Nachforderungen von Sozialbeiträgen, wenn statt Geldzahlung ein Pkw gestellt wird?
Die Betriebsprüfung der Deutschen Rentenversicherung (DRV) findet alle 4 Jahre in Unternehmen statt, die über Beschäftigte verfügen. Regelmäßig erfolgt die Prüfung beim beauftragten Steuerberater. Geprüft wird dabei, ob der Unternehmer alle Sozialbeiträge ordnungsgemäß abgeführt hat. Soweit Beanstandungen zu verzeichnen sind, werden Nachforderungen von Sozialbeiträgen durch Bescheid festgesetzt.
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen (LSG) hat im Urteil v. 19.6.2024 – L 8 BA 111/20 – zu einem Fall der Nachforderungen von Sozialbeiträgen durch die Betriebsprüfung der DRV entschieden:
„Entgegen der Auffassung der Beklagten können die von der Klägerin zu entrichtenden Beiträge nicht von einem kumulierten Wert aus den Sachzuwendungen und einem Anspruch auf Mindestlohn bemessen werden.“
Ergänzende Hinweise des Anwalts für Sozialversicherungsrecht
Der Fall betrifft eine bisher nicht abschließend geklärte Rechtsfrage zum Mindestlohngesetz (MiLoG). Kann der Arbeitgeber zur Erfüllung des Mindestlohnanspruchs statt einer Geldzahlung eine Sachzuwendung (z.B. ein Pkw) gewähren ?
Der Arbeitgeber hatte im vorliegenden Fall mit seinen Arbeitnehmern vereinbart, dass als Entgelt für die Tätigkeit ein Gehalt in Form einer Sachleistung – Firmenfahrzeug mit privater Nutzung – erbracht wird. Die DRV argumentierte, dass der gesetzliche Mindestlohn nicht gezahlt wurde. Der Mindestlohn werde als Geldbetrag geschuldet und könne nicht durch das Gewähren von Sachleistungen erfüllt werden. Entsprechend sei das Dienstfahrzeug nicht auf den Mindestlohn anrechenbar. Somit werde zusätzlich zum Dienstfahrzeug der geschuldet Lohn als Entgelt verbeitragt.
Das Sozialgericht und das LSG gaben der Klage statt. Die sozialversicherungsrechtliche Beitragsschuld knüpfe grundsätzlich an das Entstehen des arbeitsrechtlichen Entgeltanspruchs an. Hingegen ist die Frage, ob der Entgeltanspruch des Arbeitnehmers schon erfüllt wurde, nicht zu berücksichtigen. Auch unter Beachtung von Sinn und Zweck des MiLoG ergebe sich nichts anderes. Es sei ohne Bedeutung, ob die gewählte Vereinbarung gemäß § 3 S. 1 MiLoG nichtig sei. Gleiches gälte für eine etwaige Nichtigkeit gem. § 134 BGB, § 107 Abs. 2 S. 5 GewO.
Diese Rechtsfrage haben andere Gerichte völlig gegensätzlich entschieden (SG Frankfurt, Urt. v. 03.12.2020 – S 14 R 606/16; BayObLG, Beschl. v. 26.11.2020 – 201 ObOWi 1381/20). Die Revision ist unter dem Aktenzeichen B 12 BA 8/24 R beim Bundessozialgericht anhängig.
Es wird fachkundige Unterstützung von spezialisierten Anwälten dringend angeraten. Wir helfen Ihnen gerne – bundesweit!