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Was gilt hinsichtlich der Haftung für eine in einem Fußballspiel erlittene Verletzung?

Was gilt hinsichtlich der Haftung für eine in einem Fußballspiel erlittene Verletzung?
Aktuelles
27.03.2023

Was gilt hinsichtlich der Haftung für eine in einem Fußballspiel erlittene Verletzung?

Siehe dazu etwa OLG Brandenburg, Urt. v 08.11.2022 – 3 U 95/21 [aus den Entscheidungsgründen]:

„Für die Haftung für eine in einem Fußballspiel erlittene Verletzung aus § 832 Abs. 1 BGB bzw. aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. §§ 223 Abs. 1 oder 229 StGB gelten, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, besondere Grundsätze.

Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und zahlreicher Obergerichte ist eine Haftung für Verletzungen beim Fußballsport dann gegeben, wenn ein schuldhafter Regelverstoß zu einer Verletzung führt, wobei ein Verschulden nicht vorliegt, wenn der Regelverstoß noch im Grenzbereich zwischen der einem solchen Kampfspiel eigenen gebotenen Härte und der unzulässigen Unfairness liegt. Dass bei einem Wettkampf ein Spieler einen anderen verletzt, begründet für sich genommen also noch keinen Sorgfaltsverstoß (BGH, Urteil vom 27.10.2009 – VI ZR 298/08 -; OLG Köln, Beschl. v. 27.05.2010 – 19 U 32/10 -; OLG Karlsruhe, Urt. v. 27.09.2012 – 9 U 162/11 -; OLG Hamm, Urt. vom 22.10.2012 – I – 6 U 241/11, 6 U 241/11 -; OLG Koblenz, Beschl. v. 17.07.2015 – 3 U 382/15 – Rn. 11ff.; OLG Hamm, Urt. v. 07.02.2017 – 9 U 197/15 – Rn. 17).

Insoweit folgt auch der Senat den grundlegenden Ausführungen des OLG Hamm (Urteil vom 07.02.2017 – 9 U 197/15 – Rn. 17 -19), nach denen Fußball ein Kampfspiel ist, d. h. ein gegeneinander ausgetragenes Kontaktspiel, bei dem es also zu körperlichen Berührungen kommt, das unter Einsatz von Kampf und Geschicklichkeit geführt wird und das wegen des dieser Sportart eigenen kämpferischen Elements bei dem gemeinsamen Kampf um den Ball nicht selten zu unvermeidbaren Verletzungen führt. Mit deren Eintritt rechnet jeder Spieler und geht davon aus, dass auch der andere diese Gefahr in Kauf nimmt, da er etwaige Haftungsansprüche nicht erheben will. Diese von den Spielern unter gleichen Bedingungen und gemeinsam in Kauf genommene Gefahr führt zu dem Schluss, dass bei Verletzungen, die trotz Einhaltung der Spielregeln eingetreten sind, der Spieler von seiner etwaigen Haftung voll frei gestellt sein soll (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.1974 – VI ZR 100/73). Handelt es sich um ein Fußballverbandsspiel, so bieten die Fußballregeln des Deutschen Fußballbundes das entscheidende Erkenntnismittel für das Ausmaß des mit dem Spiel eingegangenen und übernommenen Risikos. Insbesondere bieten die Generalklauseln des Spielens in gefährlicher Weise, des unsportlichen Betragens und des rohen Spiels mit den einzeln aufgeführten, dem Schutz der Spieler dienenden Verboten einen wichtigen Maßstab dafür, was als spielordnungsgemäßes Verhalten anzusehen ist und wo nach dem Willen der Spieler die Grenze des Erlaubten überschritten wird (vgl. BGH a. a. O.). Ein Schadensersatzanspruch des bei einem Fußballwettkampf durch regelwidrige Spielweise eines Mitspielers verletzten Teilnehmers setzt den Nachweis voraus, dass der Mitspieler sich nicht regelgerecht verhalten hat (vgl. BGH, Urteil vom 05.11.1974 – VI ZR 125/73). Der Verletzte muss ebenso ein Verschulden des Verletzers nachweisen. Handelt es sich um ein regelwidriges Verhalten des Verletzers, das im Grenzbereich zwischen Härte, also einem regelgerechten Verhalten, und Unfairness, mithin einem im Sinne der Regel 12/2 Nr. 1 gefährlichen Spiel, liegt, handelt es sich objektiv um einen geringfügigen Regelverstoß (vgl. BGH, Urteil vom 10.02.1976 – Az. VI ZR 32/74). Dies ist bei der Frage des Verschuldens genauso zu berücksichtigen, wie der Grundsatz, dass eine Vermeidbarkeit bei Beachtung der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt nur mit aller Zurückhaltung bejaht werden kann. Denn die Hektik und Eigenart eines Fußballspiels zwingt den Spieler oft im Bruchteil einer Sekunde Chancen abzuwägen und Risiken einzugehen. Es stellt hohe Anforderungen an die physische und psychische Kraft, an Schnelligkeit, Geschicklichkeit und körperlichen Einsatz (vgl. BGH a.a.O.). Auch reicht eine einfache Fahrlässigkeit des Verletzers grundsätzlich nicht aus, selbst wenn ein objektiver Regelverstoß und damit eine Rechtswidrigkeit gegeben ist. Für einfache Fahrlässigkeit ist in der Regel von einem stillschweigenden Haftungsausschluss auszugehen, so dass es – jeweils vom Verletzten zu beweisenden – Vorsatzes oder grober Fahrlässigkeit bedarf, um eine Haftung herbeizuführen (OLG Hamm a.a.O; vgl. auch OLG Düsseldorf, Urteil vom 02.04.2004 – 14 U 230/03; OLG Saarbrücken, Urteil vom 02.08.2010 – 5 U 492/09; OLG Köln, Beschluss vom 16.08.2010 – 11 U 96/10 sowie LG Coburg, Urteil v. 27.10.2015 – 23 O 58/15).“

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Autor(en)

Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

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