Zur notwendigen Aufklärung eines Patienten durch einen ihn behandelnden Arzt bei Einsatz einer sog. Außenseitermethode
Der Bundesgerichtshof (BGH) hat sich mit der notwendigen Aufklärung eines Patienten durch einen ihn behandelnden Arzt bei Einsatz einer sog. Außenseitermethode befasst (BGH, Urt. v. 15.10.2019 – VI ZR 105/18, NJW 2020, 1358 = MDR 2020, 32 = VersR 2020, 168 ). In den Entscheidungsgründen heißt es:
Mit der Begründung des Berufungsgerichts kann auch eine Haftung der Beklagten wegen unzureichender Aufklärung nicht verneint werden. Wie die Revision zu Recht beanstandet, hat das Berufungsgericht zu geringe Anforderungen an die Aufklärung des Patienten bei der Wahl einer Außenseitermethode gestellt.
a) Nach der gefestigten Rechtsprechung des Senats erfordert die Anwendung einer nicht allgemein anerkannten Methode zur Wahrung des Selbstbestimmungsrechts des Patienten dessen Aufklärung über das Für und Wider dieser Methode. Dem Patienten müssen nicht nur die Risiken und die Gefahr eines Misserfolges des Eingriffs erläutert werden, sondern er ist auch darüber aufzuklären, dass der geplante Eingriff (noch) nicht medizinischer Standard ist. Der Patient muss wissen, auf was er sich einlässt, um abwägen zu können, ob er die Risiken einer (eventuell nur relativ indizierten) Behandlung im Hinblick auf deren Erfolgsaussichten und auf seine Befindlichkeit vor dem Eingriff eingehen will (vgl. Senatsurteile vom 22. Mai 2007 – VI ZR 35/06, BGHZ 172, 254 Rn. 24 – Racz-Cocktail; vom 27. März 2007 – VI ZR 55/05, BGHZ 172, 1 Rn. 31 f. – Medikament gegen Epilepsie).
b) Das Berufungsgericht hat im Widerspruch hierzu eine Aufklärung über den präventiven Charakter des – in der konkreten Behandlungssituation nur von einer Mindermeinung befürworteten – bisegmentalen Vorgehens ausreichen lassen; eine Aufklärung über die mit der Anwendung dieser Behandlungsmethode verbundenen Nachteile sowie darüber, dass diese Methode nicht dem medizinischen Standard entspricht, hat es dagegen rechtsfehlerhaft für entbehrlich gehalten. Es hat dementsprechend keine Feststellungen dazu getroffen, ob die Klägerin vor dem Eingriff darüber aufgeklärt worden ist, dass die Erstreckung der Fusionsoperation auf das symptomlose Nachbarsegment C4/C5 zu einer erhöhten Belastung für die weiteren Nachbarsegmente führt und es zu Anschlussdegenerationen kommen kann. Es hat auch nicht festgestellt, dass die Klägerin darauf hingewiesen worden ist, dass die Fusion des symptomlosen Nachbarsegmentes dem medizinischen Standard zuwiderlief.