Ist eine „Digital Native“-Suche in Stellenanzeigen altersdiskriminierend?
Ja, meint das Arbeitsgericht (ArbG) Heilbronn (ArbG Heilbronn, Urt. v. 18.01.2024 – 8 Ca 191/23). Demnach ist die Suche nach einem „Digital Native“ in einer Stellenanzeige ein Indiz für „eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters“. Arbeitgeber können daher verpflichtet sein, einem abgelehnten älteren Bewerber eine Diskriminierungsentschädigung zu zahlen, entschied das ArbG Heilbronn.
In den Entscheidungsgründen des Urteils heißt es:
„ (…) Die Formulierung in der Stellenanzeige der Beklagten unter ´Wir liebe´: (…) ´Als Digital Native fühlst Du Dich in der Welt der Social Media, der Daten-getriebenen PR, des Bewegtbilds und allen gängigen Programmen für DTP, CMS, Gestaltung und redaktionelles Arbeiten zu Hause´ stellt vorliegend ein Indiz für eine unmittelbare Benachteiligung wegen des Alters iSv § 3 Abs. 1 AGG dar.
Grundsätzlich ist die Stellenausschreibung nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen potentiellen Bewerbern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Verkehrskreise verstanden wird, wobei die Verständnismöglichkeiten des durchschnittlichen Bewerbers zugrunde zu legen sind (vgl. etwa BAG 16. Dezember 2015 – 5 AZR 567/14 – Rn. 12). Für das Sprachverständnis hinsichtlich der in einer allgemein zugänglichen Stellenanzeige verwendeten Begriffe ist damit das Verständnis des angesprochenen Bewerberkreises maßgeblich.
Unter einem ´Digital Native´ (zu deutsch: digitaler Eingeborener) wird im allgemeinen Sprachgebrauch eine ´Person, die mit digitalen Technologien aufgewachsen ist und in ihrer Benutzung geübt ist´ (Duden, https://www.duden.de/rechtschreibung/Digital_Native, Abruf 19.1.2024) oder auch eine „Person der gesellschaftlichen Generation bezeichnet, die in der digitalen Welt aufgewachsen ist´ (Wikipedia, https://de.wikipedia.org/wiki/Digital_Native, dort mwN, Abruf 19.1.2024) verstanden. (…) Festzuhalten ist, dass der Begriff ´Digital Native´ im gängigen Sprachgebrauch eine generationenbezogene Konnotation aufweist. Mit ihrer Formulierung ´Als Digital Native fühlst du Dich in der Welt der Social Media…. zu Hause.´ zeigt die Beklagte, dass sie eben nicht nur eine Person mit sicheren Kenntnissen in diesen Kommunikationsfeldern sucht, sondern jemanden, der diese Eigenschaft regelmäßig von Natur aus als ´Eingeborener´ mitbringt. Wollte die Beklagte Bewerber aller Altersgruppen mit diesen Fähigkeiten ansprechen, hätte sie die Umschreibung ´Als Digital Native´ weglassen können, denn der Begriff führt nicht zu einer Verdeutlichung der erforderlichen Kenntnisse, sondern zu einer Einengung des Bewerberkreises auf solche Personen, die die Eigenschaft bereits in die Wiege gelegt erhielten, weil sie mit diesen Medien aufgewachsen sind. (…)“