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Falscher Schlüssel
(§ 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB / § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB)
Siehe hierzu BGH, Beschl. v. 18.11.2020 – 4 StR 35/20, NJW 2021, 1107:
„aa) Nach § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB wird bestraft, wer einen Diebstahl begeht, bei dem er zur Ausführung der Tat in eine Wohnung mit einem falschen Schlüssel eindringt. Falsch ist ein Schlüssel im Sinne von § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB – nicht anders als im Fall des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB -, wenn er zum Zeitpunkt der Tat vom Berechtigten nicht oder nicht mehr zur Öffnung bestimmt ist. Diese Voraussetzung ist nach der ständigen Rechtsprechung mit Blick auf die strafrechtlichen Folgen eines Wohnungseinbruch- bzw. eines Nachschlüsseldiebstahls nicht bereits dann erfüllt, wenn der Täter sich eines zur ordnungsgemäßen Öffnung bestimmten Schlüssels lediglich unbefugt bedient und diesen zur Begehung eines (Wohnungseinbruch-) Diebstahls missbraucht (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1967 – 4 StR 467/66 , BGHSt 21, 189 ; Beschluss vom 11. Juli 1986 – 2 StR 352/86 ; Urteil vom 25. September 1997 – 1 StR 481/97 ). Falsch im Sinne der genannten Vorschriften ist ein Schlüssel vielmehr nur dann, wenn ihm die Widmung des Berechtigten fehlt, dass er zur Öffnung des Schlosses dienen soll. Maßgeblich ist deshalb für die Frage, ob ein Schlüssel im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB falsch ist, allein der Wille des zur Verfügung über die Wohnung Berechtigten, ob er den Schlüssel nicht, noch nicht oder nicht mehr zur Öffnung des Wohnungsschlosses bestimmt sehen möchte (vgl. BGH, Urteil vom 10. Mai 1960 – 5 StR 129/60 , BGHSt 14, 291 ; MüKoStGB/Schmitz, 3. Aufl., 2017, StGB § 243 Rn. 28).
Diesen Willen kann der Berechtigte ausdrücklich kundtun. Der entsprechende Wille kann aber auch durch ein erkennbar auf eine Entwidmung gerichtetes Verhalten konkludent zum Ausdruck gebracht werden (so schon RGSt 4, 414; BGH, Urteil vom 24. Februar 1959 – 5 StR 668/58 , BGHSt 13, 15 ). So hat der Bundesgerichtshof etwa eine Entwidmung eines ohne Wissen des Vermieters beim Mieter verbliebenen Schlüssels darin gesehen, dass der Vermieter den Mieter aus dem beendeten Mietverhältnis entlässt, die Räume wieder an sich bringt und damit konkludent kundtut, dass nur die in seinem Besitz befindlichen Schlüssel fortan zur Öffnung der Räumlichkeiten bestimmt sein sollen (vgl. BGH, Urteil vom 24. Februar 1959 – 5 StR 668/58 ; siehe auch RGSt 11, 436 für die Überlassung einer Mietsache an den Mieter). In ähnlicher Weise wurde ein Entwidmungsakt in einem Fall der Beendigung eines Arbeitsverhältnisses bejaht, in welchem die frühere Haushaltshilfe ohne Wissen des Berechtigten einen Hausschlüssel für sich zurückbehielt, der später zu einem Diebstahl verwendet wurde (vgl. BGH, Urteil vom 7. Juli 1965 – 2 StR 64/65 , BGHSt 20, 235 ).
Von dem Erfordernis eines ausdrücklich erklärten oder durch äußere Umstände erkennbar gewordenen konkludenten Entwidmungswillen ist der Bundesgerichtshof für den Fall eines gestohlenen oder sonst abhanden gekommenen Schlüssels zwar abgerückt und hat es insoweit als ausreichend gesehen, dass der Berechtigte den Diebstahl bzw. das Abhandenkommen des Schlüssels bemerkt hat (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1967 – 4 StR 467/66 , BGHSt 21, 189 ; Urteil vom 7. Juni 1983 – 5 StR 290/83; Beschluss vom 20. April 2005 – 1 StR 123/05 ). An dem Grundsatz einer vom Willen des Berechtigten getragenen Entwidmung hat der Bundesgerichtshof gleichwohl auch in diesen Fällen festgehalten und darauf verwiesen, dass ein gestohlener oder auf andere Weise abhanden gekommener Schlüssel die Bestimmung zur rechtmäßigen Öffnung nicht von selbst verliert (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1967 – 4 StR 467/66 , BGHSt 21, 189 ; Beschluss vom 20. April 2005 – 1 StR 123/05 ). Jedoch sei mit dem Bemerken des Diebstahls davon auszugehen, dass der Berechtigte mit der Verwendung des Schlüssels seiner ursprünglichen Bestimmung gemäß nicht mehr einverstanden ist (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1967 – 4 StR 467/66 , BGHSt 21, 189 ).
bb) Die Frage, ob allein das Vergessen der Existenz eines Schlüssels zur Entwidmung führt, ist – soweit ersichtlich – vom Bundesgerichtshof noch nicht entschieden worden. Ausgehend von der dargestellten Rechtsprechung vermag ein bloßes Vergessen die Annahme der Entwidmung eines Schlüssels indes nicht zu begründen. Eine Erweiterung des Anwendungsbereichs des Wohnungseinbruchdiebstahls bzw. des Nachschlüsseldiebstahls auf Fälle des bloßen Vergessens hätte zur Folge, dass die Qualifikation des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB bzw. die verschärfte Strafdrohung des § 243 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 StGB entgegen der gefestigten Rechtsprechung gänzlich unabhängig vom Willen des Berechtigten zur Anwendung kommen würden. Denn dem Vergessen ist immanent, dass eine Willensbildung des Berechtigten in Bezug auf die Gebrauchsbestimmung eines Schlüssels gerade nicht stattfindet. Ihm kann daher kein Erklärungswert dahin beigemessen werden, der Berechtigte gehe von einem endgültigen Verlust eines Schlüssels aus (a. A. – Entwidmung durch endgültiges Vergessen – MüKoStGB/Schmitz, 3. Aufl., 2017, StGB § 243 Rn. 28; SSW-StGB/Kudlich, 4. Aufl., § 243 Rn. 14 ohne weitere Begründung).
Ein vergessener Schlüssel kann daher erst dann die rechtlichen Anforderungen an einen falschen Schlüssel im Sinne des § 244 Abs. 1 Nr. 3 StGB erfüllen, wenn er wieder in das Bewusstsein des Berechtigten rückt und von diesem sodann ausdrücklich oder durch konkludentes Verhalten oder – vergleichbar mit einem abhanden gekommenen Schlüssel – zumindest subjektiv als endgültig verloren betrachtet und so seiner Bestimmung zur ordnungsgemäßen Öffnung der Haus- bzw. Wohnungstür entzogen wird.“
(Letzte Aktualisierung: 04.05.2021)
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