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Entgeltumwandlung auch noch nach Zugang eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zulässig

Entgeltumwandlung auch noch nach Zugang eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zulässig
Aktuelles
30.10.2021

Entgeltumwandlung auch noch nach Zugang eines Pfändungs- und Überweisungsbeschluss zulässig

Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Arbeitgeber für den Arbeitnehmer eine Direktversicherung abschließt und ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden, liegt insoweit grundsätzlich kein pfändbares Einkommen im Sinne von § 850 Abs. 2 ZPO mehr vor (BAG, Urt. v. 14.10.2021 – 8 AZR 96/20).

Der Fall

Der Kläger ist der geschiedene Ehemann der Streitverkündeten. Die Beklagte ist deren Arbeitgeberin. Im Rahmen der Scheidung des Klägers und der Streitverkündeten war es zu einer Vereinbarung über die Aufteilung von Schulden aus einem laufenden Bauprozess gekommen. In diesem Zusammenhang wurde die Streitverkündete im Wege eines familiengerichtlichen Versäumnisbeschlusses zur Zahlung von 22.679,60 Euro nebst Zinsen an den Kläger verpflichtet. Aufgrund dieses Versäumnisbeschlusses erwirkte der Kläger einen Pfändungs- und Überweisungsbeschluss über das gegenwärtige und zukünftige Arbeitseinkommen der Streitverkündeten. Der Pfändungs- und Überweisungsbeschluss wurde der Beklagten im November 2015 zugestellt. Im Mai 2016 schlossen die Streitverkündete und die Beklagte eine Entgeltumwandlungsvereinbarung. Diese hatte eine betriebliche Altersversorgung im Wege einer Direktversicherung zum Gegenstand. Nach dem Versicherungsvertrag ist Versicherungsnehmerin die Beklagte, Begünstigte ist die Streitverkündete. Der von der Beklagten monatlich in die Direktversicherung einzuzahlende Beitrag beträgt 248,00 Euro. In der Folgezeit leistete die Beklagte aufgrund des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses Zahlungen an den Kläger, wobei sie bei der Ermittlung des pfändbaren Einkommens der Streitverkündeten den monatlichen Versicherungsbeitrag i.H.v. 248,00 Euro unberücksichtigt ließ.

Mit seiner Klage begehrt der Kläger von der Beklagten höhere Zahlungen. Er hat die Auffassung vertreten, dass die Entgeltumwandlung das pfändbare Einkommen der Streitverkündeten nicht reduziere. Diese habe mit der Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses die Verwertungszuständigkeit über ihre Forderung verloren. Im Übrigen gelte der Rechtsgedanke des § 850h ZPO. Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Das Landesarbeitsgericht hat ihr teilweise stattgegeben. Mit der Revision begehrt die Beklagte die vollständige Abweisung der Klage.

Die Entscheidung

Die Revision der Beklagten war vor dem Achten Senat des Bundesarbeitsgerichts erfolgreich. Vereinbaren die Arbeitsvertragsparteien, dass der Arbeitgeber für den/die Arbeitnehmer/in eine Direktversicherung abschließt und ein Teil der künftigen Entgeltansprüche des Arbeitnehmers/der Arbeitnehmerin durch Entgeltumwandlung für seine/ihre betriebliche Altersversorgung verwendet werden, liegt insoweit grundsätzlich kein pfändbares Einkommen i.S.v. § 850 Abs. 2 ZPO mehr vor. Daran ändert der Umstand, dass die Entgeltumwandlungsvereinbarung erst nach Zustellung des Pfändungs- und Überweisungsbeschlusses getroffen wurde, jedenfalls vorliegend deshalb nichts, weil die Streitverkündete mit der mit der Beklagten getroffenen Entgeltumwandlungsvereinbarung von ihrem Recht aus § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG* auf betriebliche Altersversorgung durch Entgeltumwandlung Gebrauch gemacht hat und der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene Betrag nicht überschritten wurde. Bei einer an § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG orientierten normativen Betrachtung stellt die von der Streitverkündeten mit der Beklagten getroffene Entgeltumwandlungsvereinbarung keine den Kläger als Gläubiger benachteiligende Verfügung i.S.v. § 829 Abs. 1 Satz 2 ZPO dar. In einem solchen Fall scheidet zudem ein Rückgriff auf § 850h ZPO aus.

Hinweis

Ob eine andere Bewertung dann geboten ist, wenn – anders als hier – ein höherer Betrag als der in § 1a Abs. 1 Satz 1 BetrAVG vorgesehene umgewandelt wird, hat das Bundesarbeitsgericht offen gelassen. Das Bundesarbeitsgericht hat jedoch für Klarheit gesorgt, soweit es um den Spielraum der Arbeitsvertragsparteien geht, die unter dem Eindruck einer Zwangsvollstreckung eine Entgeltumwandlung bis zu derzeit 284,00 Euro (alte Bundesländer), bzw. 268 Euro (neue Bundesländer) vereinbaren wollen.

*Der Arbeitnehmer kann vom Arbeitgeber verlangen, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen bis zu 4 vom Hundert der jeweiligen Beitragsbemessungsgrenze in der allgemeinen Rentenversicherung durch Entgeltumwandlung für seine betriebliche Altersversorgung verwendet werden.

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Autor(en)


Steffen Pasler
Rechtsanwalt
Fachanwalt für Arbeitsrecht, Fachanwalt für Handels- und Gesellschaftsrecht

Mail: rostock@etl-rechtsanwaelte.de


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