Die Kündigung eines Arbeitgebers ist eine Maßnahme nach § 612a BGB!
Nach Auffassung des Bundesarbeitsgericht (BAG) ist Kündigung eines Arbeitgebers eine mögliche Maßnahme im Sinne von § 612a BGB (BAG, Urt. v. 20.05.2021 – 2 AZR 560/20, NJW 2021, 2454). In den Entscheidungsgründen heißt es:
„a) Nach § 612a BGB darf der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer nicht deshalb bei einer Maßnahme benachteiligen, weil dieser in zulässiger Weise seine Rechte ausübt. Das Benachteiligungsverbot soll den Arbeitnehmer in seiner Willensfreiheit bei der Entscheidung darüber schützen, ob ein Recht ausgeübt wird oder nicht (BAG 14. Februar 2007 – 7 AZR 95/06 – Rn. 21, BAGE 121, 247; 15. Februar 2005 – 9 AZR 116/04 – zu B II 2 b ee (1) der Gründe, BAGE 113, 327). Die Norm erfasst einen Sonderfall der Sittenwidrigkeit (BAG 21. September 2011 – 7 AZR 150/10 – Rn. 31). Auch eine Kündigung kann eine Maßnahme iSv. § 612a BGB sein (BAG 16. Februar 1989 – 2 AZR 299/88 – zu B III 3 a der Gründe, BAGE 61, 131; 2. April 1987 – 2 AZR 227/86 – BAGE 55, 190). Ein Verstoß gegen das Maßregelungsverbot des § 612a BGB liegt vor, wenn die zulässige Rechtsausübung der tragende Beweggrund, dh. das wesentliche Motiv für die benachteiligende Maßnahme ist. Es reicht nicht aus, dass die Rechtsausübung nur den äußeren Anlass für die Maßnahme bietet (BAG 21. September 2011 – 7 AZR 150/10 – Rn. 35; 17. März 2010 – 5 AZR 168/09 – Rn. 28; 23. April 2009 – 6 AZR 189/08 – Rn. 12, BAGE 130, 347). Handelt der Arbeitgeber aufgrund eines Motivbündels, so ist auf das wesentliche Motiv abzustellen.
b) Eine Kündigung aus Anlass einer Krankmeldung ist demnach nur dann eine unzulässige Maßregelung, wenn gerade das zulässige Fernbleiben von der Arbeit sanktioniert werden soll. Will der Arbeitgeber dagegen für die Zukunft erwarteten Folgen weiterer Arbeitsunfähigkeit, insbesondere (neuerlichen) Betriebsablaufstörungen, vorbeugen, fehlt es an einem unlauteren Motiv für die Kündigung (BAG 16. Februar 1989 – 2 AZR 299/88 – zu B III 3 d der Gründe, BAGE 61, 131; APS/Linck 6. Aufl. BGB § 612a Rn. 17; Weigert NZA 2019, 1671, 1673 f.). Dem entspricht es, dass Belastungen durch künftig zu erwartende Arbeitsunfähigkeitszeiten eine Kündigung iSv. § 1 Abs. 2 Satz 1 KSchG sozial rechtfertigen können (st. Rspr., etwa BAG 16. Juli 2015 – 2 AZR 15/15 – Rn. 29, BAGE 152, 118). Auch § 8 Abs. 1 Satz 1 EFZG bestätigt, dass eine Kündigung lediglich aus Anlass einer Arbeitsunfähigkeit zulässig sein kann. Die Vorschrift sichert den bereits entstandenen Entgeltfortzahlungsanspruch, falls der Arbeitgeber aus Anlass der Arbeitsunfähigkeit das Arbeitsverhältnis mit dem arbeitsunfähig erkrankten Arbeitnehmer kündigt und das Arbeitsverhältnis dadurch beendet wird (allg. Meinung, vgl. nur Däubler EFZG/Milkau 4. Aufl. § 8 Rn. 1; ErfK/Reinhard 21. Aufl. EFZG § 8 Rn. 1; Schmitt/Küfner-Schmitt in Schmitt EFZG/AAG 8. Aufl. § 8 EFZG Rn. 2 f.).“