Herausgabe von Spenderlisten und der Datenschutz – eine unauflösbare Aufgabe?
Es ist nicht selten der Fall, dass die Hinterbliebenen in Traueranzeigen darum bitten, auf Blumen- oder Kranzspenden zu verzichten und stattdessen zu Spenden aufrufen. Besonders häufig kommen solche Spendenaufrufe im Bereich der Hospiz- und Palliativarbeit vor. Nach der Bestattung möchten sich die Hinterbliebenen dann gerne bedanken und bitten die Spendenempfänger um Herausgabe der Spenderliste. Ob dies vor dem Hintergrund des Datenschutzes überhaupt rechtlich zulässig, soll dieser Beitrag klären.
Wie ist die Sach- und Rechtslage?
Gemeinnützige Organisationen und Vereine jeder Art kennen die Situation, dass sich die Hinterbliebenen nach den Trauerfeierlichkeiten bei den Spendern mit einem persönlichen Schreiben bedanken möchten. Dazu aber benötigen sie die Namen und die Kontaktdaten der Spender. Diese Daten hat jedoch – sofern es sich nicht um anonyme Spenden handelt – nur der Empfänger der Spenden. Wurden diese in der Vergangenheit meist, ohne dass man sich groß darüber Gedanken machte, herausgegeben, ist man seit Geltung der Europäischen Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO) in Anbetracht der rechtlichen Risiken deutlich zurückhaltender. Zurecht, wie sich im Weiteren zeigen wird.
Bei den Daten auf einer Spenderliste handelt es sich um die Namen der Spender, die jeweiligen Spendenbeträge und ggf. die Adressen einzelner oder aller Spender, um eine Spendenbescheinigung zusenden zu können. Alle diese Daten sind zweifellos personenbezogene Daten im Sinne von Art. 4 Nr. 1 DSGVO.
Die Übermittlung dieser Daten an die Hinterbliebenen, die in dieser Konstellation rechtlich gesehen Dritte sind, stellt eine Verarbeitung personenbezogener Daten dar, für die es nach der DSGVO einer Rechtsgrundlage, also einer Norm, welche die Verarbeitung erlaubt, bedarf. Diese Rechtsgrundlagen finden sich in Art. 6 DSGVO. In Frage kommen hier die Erfüllung (vor-)vertraglicher Pflichten (Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. b DSGVO), berechtigte Interessen (Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. f DSGVO) oder eine Einwilligung der Spender (Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. a DSGVO).
Zwischen den Spendern und den Hinterbliebenen besteht keinerlei vertragliche Beziehung. Eine rechtliche Verpflichtung, welche die Herausgabe der Spendernamen rechtfertigen könnte, existiert ebenso wenig, wie ein Rechtsanspruch der Angehörigen auf Herausgabe der Daten. Somit scheidet Art. 6 Abs. 1 UA 1 lit. b DSGVO als Rechtsgrundlage für die Weitergabe der Daten der Spender aus.
Auch ist kein irgendwie geartetes Interesse auf Seiten des Spendenempfängers zu erkennen. Man könnte allenfalls an ein Interesse der Angehörigen denken, aber darauf kommt es hier nicht an. Die verantwortliche Stelle, also der Spendenempfänger nämlich benötigt für die Übermittlung der Daten eine Rechtsgrundlage, nicht aber die Angehörigen für den Empfang derselben, insofern kommt auch diese Rechtsgrundlage nicht in Betracht.
Zwar ist eine Einwilligung grundsätzlich immer als Rechtsgrundlage denkbar, allerdings stößt diese auf praktische Probleme, denn eine solche muss freiwillig und vor allem informiert erfolgen, d.h. der Spender muss schon zum Zeitpunkt der Einwilligung wissen, in was er einwilligt. Das würde aber bedeuten, dass die Information bereits beim Spendenaufruf erfolgt, also regelmäßig entweder über eine Traueranzeige in einer oder mehreren regionalen Tageszeitungen, einschlägigen Trauerportalen im Internet oder durch persönliche Anschreiben durch die Angehörigen. Ein Einwilligungstext mit allen erforderlichen Informationen am Ende einer solchen Traueranzeige wäre wohl kaum angemessen, darüber hinaus könnte auf diesem Wege zwar informiert, nicht aber die Einwilligung eingeholt werden. Folglich müsste die Einwilligung zum Zeitpunkt der Spende oder davor erteilt werden, nur wie sollte man das in der Praxis umsetzen? Außerdem dürften sich derartige Formalien überaus nachteilig auf die Spendenbereitschaft auswirken. Eine nachträgliche Anforderung der Einwilligungen ist zwar grundsätzlich ein denkbares Szenario, müsste aber durch den Spendenempfänger initiiert und administriert werden, was nicht nur hohen Aufwand erfordert, sondern auch rechtliche Risiken birgt. Die Einwilligung als Rechtsgrundlage wird daher zwar in der Theorie denkbar sein, in der Praxis aber wohl regelmäßig ausscheiden.
Resümee
Die strengen Anforderungen der Datenschutzgesetze verbieten eine Übermittlung der Spenderdaten an die Hinterbliebenen ohne die Einwilligungen der Spender, die jedoch in der Praxis nie vorliegen werden.
Auf keinen Fall sollten die Spendenempfänger die Spenderliste herausgeben. Es drohen nicht nur hohe Bußgelder, die betroffenen Spender selbst können als Betroffene Unterlassungs- und Schadenersatzansprüche geltend machen. Das Risiko, von einem Spender wegen der Datenschutzverletzung in Anspruch genommen zu werden, erscheint dabei sogar noch höher als ein mögliches Bußgeld, da es immer wieder Spender geben wird, die aus guten Gründen nicht wollen, dass die Hinterbliebenen weder ihren Namen, noch die Höhe der Spende erfahren. Sofern auch nur von einem einzigen Spender erfolgreich ein Schadenersatz eingeklagt wird, dürfte dies Nachahmer finden. In diesem Fall birgt selbst ein geringes Schmerzensgeld ein hohes Schadensrisiko für den Spendenempfänger, da sich mit der Anzahl der Nachahmer auch die Schmerzensgeldsumme in erhebliche Höhen multipliziert.
Möchten die Angehörigen die Namen der einzelnen Spender und der jeweiligen Spendenbeträge unbedingt in Erfahrung bringen, bleibt ihnen nur, die Spenden selbst einzusammeln und die gespendete Summe im Anschluss an die gewählte Einrichtung weiterzugeben. In diesem Fall sind sie selbst die verantwortliche Stelle im Sinne der DSGVO und die Spenderdaten werden direkt bei Ihnen erhoben. Wenngleich dieser Lösungsansatz datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden ist, dürfte er nicht praxisrelevant sein, da so keine Möglichkeit der Ausstellung einer Spendenbescheinigung besteht und der Spender nicht wirklich sicher sein kann, dass seine Spende am Ende auch dort ankommt, wo er sie hinhaben möchte. Man müsste dann stets befürchten, dass Spenden ausbleiben oder geringer ausfallen. Zudem führt dieser Weg nur zu einer Verlagerung des Problems, denn auch die Spendenempfänger möchten sich in nachvollziehbarer Weise regelmäßig bei den Spendern bedanken, was aber in dieser Konstellation mangels einer Spenderliste gleichsam nicht möglich wäre, da die Hinterbliebenen aus den gleichen datenschutzrechtlichen Gründen diese Liste nicht an den Spendenempfänger herausgeben dürften.
Die vielleicht noch beste Lösung ist es, wenn der Spendenempfänger den Hinterbliebenen die gespendete Gesamtsumme mitteilt, so dass diese sich unter Bezugnahme auf die durch Spenden erzielte Summe zumindest in einer allgemein formulierten weiteren Anzeige bei der Trauergemeinde bedanken können.
So wichtig Datenschutz ist, in diesem konkreten Fall helfen die Gesetze keinem wirklich. Es ist zu befürchten, dass Hinterbliebene vor diesem Hintergrund möglicherweise zukünftig nicht mehr zu einer Spende aufrufen werden, was natürlich zum Nachteil der potenziellen Spendenempfänger ist. Besonders schlimm trifft dies diejenigen Einrichtungen, die auf solche Spenden angewiesen sind. Bedenken sollten die Hinterbliebenen aber auch, dass ein Aufgeben der Anonymität ebenfalls zu einer Spendenzurückhaltung führen kann.
Wir empfehlen potenziellen Spendenempfängern daher, die Angehörigen so früh wie möglich über die rechtlichen Gegebenheiten aufzuklären, wenn ein solcher Spendenaufruf geplant ist oder sie davon Kenntnis erlangen. So wissen die Hinterbliebenen zumindest schon vor dem Spendenaufruf, dass sie keine Informationen über die Spender und Einzelspenden erhalten werden und sind nicht verärgert und frustriert, wenn sie das erst im Nachhinein erfahren.