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Fragen und Antworten zum Urlaubsrecht (FAQ)

Ganz schön kompliziert!
Fragen und Antworten zum Urlaubsrecht (FAQ)
Aktuelles
12.06.2024 — zuletzt aktualisiert: 25.06.2024

Fragen und Antworten zum Urlaubsrecht (FAQ)

Ganz schön kompliziert!

In diesem Beitrag beantworten wir Fragen zum Urlaubsrecht. Dabei wird auf die aktuelle Rechtsprechung von EuGH und BAG zum Urlaubsrecht in Deutschland bzw. innerhalb der Europäischen Union eingegangen werden.

Stand des Beitrags: 11. Juni 2024

 

Frage 1: Wo ist das Urlaubsrecht gesetzlich geregelt?

Wesentliche gesetzliche Regelungen finden sich im Bundesurlaubsgesetz (BUrlG). Dieses wird in Teilen von der Rechtsprechung, insbesondere der des EuGH überlagert. Dort, wo Rechtsprechung des EuGH und Bundesurlaubsgesetz in einem Widerspruch zueinander stehen, geht in aller Regel die EuGH-Rechtsprechung dem BUrlG vor. Das liegt im Kern an Art. 31 Abs. 2 GRC. Diese Bestimmung lautet:

„Jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer hat das Recht auf eine Begrenzung der Höchstarbeitszeit, auf tägliche und wöchentliche Ruhezeiten sowie auf bezahlten Jahresurlaub.“

Frage 2: Wie hoch ist der gesetzlich garantierte Urlaubanspruch?

Der gesetzlich garantierte Urlaubanspruch des Arbeitnehmers beträgt vier Wochen im Jahr (siehe dazu § 3 BUrlG). In eben diesem Umfang besteht auch ein Urlaubsanspruch nach Unionsrecht, also nach dem Recht der Europäischen Union (siehe dazu Art. 7 der Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates vom 04.11.2003 über bestimmte Aspekte der Arbeitszeitgestaltung, Richtlinie 2003/88/EG).

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Frage 3: Was versteht man unter Mehrurlaub?

Unter dem Mehrurlaub versteht man den Urlaub, der über den gesetzlich garantierten Mindesturlaub (siehe dazu Frage 2) hinausgeht.

Beispiel: Ein Arbeitnehmer erhält einen Jahreserholungsurlaub von sechs Wochen. Dann entfallen vier Wochen auf den Mindesturlaub und zwei Wochen auf den Mehrurlaub.

Frage 4: Welchen Urlaub erfüllt der Arbeitgeber zuerst, wenn der Arbeitnehmer einen Mehrurlaub zu beanspruchen hat, den Mindesturlaub oder den Mehrurlaub?

Siehe dazu BAG, Urt. v. 01.03.2022 – 9 AZR 353/21:

Stehen dem Arbeitnehmer im Kalenderjahr Ansprüche auf Erholungsurlaub zu, die auf unterschiedlichen Anspruchsgrundlagen beruhen und für die unterschiedliche Regelungen gelten, findet § 366 BGB Anwendung, wenn die Urlaubsgewährung durch den Arbeitgeber nicht zur Erfüllung sämtlicher Urlaubsansprüche ausreicht. Nimmt der Arbeitgeber dabei keine Tilgungsbestimmung i.S.v. § 366 Abs. 1 BGB vor, findet die in § 366 Abs. 2 BGB vorgegebene Tilgungsreihenfolge mit der Maßgabe Anwendung, dass zuerst gesetzliche Urlaubsansprüche und erst dann den gesetzlichen Mindesturlaub übersteigende Urlaubsansprüche erfüllt werden.

Frage 5: Folgt der Mehrurlaub denselben Regeln wie der gesetzlich garantierte Mindesturlaub?

Nein, das ist nicht zwingend. Besonders geschützt ist der Mindesturlaub. Beim Mehrurlaub kann es zu Abweichungen auch zu Lasten des Arbeitnehmers kommen, so etwa durch Regelungen in einem Arbeits- oder Tarifvertrag. Wird im Arbeitsvertrag oder auch Tarifvertrag nicht zwischen dem Mindest- und dem Mehrurlaub unterschieden, folgt der Mehrurlaub im Zweifel den Regeln, die für den Mindesturlaub maßgeblich sind.

Frage 6: Wann verjähren Urlaubsansprüche? Wann verjähren Ansprüche auf Urlaubsabgeltung?

Die Verjährung von Urlaubsansprüchen und solchen gerichtet auf Urlaubsabgeltung orientiert sich an den allgemeinen Vorschriften, so insbesondere den §§ 195, 199 BGB. Es ist aber auf die sog. Informationsobliegenheit des Arbeitgebers zu achten.

BAG, Urt. v. 20.12.2022 – 9 AZR 266/20: Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers auf bezahlten Jahresurlaub unterliegt der gesetzlichen Verjährung. Allerdings beginnt die dreijährige Verjährungsfrist erst am Ende des Kalenderjahres, in dem der Arbeitgeber den Arbeitnehmer über seinen konkreten Urlaubsanspruch und die Verfallfristen belehrt und der Arbeitnehmer den Urlaub dennoch aus freien Stücken nicht genommen hat.

Ist das Arbeitsverhältnis beendet worden, liegt der Fall anders. Hier spielt die Information des Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber in aller Regel keine größer Rolle. Siehe hierzu BAG, Urt. v. 31.01.2023 – 9 AZR 456/20:

„Der gesetzliche Anspruch eines Arbeitnehmers gegen den Arbeitgeber, nicht genommenen Urlaub nach der Beendigung des Arbeitsverhältnisses abzugelten, unterliegt der Verjährung. Die dreijährige Verjährungsfrist beginnt in der Regel mit dem Ende des Jahres, in dem der Arbeitnehmer aus dem Arbeitsverhältnis ausscheidet.“

Achtung: In Einzelfällen kann vor Eintritt der Verjährung ein Verfall eintreten. Das betrifft vor allem den Anspruch auf Urlaubsabgeltung nach § 7 Abs. 4 BUrlG und hängt im Wesentlichen davon ab, ob und inwieweit der Verfall durch Arbeitsvertrag oder Tarifvertrag wirksam geregelt ist.

Frage 7: Was ist mit dem Urlaub von sog. Dauerkranken? Kann der Urlaubanspruch hier gekürzt werden?

Hier gilt in erster Linie die sog. 15-Monats-Rechtsprechung. Ansprüche auf Urlaub sowie auf Urlaubsabgeltung eines Dauerkranken können nicht vor Ablauf von 15 Monaten im Anschluss an das Jahr, in dem die Ansprüche entstanden sind, verfallen. Eine Kürzung des Urlaubanspruchs des Dauerkranken kommt – zumindest mit Blick auf den gesetzlichen Mindesturlaub – nicht in Betracht.

Beispiel: Der Arbeitnehmer ist das gesamte Jahr 2024 erkrankt. Ihm steht dann ein ungekürzter Urlaubsanspruch für das Jahr 2024 – wenigstens im Umfang von vier Wochen – zu (zum Mindesturlaub siehe oben Frage 2). Dieser Urlaubsanspruch bzw. ein dem entsprechender Anspruch auf Urlaubsabgeltung verfällt nicht vor Ablauf des 31.03.2026.

Wenn der Arbeitnehmer im Jahr 2024 noch gearbeitet haben sollte, bevor er dauerhaft erkrankte, und sei es auch nur kurze Zeit (z. B. im Januar 2024), dann ist die Informationsobliegenheit des Arbeitgebers zu beachten.

Siehe auch BAG, Urt. v. 20.12.2022 – 9 AZR 245/19: Der Anspruch auf den gesetzlichen Mindesturlaub aus einem Urlaubsjahr, in dem der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet hat, bevor er aus gesundheitlichen Gründen an der Inanspruchnahme seines Urlaubs gehindert war, erlischt in der Regel nur dann nach Ablauf eines Übertragungszeitraums von 15 Monaten, wenn der Arbeitgeber ihn rechtzeitig in die Lage versetzt hat, seinen Urlaub in Anspruch zu nehmen. Dazu bedarf es einer Information des Arbeitnehmers. Dies folgt aus einer richtlinienkonformen Auslegung des § 7 Abs. 1 und Abs. 3 BUrlG.

Frage 8: Wie berechnet sich das Entgelt des Arbeitnehmers während dessen urlaubsbedingter Abwesenheit?

Das regelt im Wesentlichen § 11 Abs. 1 BUrlG. Die Norm lautet:

„Das Urlaubsentgelt bemißt sich nach dem durchschnittlichen Arbeitsverdienst, das der Arbeitnehmer in den letzten dreizehn Wochen vor dem Beginn des Urlaubs erhalten hat, mit Ausnahme des zusätzlich für Überstunden gezahlten Arbeitsverdienstes. Bei Verdiensterhöhungen nicht nur vorübergehender Natur, die während des Berechnungszeitraums oder des Urlaubs eintreten, ist von dem erhöhten Verdienst auszugehen. Verdienstkürzungen, die im Berechnungszeitraum infolge von Kurzarbeit, Arbeitsausfällen oder unverschuldeter Arbeitsversäumnis eintreten, bleiben für die Berechnung des Urlaubsentgelts außer Betracht. Zum Arbeitsentgelt gehörende Sachbezüge, die während des Urlaubs nicht weitergewährt werden, sind für die Dauer des Urlaubs angemessen in bar abzugelten.“

Weiterhin heißt es in § 11 Abs. 2 BUrlG:

„Das Urlaubsentgelt ist vor Antritt des Urlaubs auszuzahlen.“

Frage 9: Was ist hinsichtlich des Anspruchs auf Urlaubsentgelt bei erfolgsabhängiger Vergütung zu beachten?

Variable Vergütungsbestandteile sind grundsätzlich bei der Bemessung des Urlaubsentgelts mit zu berücksichtigen. Erhält der Arbeitnehmer neben einem sog. Fixum eine erfolgsabhängige Vergütung ist auch letztere grundsätzlich bei der Berechnung nach § 11 Abs. 1 BUrlG mit einzubeziehen.

Frage 10: Was versteht man unter Urlaubsentgelt, was unter Urlaubsgeld?

Urlaubsentgelt ist das, was der Arbeitgeber während der urlaubsbedingten Abwesenheit des Arbeitnehmers an Arbeitsentgelt schuldet (siehe dazu oben Fragen 8 und 9). Das Urlaubsgeld ist das Geld, was der Arbeitgeber darüber hinaus zahlt. Einen gesetzlichen Anspruch auf Urlaubsgeld gibt es nicht. Ein solcher kann sich etwa aus Arbeitsvertrag oder einem etwaig einschlägigen Tarifvertrag ergeben.

Frage 11: Steht werdenden Müttern während des Beschäftigungsverbots ein Urlaubsanspruch zu?

Ja!

Frage 12: Wie steht es um Urlaubsansprüche während der Mutterschutzfristen?

Auch während dieser Zeit (vor und nach der Geburt) wird ein Urlaubsanspruch erworben.

Frage 13: Wie steht es um die Urlaubsansprüche von Auszubildenden?

Auszubildende fallen unter das Bundesurlaubsgesetz (§ 2 Satz 1 BUrlG). Es ergeben sich also keine Unterschiede zu „normalen“ Arbeitnehmern.

Frage 14: Steht auch dem Minijobber (= geringfügig Beschäftigter) ein Urlaubsanspruch zu?

Ja, und zwar ungekürzt in einem Umfang von wenigstens vier Wochen jährlich.

Frage 15: Wie steht es um Urlaubsansprüche von arbeitnehmerähnlichen Personen?

Auch diese haben einen Urlaubsanspruch nach den Bundesurlaubsgesetz (siehe § 2 Satz 2, 1. Halbsatz BUrlG).

Frage 16: Wo ist eine (mögliche) Abgeltung von Urlaubsansprüchen gesetzlich geregelt?

Die Urlaubsabgeltung orientiert sich im Wesentlichen an § 7 Abs. 4 BUrlG. Danach ist Urlaub, der wegen Beendigung des Arbeitsverhältnisses ganz oder teilweise nicht mehr gewährt werden kann, abzugelten. Die Höhe des Anspruch auf Urlaubsabgeltung entspricht prinzipiell dem Umfang des Anspruchs auf Urlaubsentgelt (siehe dazu § 11 BUrlG und nachfolgend Frage 19).

Frage 17: Kann Urlaub auch während eines „laufenden“ Arbeitsverhältnisses abgegolten werden?

Grundsätzlich nein!

Frage 18: Ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung vererblich?

Ja (§§ 1922 BGB, § 7 Abs. 4 BUrlG)!

Frage 19: Wie berechnet sich der Anspruch auf Urlaubsabgeltung?

Die Berechnung des Anspruchs auf Urlaubsabgeltung orientiert sich an § 11 BUrlG (Erfurter Kommentar/Gallner, BUrlG, § 7, Rn. 73: „folgt den Regeln des § 11“). Siehe auch oben Fragen 8 und 16.

Frage 20: Ist der Anspruch auf Urlaubsabgeltung pfändbar?

Grundsätzlich ja. Der Anspruch kann innerhalb der Grenzen des § 850c ZPO gepfändet und verpfändet werden.

Frage 21: Was ist mit Urlaub während der Elternzeit?

Hier werden Urlaubansprüche erworben! Allerdings steht dem Arbeitgeber ein Kürzungsrecht zu. Siehe dazu § 17 Abs. 1 BEEG:

„Der Arbeitgeber kann den Erholungsurlaub, der dem Arbeitnehmer oder der Arbeitnehmerin für das Urlaubsjahr zusteht, für jeden vollen Kalendermonat der Elternzeit um ein Zwölftel kürzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin während der Elternzeit bei seinem oder ihrem Arbeitgeber Teilzeitarbeit leistet.“

Ein entsprechendes Formular findet sich auf der Internetseite der ETL-Rechtsanwälte.

Letzter Abruf des Links am 11.06.2024, 11:06 Uhr.

Frage 22: Was gilt, wenn der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin den ihm bzw. ihr zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten hat?

Die Antwort dafür liefert § 17 Abs. 2 BEEG:

„Hat der Arbeitnehmer oder die Arbeitnehmerin den ihm oder ihr zustehenden Urlaub vor dem Beginn der Elternzeit nicht oder nicht vollständig erhalten, hat der Arbeitgeber den Resturlaub nach der Elternzeit im laufenden oder im nächsten Urlaubsjahr zu gewähren.“

Frage 23: Was gilt hinsichtlich des Umfangs des dem Arbeitnehmer zustehenden Jahreserholungsurlaubs, wenn die Arbeitszeit des Arbeitnehmers über das Jahr ungleich verteilt ist?

Das ist letztlich eine Frage der Mathematik.

Beispiel für einen einfachen Fall: Arbeitnehmer A soll vier Wochen Jahresurlaub zustehen. Er arbeitet immer nur an Samstagen.

In diesem Fall stehen A vier freie und bezahlte Urlaubstage jährlich zu. Mit diesen vier bezahlten Urlaubstagen erfüllt der Arbeitgeber den gesetzlichen Mindesturlaub von vier Wochen/Jahr.

Im Übrigen wird der (zeitanteilige) Urlaub eines Teilzeitbeschäftigten nach einer einfachen Formel berechnet:

Formel: Urlaubstage pro Jahr, geteilt durch Wochenarbeitstage multipliziert mit den tatsächlichen Arbeitstagen in der Woche = Urlaubsanspruch

Dazu noch ein einfaches Beispiel: Arbeitnehmern in Vollzeit stehen im Betrieb des B insgesamt 25 Tage Urlaub/Jahr zu. Im Betrieb des B wird an 5 Tagen/Woche gearbeitet. A arbeitet an 3 Tagen je Woche.

Formel (s.o.): 25 (Urlaubtage/Jahr) : 5 (Tage/Woche) x 3 (Tage, an denen A in der Woche arbeitet) = 15.

Nicht ganz so einfaches Beispiel: A arbeitet für B an 200 Tagen/Jahr, eine Vollzeitkraft bei B arbeitet üblicherweise 260 Tage/Jahr (52 Wochen x 5 Tage = 260 Tage/Jahr). Urlaub wird in der Vollzeitkraft (5-Tage-Woche) einem Umfang von 25 Tagen/Jahr gewährt. Wie viele Tage Urlaub hat A zu beanspruchen?

Formel: 200 : 260 x 25 = 19,23 Tage/Jahr!

Kontrollfrage: Was gilt, wenn A nur 100 Tage/Jahr arbeitet?

Formel: 100 : 260 x 25 = 9,61 Tage/Jahr!

Achtung: In den beiden letztgenannten Fällen findet keine Rundung statt!!!

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Autor(en)

Dr. Uwe P. Schlegel
Rechtsanwalt

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