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Strafrecht/Strafprozessrecht

Faktischer Geschäftsführer (§ 266a StGB)

In sogenannten „Strohmann-Fällen“ stellt sich häufig die Frage, ob der faktische Geschäftsführer oder der formelle Geschäftsführer Arbeitgeber ist und deshalb Täter im Sinne des § 266a StGB sein kann.

Der formelle Geschäftsführer ist derjenige, der im Handelsregister eingetragen ist, also nur formell die Funktion des Geschäftsführers innehat während die Geschäfte von einer anderen Person geführt werden (faktischer Geschäftsführer).

Das Oberlandesgericht Hamm (OLG Hamm, Beschluss vom 10.2.2000 – 1 Ss 1337/99 -, zitiert nach juris) geht davon aus, dass „allein der bloße Formalakt der Bestellung und Eintragung eines Geschäftsführers in das Handelsregister zwar einen Rechtsschein erzeugt, dieser allein jedoch noch nicht zu einer tatsächlich ausübbaren Herrschaftsfunktion führt“ (OLG Hamm, a.a.O, Rn. 15). Demnach sei, wenn es an den tatsächlichen Einflussnahmemöglichkeiten fehlt, eine Strafbarkeit des formellen Geschäftsführers nach § 266a StGB zu verneinen. Dieser Ansicht sind der Bundesgerichtshof und in der Folge auch einige Oberlandesgerichte entgegen getreten (OLG Braunschweig, Beschluss vom 27.5.2015 – 1 Ss 14/15 -, zitiert nach juris; BGH, Beschluss vom 28.5.2002 – 5 StR 16/02 -, zitiert nach juris). Nach dieser Ansicht verschafft allein „die Stellung  des Geschäftsführers diesem die nach außen unbeschränkte (§ 37 Abs. 2 GmbHG) Rechtsmacht, die öffentlich-rechtliche Pflicht zu erfüllen“ (BGH, Beschluss vom 28.5.2002, a.a.O.).

Demnach besteht eine strafrechtliche Haftung des formellen Geschäftsführers auch bei – insoweit zulässiger – Delegation der Erklärungs- und Abführungspflichten auf einen faktischen Geschäftsführer. Begründet wird dies mit einer fortbestehenden Überwachungspflicht wobei die Anforderungen an die Pflicht zum Eingreifen des Geschäftsführers in der Unternehmenskrise besonders streng sind (BGH, Beschluss vom 28.5.2002 – 5 StR 16/02 -, zitiert nach juris, Rn. 25 ff.).

(Letzte Aktualisierung: 29.06.2016)