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Vorschaden
Vorschäden an einem Kfz kann der Geschädigte vom Schädiger grundsätzlich nicht ersetzt verlangen.
Siehe auch die nachfolgend zitierte Rechtsprechung:
OLG Hamm, Urt. v. 28.06.2022 – 7 U 45/21, NJW 2023, 615:
„Anders als im erstinstanzlichen Urteil ausgeführt steht der Ersatzfähigkeit dieser Reparaturkosten, die durch die Instandsetzung der unfallbedingt linksseitig entstandenen Beschädigung des Heckstoßfängers entstanden sind, nicht entgegen, dass sich in dessen mittlerem Bereich bereits vor dem Unfall Kratzspuren befanden, die durch die Reparatur ebenfalls beseitigt wurden. Wie der Sachverständige im Senatstermin ausgeführt hat, handelte es sich insoweit um normale und im Übrigen bloße optische Gebrauchsspuren ohne jede Auswirkung auf die Funktionalität des Stoßfängers. Die Annahme eines deckungsgleichen und infolgedessen eine Ersatzfähigkeit ausschließenden Vorschadens an dem Heckstoßfänger scheidet damit aus. Soweit die Kratzspuren im Rahmen der Reparatur des linksseitigen Unfallschadens zwangsläufig durch die Neulackierung ebenfalls beseitigt wurden, stellt sich allenfalls die Frage eines Vorteilsausgleichs im Sinne eines Abzugs ´neu für alt´.“
Die Vornahme eines solchen Abzugs ´neu für alt´ setzt allerdings u.a. voraus, dass bei dem Geschädigten eine messbare Vermögensvermehrung eintritt, die sich für ihn wirtschaftlich günstig auswirkt, wobei die Darlegungs- und Beweislast den Schädiger – mithin vorliegend den Beklagten – trifft (vgl. OLG Hamm Urt. v. 8.2.2018 – 21 U 95/15, NJW 2018, 2648 Rn. 83).“
OLG Bremen, Urt. v. 30.06.2021 – 1 U 90/19, NJW-Spezial 2021, 491 [zur Darlegungs- und Beweislast bei Vorhandensein von Vorschäden]
OLG Saarbrücken, Urt. v. 18.07.2019 – 4 U 102/17:
„Weist das Fahrzeug des Unfallgeschädigten Vorschäden auf, als deren Ursache Steinschlag bzw. Ladungsverlust Dritter in Betracht kommt, so führt dies im Rahmen des § 287 ZPO nicht zu einer weiteren Herabsetzung der Darlegungs- und Beweislast des Geschädigten, erst recht ist dieser nicht von jeder Darlegung zu den Vorschäden befreit. Unterlässt der Unfallgeschädigte in einem solchen Fall ihm zumutbare nähere Angaben oder bestreitet er sogar (weiterhin) das Vorliegen von Vorschäden, kann das Gericht ihm auch für technisch kompatible Schäden keinen Ersatz zuerkennen.“
Siehe dazu auch OLG Köln, Beschl. v. 04.06.2018 – 15 U 7/18, NJW-Spezial 2018, 682:
„Im Falle von Vorschäden des Fahrzeugs kann der Geschädigte mit dem späteren Schadensereignis kompatible Schäden nur dann ersetzt verlangen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gemäß § 287 ZPO auszuschließen ist, dass diese bereits im Rahmen des Vorschadens entstanden sind. Dazu muss er den Umfang des Vorschadens und gegebenenfalls dessen Reparatur belegen, da sich der Ersatzanspruch lediglich auf den Ersatz derjenigen Kosten erstreckt, die zur Wiederherstellung des vorbestehenden Zustandes erforderlich sind (…). Der Geschädigte ist für die Richtigkeit seiner Behauptung darlegungs- und beweisbelastet, dass die Vorbeeinträchtigungen seines Fahrzeuges sach- und fachgerecht behoben wurden. Er muss im Falle einer Schadensüberlagerung zur Begründung seines Ersatzbegehrens nicht nur den Umfang der Vorschäden im Einzelnen darlegen, sondern auch spezifiziert vortragen, welche Reparaturmaßnahmen in der Vergangenheit zur vollständigen und ordnungsgemäßen Beseitigung der Vorbeeinträchtigungen durchgeführt worden sind. Weiterhin muss er darlegen, dass eventuelle Reparaturmaßnahmen jeweils in Übereinstimmung mit den gutachterlichen Instandsetzungsvorgaben standen (…).“
Siehe auch den Beitrag von Schulz in NJW 2023, 565 ff. [„Vorschäden in der Unfallregulierung“] sowie den Aufsatz von Heßeler in NJW 2024, 485 ff. [„Der Vorschaden in der Unfallregulierung“].
(Letzte Aktualisierung: 08.04.2024)
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Katrin Kaiser
Rechtsanwältin
Fachanwältin für Familienrecht, Fachanwältin für Verkehrsrecht
Mail: halle@etl-rechtsanwaelte.de