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Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB / zur Vermutungswirkung des § 476 BGB aF

Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB / zur Vermutungswirkung des § 476 BGB aF
Aktuelles
29.12.2021

Vermutung des § 344 Abs. 1 HGB / zur Vermutungswirkung des § 476 BGB aF

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat entschieden (BGH, Urt. v. 10.11.2021 – VIII ZR 187/20):

„a) Die  Vermutung  des  §  344  Abs.  1  HGB,  wonach  die  von  einem  Kaufmann  vorgenommenen Rechtsgeschäfte im Zweifel als zum Betrieb seines Handelsgewerbes gehörig  gelten,  findet  im  Rahmen  der  Einordnung  des  rechtsgeschäftlichen  Handelns eines Kaufmanns als Verbraucher- oder Unternehmerhandeln nach §§ 13, 14 Abs. 1 BGB jedenfalls dann keine Anwendung, wenn es sich bei dem Kaufmann um eine  natürliche  Person  (Einzelkaufmann)  handelt  (Fortentwicklung  des  Senatsurteils vom 18. Oktober 2017 – VIII ZR 32/16, NJW 2018, 150 Rn. 37; Abgrenzung zu BGH, Urteile  vom  13.  Juli  2011  – VIII ZR  215/10,  NJW  2011,  3435  Rn. 19;  vom 9. Dezember 2008 – XI ZR 513/07, BGHZ 179, 126 Rn. 22).

  1. b) Die Vermutung des § 476 BGB aF greift nur dann ein, wenn der Käufer darlegt und erforderlichenfalls beweist, dass sich an der Kaufsache innerhalb von sechs Monaten nach Gefahrübergang ein mangelhafter Zustand (Mangelerscheinung) gezeigt hat, der – unterstellt, er hätte seine Ursache in einem dem Verkäufer zuzurechnenden Umstand – dessen Haftung wegen einer Abweichung von der geschuldeten Beschaffenheit begründete (im  Anschluss  an  Senatsurteile  vom    Oktober  2016 – VIII ZR 103/15, BGHZ 212, 224 Rn. 36; vom 9. September 2020 – VIII ZR 150/18, NJW 2021, 151 Rn. 27 ff.). 

Kommt als Ursache für eine festgestellte Mangelerscheinung (auch) ein Umstand in Betracht, der eine Haftung des Verkäufers nicht zu begründen vermag – wie das bei  gewöhnlichem  Verschleiß  an  nicht  sicherheitsrelevanten  Teilen  eines  Gebrauchtwagens  regelmäßig  der  Fall  ist  (vgl.  Senatsurteil  vom  9.  September  2020 – VIII ZR 150/18, aaO Rn. 22 f. mwN) -, ist dieser Beweis erst erbracht, wenn feststeht,  dass  die  Ursache  ebenfalls  in  einem  Umstand  liegen  kann,  der  –  sofern  er dem Verkäufer zuzurechnen wäre – dessen Haftung auslöste.

c) Der Regelung des § 476 BGB aF ist (jedenfalls) in den Fällen, in denen der Käufer innerhalb der Sechsmonatsfrist  des    476  BGB  aF  alle  Voraussetzungen  für  die Entstehung des betreffenden Mangelrechts geschaffen und dieses gegenüber dem Verkäufer geltend gemacht hat, eine „Ausstrahlungswirkung“ dergestalt beizumessen, dass bezogen auf diejenigen – für die Durchsetzung des Mangelrechts neben dem Zeitpunkt des Gefahrübergangs  jeweils  zusätzlich  maßgeblichen –  späteren Zeitpunkte, die innerhalb des Sechsmonatszeitraums liegen (etwa der Zeitpunkt des Zugangs des Gewährleistungsbegehrens), ebenfalls die Darlegung und der Nachweis des Vorhandenseins einer Mangelerscheinung ausreicht. 

Darüber hinaus wirkt die Bestimmung des § 476 BGB aF in den genannten Fällen dahingehend fort, dass der Käufer – soweit er auch das Vorliegen eines Mangels zu Zeitpunkten, die außerhalb der Sechsmonatsfrist des § 476 BGB aF liegen (etwa im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung), zu beweisen hat – ebenfalls lediglich das Fortbestehen der jeweiligen nachweislich innerhalb der Frist des § 476 BGB aF aufgetretenen Mangelerscheinung bis zu diesen Zeitpunkten, nicht aber deren Verursachung durch den Verkäufer nachzuweisen hat.

d) Der kaufvertragliche Anspruch auf Schadensersatz statt der Leistung (kleiner Schadensersatz) gemäß § 437 Nr. 3, §§ 280, 281 Abs. 1 BGB kann nach wie vor anhand der sogenannten fiktiven  Mangelbeseitigungskosten  bemessen  werden  (im  Anschluss an BGH, Urteil vom 12. März 2021 – V ZR 33/19, NJW 2021, 1532 Rn. 11, zur  Veröffentlichung  in  BGHZ  229,  115  bestimmt;  Beschluss  vom    März  2020  – V  ZR  33/19,  ZIP  2020,  1073  Rn.  41  ff.  mwN;  Abgrenzung  zu  BGH,  Urteil  vom 22. Februar 2018 – VII ZR 46/17, BGHZ 218, 1 Rn. 31 ff.).“

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Autor(en)

Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

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