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Sicherheitsabstand
Siehe dazu § 4 StVO. Die Vorschrift lautet:
„(1) Der Abstand von einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter ihm gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Der Vorausfahrende darf nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen.
(2) Kraftfahrzeuge, für die eine besondere Geschwindigkeitsbeschränkung gilt, sowie Züge, die länger als 7 m sind, müssen außerhalb geschlossener Ortschaften ständig so großen Abstand von dem vorausfahrenden Kraftfahrzeug halten, dass ein überholendes Kraftfahrzeug einscheren kann. Das gilt nicht,
- wenn sie zum Überholen ausscheren und dies angekündigt haben,
- wenn in der Fahrtrichtung mehr als ein Fahrstreifen vorhanden ist oder
- auf Strecken, auf denen das Überholen verboten ist.
(3) Lastkraftwagen mit einem zulässigen Gesamtgewicht über 3,5 t und Kraftomnibusse müssen auf Autobahnen, wenn ihre Geschwindigkeit mehr als 50 km/h beträgt, von vorausfahrenden Fahrzeugen einen Mindestabstand von 50 m einhalten.“
OLG Frankfurt am Main, Urt. v. 09.03.2021 – 23 U 120/2 [Presseerklärung des Gerichts v. 25.03.2021]:
„Löst sich auf der Autobahn unverschuldet während freier Fahrt der Notfallbremsassistent eines vorausfahrenden Fahrzeugs und fährt der nachfolgende LKW ohne Einhaltung des nach § 4 Abs. 3 StVO gebotenen Sicherheitsabstands von mindestens 50 m auf das abrupt abgebremste Fahrzeug auf, überwiegt der Haftungsanteil des nachfolgenden LKW. Die unbegründete und erhebliche Unterschreitung des Sicherheitsabstands ist auf ein schuldhaftes Verhalten zurück-zuführen, während das vorausfahrende Fahrzeug aufgrund eines technischen Versagens abgebremst wurde. Dies rechtfertige eine Haftungsverteilung von 2/3 zulasten des LKW-Fahrers entschied das Oberlandesgericht Frankfurt am Main (OLG) mit heute veröffentlichten Urteil.
Die Klägerin nimmt die Beklagten auf Schadensersatz nach einem Verkehrsunfall auf der A5 Richtung Kassel/Hannover zwischen der Anschlussstelle Frankfurt am Main, Westhafen und dem Westkreuz Frankfurt in Anspruch. Die Klägerin fuhr vor dem Beklagtenfahrzeug, einem Lkw mit einer zulässigen Gesamtmasse von über 3,5 Tonnen. Während ihrer Fahrt löste sich der Notfallbremsassistent. Der Beklagte konnte nicht mehr rechtzeitig bremsen und kollidierte mit dem klägerischen Fahrzeug.
Das Landgericht hatte der Klägerin 1/3 des geltend gemachten Schadens zugesprochen. Ihre hiergegen gerichtete Berufung hatte zum Teil Erfolg. Das OLG sprach der Klägerin nunmehr 2/3 ihres Schadens zu.
Bei dem erforderlichen Haftungsausgleich zwischen den Beteiligten sei, so das OLG, zu berücksichtigen, dass der Unfall durch das Beklagtenfahrzeug mitverursacht worden sei. Dieses habe aufgrund des zu geringen Sicherheitsabstands zum vorausfahrenden klägerischen Fahrzeug nicht mehr rechtzeitig abbremsen können. Angesichts der Größe des Lkw mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t hätte gem. § 4 Abs. 3 StVO auf Autobahnen zu vorausfahrenden Fahrzeugen ein Mindestabstand von 50 m eingehalten werden müssen, wenn die Geschwindigkeit mehr als 50 km/h betrage. Sachverständig geklärt sei, dass dieser Sicherheitsabstand hier trotz der gefahrenen Geschwindigkeit nicht eingehalten worden sei.
Die Klägerin müsse sich als Verursachungsbeitrag vorwerfen lassen, dass sie ihr Fahrzeug ohne ersichtlichen Grund auf freier Strecke abrupt abgebremst habe.
Die gebotene Abwägung dieser beiderseitigen Verursachungsbeiträge führe zu einer Haftungsverteilung von 2/3 zu Lasten der Beklagten und 1/3 zu Lasten der Klägerin. Hinsichtlich des LKW-Fahrers sei von einem Verschulden auszugehen, da der erforderliche Sicherheitsabstand ohne zwingende Gründe um etwa 30 % unterschritten worden sei. Das abrupte Abbremsen der Klägerin sei dagegen unstreitig auf das Versagen der technischen Einrichtung ihres Kraftfahrzeugs zurückzuführen, so dass sie kein Verschulden treffe.
OLG Hamm, Beschl. v. 31.08.2018 – 7 U 70/17:
„Der Anscheinsbeweis gegen den Auffahrenden kann allenfalls erschüttert sein, wenn eine grundlose Vollbremsung mit der nötigen Gewissheit im Sinne des § 286 ZPO bewiesen ist.
Ein Sicherheitsabstand von 2 m auf das vorausfahrende Fahrzeug ist, gerade im außerörtlichen Verkehr, immer unzureichend und macht eine rechtzeitige Reaktion auf Fahrmanöver des Vorausfahrenden unmöglich.
Unterschreitet der Auffahrende den gebotenen Sicherheitsabstand in besonders gravierender Weise (hier: 2 m Abstand statt gebotener 10 m), tritt die Betriebsgefahr des vorausfahrenden Fahrzeugs vollständig zurück, selbst wenn ein geringer Verstoß des Vorausfahrenden gegen § 4 Abs. 1 S. 2 StVO vorliegen sollte.“
Zur Verteidigung bei Abstandsverstößen siehe auch den Beitrag von Krumm in NJW 2016, 3642 ff.
(Letzte Aktualisierung: 29.04.2021)
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