Welche Bedeutung kommt einer schriftlichen Erklärung des Schädigers am Unfallort zu?
Siehe dazu etwa OLG Nürnberg, Urt. v. 29.03.2022 – 3 U 4188/21, NJW-Spezial 2022, 425 [aus den Entscheidungsgründen]:
„c) Schließlich kann im Rahmen der Beweiswürdigung der am Unfalltag vom Beklagten zu 1) gefertigte und von ihm, dem Zeugen H. und der Mitfahrerin des Beklagten zu 1) unterschriebene Unfallbericht – wonach am Sattelzug der linke Fahrtrichtungsanzeiger gesetzt war – nicht außer Acht gelassen werden.
Einer schriftlichen Einlassung am Unfallort kommt als nicht rechtsgeschäftliches Anerkenntnis im Rahmen der Beweiswürdigung Bedeutung zu (BGH, NJW 1976, 1259; BGH, NJW 1984, 799; OLG Bamberg, VersR 1987, 1246; OLG Saarbrücken, NJW 2011, 1820). Rückt der Anerkennende später von seiner Erklärung ab, so wird er, falls nicht auch das übrige Beweisergebnis gegen seine Schuld spricht, dem Richter plausibel machen müssen, weshalb er sich zu dem objektiv falschen Anerkenntnis hat bewegen lassen. Dies wird ihm umso schwerer fallen, je konkreter seine Erklärung war (Greger, in Greger/Zwickel, Haftungsrecht des Straßenverkehrs, 6. Aufl. 2021, § 16 Rn. 16.56). Im Rahmen der Beweiswürdigung ist auch zu berücksichtigen, ob das Anerkenntnis zu einer Beeinträchtigung der Beweismöglichkeiten des Gegners geführt hat, z.B. weil er im Hinblick hierauf auf die Zuziehung der Polizei verzichtete (Greger, a.a.O. § 16 Rn. 16.56).
Im vorliegenden Fall führt das handschriftliche Schreiben nicht nur allgemein aus, dass der Unfall vom Beklagten zu 1) verschuldet sei, sondern macht darüber hinaus detaillierte Ausführungen zum Unfallhergang. Insbesondere wird darin geschildert, dass der Beklagte zu 1) aufgrund des Sonnenstandes den eingeschalteten Blinker erst am Zugfahrzeug habe erkennen können, obwohl der Blinker einwandfrei funktioniert habe und auch betätigt gewesen sei. Die Angaben in diesem Anerkenntnis decken sich mit der Aussage des Zeugen H., der ausführte, den Blinker gesetzt zu haben. Zu berücksichtigen ist auch, dass der Zeuge angab, dass er ohne dieses vom Beklagten zu 1 aufgesetzte und unterschriebene Schriftstück auf Aufnahme des Unfalls durch die Polizei bestanden habe. Vor diesem Hintergrund ist die Klagepartei als Erklärungsempfängerin dieses Schreibens der Beweisanforderungen, denen sie ohne die Erklärung zur Erreichung ihres Prozesszieles genügen müsste, enthoben, da dem Beklagten zu 1) als Erklärenden der Nachweis der Unrichtigkeit des Anerkannten nicht gelingt (vgl. BGH, NJW 1984, 799). Die pauschale Erklärung des Beklagten zu 1) im Rahmen seiner informatorischen Anhörung, dass er nach dem Unfall neben sich gestanden habe, reicht dafür nicht aus.“