Bekanntgabe eines Grunderwerbsteuerbescheids bei Formwechsel einer KG in eine GmbH
Der Bundesfinanzhof hat am 19.03.2024 entschieden:
Wird eine KG formwechselnd in eine GmbH umgewandelt, ist ein nach dem Formwechsel noch an die KG adressierter Grunderwerbsteuerbescheid wirksam.
Bei einem Formwechsel ändert sich nur die Rechtsform, während die rechtliche und wirtschaftliche Identität der Gesellschaft unverändert bleibt.
Bei einer falschen Adressierung handelt es sich allenfalls um die unrichtige Bezeichnung ein und derselben Rechtsperson.
Sachverhalt:
Im Jahre 2012 erfolgte der Formwechsel einer Kommanditgesellschaft in eine GmbH. 2015 erließ das Finanzamt einen Grunderwerbsteuerbescheid auf Grundlage eines Vorgangs noch aus dem Jahre 2011. Dieser Bescheid war an die Kommanditgesellschaft adressiert und wurde bestandskräftig. 2018 erließ das Finanzamt einen weiteren (nachteiligen) Grunderwerbsteuerbescheid zum selben Vorgang, diesmal an die GmbH adressiert, der nach erfolglosem Einspruchsverfahren mit der Klage angegriffen wurde. Das Finanzgericht war der Auffassung, dem Erlass des Grunderwerbsteuerbescheids 2018 habe der bestandskräftige frühere Bescheid nicht entgegengestanden, da dieser wegen der falschen Adressatenbezeichnung (KG statt GmbH) nichtig gewesen sei.
Aus der Entscheidung:
Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) muss ein Verwaltungsakt bestimmt, unzweideutig und vollständig den Willen der Behörde zum Ausdruck bringen und damit auch klar erkennen lassen, an wen er sich richtet.
Die Angabe des Inhaltsadressaten ist nach § 157 Abs. 1 Satz 2 AO konstituierender Bestandteil eines jeden Verwaltungsakts. In diesem muss gemäß § 119 Abs. 1 AO hinreichend bestimmt sein, wem gegenüber der Einzelfall geregelt werden soll.
Ein nach einem Formwechsel im Sinne der §§ 190 ff., 214 ff. des Umwandlungsgesetzes (UmwG) noch an den formwechselnden Rechtsträger und nicht bereits an den Rechtsträger neuer Rechtsform adressierter Bescheid ist wirksam und die Falschbezeichnung ist insoweit unschädlich.
Nach § 190 Abs. 1 UmwG kann ein Rechtsträger durch Formwechsel eine andere Rechtsform erhalten. Formwechselnder Rechtsträger kann gemäß § 191 Abs. 1 Nr. 1 UmwG eine Personenhandelsgesellschaft sein. Rechtsträger neuer Rechtsform kann gemäß § 191 Abs. 2 Nr. 2 UmwG eine Kapitalgesellschaft sein. Der Formwechsel führt zwar zu einer Änderung der Rechtsform. Die rechtliche und wirtschaftliche Identität der Gesellschaft bleibt jedoch unverändert; die Gesellschaft tauscht nur ihr „Rechtskleid“ aus.
Nach einer formwechselnden Umwandlung steht der Rechtswirksamkeit eines Bescheids daher nicht entgegen, wenn dieser noch an die Gesellschaft unter dem Namen der alten Rechtsform gerichtet ist. Denn es handelt sich allenfalls um die unrichtige Bezeichnung ein und derselben Rechtsperson.
Hinweis:
Primär ging es in der Entscheidung des BFH um die Bestandkraft des zuerst ergangenen Bescheides. Bei der Prüfung musste sich der BFH mit der Frage der wirksamen Bekanntgabe und dabei der Folge der „bloßen“ unrichtigen Bezeichnung eine Rechtsperson befassen. Diese Falschbezeichnung machte den Bescheid nicht nichtig.
Die gesellschaftsrechtlichen Aussagen des BFH in seinem Urteil geben die Rechtslage zutreffend wieder.
Bei einem Formwechsel findet, anders bei einer Verschmelzung, Vermögensübertragung oder Spaltung, kein Vermögensübergang von einem Rechtsträger auf einen anderen Rechtsträger statt. Vielmehr behält der Rechtsträger seine rechtliche und wirtschaftliche Identität bei und ändert (nur) die Rechtsform.
Bei einem Formwechsel erfolgt deshalb wegen der Wahrung der Identität des Rechtsträgers auch keine Gesamtrechtsnachfolge. Außerdem stellt der Formwechsel keinen Fall des § 613a BGB (Betriebsübergang) dar, so dass auch kein Widerspruchsrecht der Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs. 6 BGB besteht.
BFH, Urteil vom 19. März 2024, II R 33/22