Wie ist die Lieferung und Montage eines Blockheizkraftwerkes rechtlich zu beurteilen - Werkvertrag oder Kaufvertrag?
Das Oberlandesgericht (OLG) Hamm spricht sich für den konkret entschiedenen Fall dafür aus, von einem Werkvertrag auszugehen (OLG Hamm, Urt. v. 16.06.2022 – 24 U 178/15, NJW-Spezial 2023, 12). In den Entscheidungsgründen heißt es:
„Hinsichtlich der Herstellung und Lieferung der beiden Blockheizkraftwerksanlagen liegt kein Kaufvertrag mit Montageverpflichtung nach § 433 Abs. 1 BGB, sondern ein Anspruch aus Werkvertrag nach § 631 Abs. 1 BGB vor.
Verpflichtet sich ein Unternehmer, einen Gegenstand zu liefern und zu montieren, so kommt es für die rechtliche Einordnung des Vertragsverhältnisses als Kaufvertrag mit Montageverpflichtung oder als Werkvertrag darauf an, auf welcher der beiden Leistungen bei der gebotenen Gesamtbetrachtung der Schwerpunkt liegt (vgl. BGH, Urteil vom 30. August 2018 – VII ZR 243/17 – NZBau 2018, 666; OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 06. Januar 2016 – 3 U 77/13 – zitiert nach juris und Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27. Februar 2014 – 2 U 28/12 (Hs) – zitiert nach juris; OLG München, Urteil vom 29. April 2015 – 20 U 2941/14 – zitiert nach juris und OLG Hamm, Urteil vom 03. Juni 1997 – 34 U 148/96 – zitiert nach juris für Werkvertrag; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. August 2009 – I-3 U 75/08 – zitiert nach juris). Dabei ist vor allem auf die Art des zu liefernden Gegenstandes, das Wertverhältnis von Lieferung und Montage sowie auf die Besonderheiten des geschuldeten Ergebnisses abzustellen. Je mehr die mit dem Warenumsatz verbundene Übertragung von Eigentum und Besitz auf den Kunden im Vordergrund steht und je weniger die individuellen Anforderungen des Kunden und die geschuldete Montageleistung das Gesamtbild des Vertragsverhältnisses prägen, desto eher ist die Annahme eines Kaufvertrages mit Montageverpflichtung geboten (vgl. BGH, Urteil vom 30. August 2018 – VII ZR 243/17 – NZBau 2018, 666; BGH, Urteil vom 03. März 2004 – VIII ZR 76/03 – NZBau 2004, 326; BGH, Urteil vom 22. Juli 1998 – VIII ZR 220/97 – NJW 1998, 3197; OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 23. August 2011 – 13 U 59/11 – NJW-RR 2011, 1498; OLG Oldenburg (Oldenburg), Urteil vom 06. Januar 2016 – 3 U 77/13 – zitiert nach juris und Oberlandesgericht des Landes Sachsen-Anhalt, Urteil vom 27. Februar 2014 – 2 U 28/12 (Hs) – zitiert nach juris jeweils für Kaufvertrag für serienmäßiges Blockheizkraftwerk; OLG München, Urteil vom 29. April 2015 – 20 U 2941/14 – zitiert nach juris und OLG Hamm, Urteil vom 03. Juni 1997 – 34 U 148/96 – zitiert nach juris für Werkvertrag; offengelassen von OLG Düsseldorf, Urteil vom 19. August 2009 – I-3 U 75/08 – zitiert nach juris). Unter Berücksichtigung der Gesamtumstände ist insofern ein Werkvertrag anzunehmen.
Der Wortlaut des jeweiligen Angebots spricht zwar zunächst von ´Verkaufsbedingungen´ und ´UN-Kaufrecht´, allerdings auch von ´bauseitig´ zu erbringenden Leistungen und der ´Abnahme´, was für eine werkvertragliche Ausgestaltung spricht. Nach unwidersprochen gebliebenem Vortrag der Klägerin in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat am 16.06.2020 handelt es sich bei den Blockheizkraftwerken um Standardausführungen. Allerdings beschränkte sich die vertragliche Verpflichtung der Klägerin nicht nur auf die Lieferung und Montage der serienmäßigen Blockheizkraftwerksmodule nebst Zubehör, sondern auch auf die Installation der anderen Anlagenteile (Abgasschalldämpfer, Wärmetauscherschrank, Umwälzpumpe, Gemischkühler, Nachfüllautomatik, Abgaswärmetauscher, Oxidationskatalysator) im Container. Nach den Angeboten war die Installation im Container geschuldet. Hiervon umfasst war die Einbringung und Aufstellung des Blockheizkraftwerkes, die Abführung der Raumlüftung, die Abführung des Abgasweges und auch der Anschluss an das bauseitige Heizungssystem. Zudem war auch die jeweilige Projektierung geschuldet. Dann aber ist davon auszugehen, dass der Vertragsgegenstand eine Anpassung typisierter Einzelteile an die individuellen Wünsche der Beklagten erforderte und deshalb nach der Montage diese Konfiguration nur noch schwer anderweitig absetzbar gewesen wäre (BGH, Urteil vom 15. Februar 1990 – VII ZR 175/89 – zitiert nach juris). Damit sollte die Klägerin nicht nur einzelne Teile liefern, sondern ein funktionsfähiges Blockheizkraftwerk im Wege des Aufbaus und der Inbetriebnahme der zutreffend dimensionierten Anlage auf dem dafür auf dem Gelände vorgesehenen Platz zur Verfügung stellen. Diese zum Erreichen der Funktionalität erforderlichen Leistungen sind auch objektiv betrachtet nicht so typisiert, dass die Beklagte diese selbst vornehmen oder leicht von dritter Seite erbringen lassen könnte (vgl. OLG München, Urteil vom 29. April 2015 – 20 U 2941/14 – zitiert nach juris; vgl. auch OLG München, Urteil vom 10. Juli 2013 – 27 U 31/13 – zitiert nach juris).
Soweit die Biogasfackelanlage betroffen ist, ist zwar beachtlich, dass es sich hierbei um eine Standardausführung eines anderen Herstellers handelt, was für eine kaufvertragliche Einordnung sprechen kann. Indes ist zu berücksichtigen, dass nicht nur die Anlieferung diese Anlage vereinbart und diese Anlage lediglich als ´Stück´ geliefert worden ist. Vielmehr wollte die Beklagte die Verträge hinsichtlich beider Blockheizkraftwerke und der Biogasfackelanlage zusammen schließen und die Auswahl der passenden Biogasfackelanlage oblag der Klägerin, was die Klägerin bestätigt hat, da auch nach ihrem Vortrag die Biogasfackel klägerseits für die Anlage ausgelegt wird. Dann aber ist bei einer Gesamtbetrachtung insgesamt von einem werkvertraglichen Anspruch auszugehen.“