnten. Die Beklagte hat entweder gar nichts dazu vorgetragen oder nur pauschal behauptet, die Tätigkeiten seien von den übrigen Mitarbeitern ohne obligatorischen Arbeit zu erledigen gewesen. Die Beklagte hat weder entsprechende Arbeitsverträge der Mitarbeiter vorgelegt noch dazu nähere Ausführungen getätigt. Daher ist nicht klar und prüfbar, ob die Mitarbeiter diese Arbeiten im Rahmen ihrer vertraglich geschuldeten regelmäßigen wöchentlichen Arbeitszeit erledigen könnten. Die Behauptung, die übrigen Mitarbeiter hätten immer Freiräume, ist viel zu plakativ.

Die Behauptung, die Schwimmerarbeiten an die Firma … outgesourct zu haben, hat die Beklagte nicht unter Beweis gestellt. Was die Beklagte insoweit mit Parteivernehmung meint, bleibt unklar. Die Beklagte ist Personengesellschaft. Der Klägerin wäre es ohne weiteres möglich, beispielsweise den entsprechenden Servicevertrag mit der Firma … vorzulegen. Dies ist nicht erfolgt.

Darüber hinaus verstößt die Kündigung gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit.

Die ausgesprochene Beendigungskündigung war unter Beachtung des Gebots der Verhältnismäßigkeit der Mittel nicht das mildestes Mittel.

Die Beklagte bot dem Kläger erstmals mit dem Klagerwiderungsschriftsatz vom 15.01.2024 die Umsetzung des Klägers in das Handwerkteam an. Daher ist davon auszugehen, dass eine Weiterbeschäftigung des Klägers unter geänderten Arbeitsbedingungen möglich gewesen wäre. Soweit der Kläger dieses Angebot im Kammertermin am 15.03.2024 abgelehnt hat, ist dies unbeachtlich. Die Beklagte hätte dieses Angebot bereits mittels Änderungskündigung nach Maßgabe des § 2 KSchG unterbreiten müssen. Es bestehen keine Anhaltspunkte, dass der Kläger ein mögliches Änderungsangebot erhalten und von vornherein abgelehnt hat. Somit ist allein auch aus diesem Grund die Kündigung nicht sozial gerechtfertigt.“

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Markus Golz
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht

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Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

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