Zurechnung eines Schadens zum „Betrieb“ eines Kfz, wenn sich der Schaden in einer Waschanlage abspielt
Das Oberlandesgericht (OLG) Brandenburg hat entschieden, dass der in einer Waschanlage verursachte Schaden an einem Kfz § 7 Abs. 1 StVG unterfallen kann. In den Entscheidungsgründen heißt es:
„Die Haftung der Beklagten dem Grunde nach §§ 86 Abs. 1, 115 VVG i. V. m. §§ 7 Abs. 1, 18 Abs. 1 StVG scheitert hier nicht daran, dass die von der Klägerin behaupteten Schäden in der Waschanlage entstanden sind.
(…) Der Halter ist nach § 7 Abs. 1 StVG verpflichtet, dem Verletzten den Schaden zu ersetzen, der durch Beschädigung einer Sache bei Betrieb des Kraftfahrzeuges entsteht. Der Begriff „bei dem Betrieb“ ist weit zu fassen. Ausreichend ist, dass bei einer wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kraftfahrzeug zumindest mitgeprägt worden ist (BGH, NZV 2015, 327; BGH, Urteil vom 26.03.2019 – VI ZR 236/18, r + 2 2019, 410 Rn. 8). Insoweit reicht ein naher zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang oder einer Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeugs aus (BGH, NZV 2014, 207; Burmann in Burmann/Heß/Hühnermann/Jahnke, Straßenverkehrsrecht, 27. Aufl., § 7 StVG Rn. 5). Die Realisierung des Schadens erst nach einer zeitlichen Verzögerung steht der Zurechnung der Betriebsgefahr i. S. d. § 7 Abs. 1 StVG nicht entgegen, wenn die beim Betrieb geschaffene Gefahrenlage so lange fort- und nachwirkte (BGH, a. a. O., Rn. 9.).
Die Voraussetzungen sind hier gegeben. Zwar befindet sich ein Fahrzeug, das – wie hier – vom Transportband einer Autowaschanlage gezogen wird, nicht ´im Betrieb´ i. S. d. § 7 Abs. 1 StVG (OLG Zweibrücken, NJW-RR 2021, 336; OLG Karlsruhe, NZV 2015, 76; OLG Koblenz, NJW-RR 2019, 1363; Burmann, a. a. O., Rn. 8). Unter Zugrundelegung des klägerischen Vortrags ist aber die Schädigungshandlung während des Betriebs des Kraftfahrzeugs erfolgt und hat sich nach dem klägerischen Vortrag auch in unmittelbarem zeitlichen und räumlichen Zusammenhang realisiert. Denn für die in Frage kommende Schädigungshandlung ist maßgeblich darauf abzustellen, dass das Beklagtenfahrzeug unstreitig ohne Herunterklappen bzw. Demontage der Antenne in die Waschanlage eingefahren ist. Dass für die behauptete Schadensentstehung der Betrieb der Waschanlage und deren Benutzung durch unmittelbar danach einfahrende Fahrzeuge als mitursächlich anzusehen sind, unterbricht den Zurechnungszusammenhang nicht. Denn diese vorhersehbaren Vorgänge stehen in einem nahen zeitlichen und örtlichen Zusammenhang mit dem Betriebsvorgang des Beklagtenfahrzeugs. Die Gegenansicht, die allein auf den Waschvorgang abstellt (LG Dortmund, NJW-RR 2019, 600 m. w. N.), überzeugt deshalb nicht.
(…) Auch dass die schädigende Handlung und der Schadenseintritt in einer privaten Waschanlage erfolgt sind, ist unerheblich. Denn bei der Bestimmung der Reichweite des Betriebs i. S. d. § 7 Abs. 1 StVG ist die Rechtsprechung des EuGH zur Versicherungspflicht im Zusammenhang mit der Benutzung bzw. Verwendung eines Fahrzeugs zu beachten. Der Begriff ´Verwendung eines Fahrzeugs´ i. S. v. Art. 3 Abs. 1 der Richtlinie 2009/103 stellt einen autonomen Begriff des Unionsrechts dar, so dass dessen Auslegung nicht dem Ermessen der einzelnen Mitgliedsstaaten unterliegt. Danach umfasst die ´Verwendung eines Fahrzeugs´ jede Benutzung eines Fahrzeugs, die dessen gewöhnlicher Funktion als Fortbewegungsmittel entspricht; eine Beschränkung auf Situationen der Verwendung im öffentlichen Straßenverkehr ist nicht gerechtfertigt (EuGH, NJW 2014, 3631; Burmann, a. a. O., Rn. 6; Klimke in Prölss/Martin, Versicherungsvertragsgesetz, 31. Aufl., § 1 PflVG Rn. 5).“